Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Daimler setzt auf Elektrobusse
Daimler will ersten vollelektrischen Stadtbus testen - Serienanlauf Ende 2018 geplant
STUTTGART (mö) - Der Autobauer Daimler verstärkt sein Engagement in Sachen Elektromobilität bei den Bussen. In einigen Monaten möchte der Konzern die erste vollelektrische Version des Stadtbusses Citaro testen, Ende des Jahres soll er in Serie gehen. Hartmut Schick, Chef der Bussparte, sagte am Montag, nun beginne „ganz konkret das Zeitalter der Elektromobilität“. 2017 war der Umsatz der Bussparte um 4 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro gestiegen – nur mit Verbrennern.
STUTTGART - In ein paar Monaten sollen im Rhein-Neckar-Raum die ersten vollelektrisch betriebenen Mercedes-Stadtbusse Fahrgäste befördern. Zum Jahresende soll der EBus Electric Citaro dann in Serie gehen. Im Jahr 2030 werden etwa drei Viertel aller Stadtbusse in Europa über einen alternativen Antrieb verfügen, sind sich die Bus-Experten bei Daimler sicher, die gestern den E-Citaro präsentierten.
Der Fahrer des Vorführ-Elektrobusses darf an diesem sonnigen Montag auf der werkseigenen Teststrecke in Stuttgart zeigen, was in seinem Fahrzeug steckt. Zum Beispiel genug Energie, um nach einem Haltestellen-Stopp zügig zu beschleunigen. Vorbei sind die Zeiten, in denen ein anfahrender Bus sich erst langsam in den Verkehr einfädeln musste und nachfolgende Autos ausbremste. Weiter kann der Bus – wie aus Elektroautos bekannt – beim Bremsen frei werdende Energie wieder in die Batterie einspeisen. Große Monitore im Fahrgastraum zeigen, wie sparsam der Bus unterwegs ist. „Und es wird noch besser, wenn wir die ersten Fahrer in einem Energiesparkurs ausbilden“, erklärt Andreas Türk, der den Bus sichtlich stolz präsentiert. Für den Fahrgast wichtiger: Das vertraute Brummen des Diesels bleibt beim Elektrobus aus. Der Gestank und die Abgase fehlen ebenso wie das Rütteln und Schütteln.
Daimler setzt mit der vollelektrischen Version des Stadtbusses Citaro ein Versprechen um, das Hartmut Schick, der scheidende Chef der Bussparte, vor zwei Jahren gegeben hatte: 2018 werde Daimler einen rein elektrisch betriebenen Bus vorstellen, der bei den Kosten mit einem Diesel vergleichbar sein soll.
Derzeit fahren Prototypen – sie hätten erste Tests bei eisigen Temperaturen am Polarkreis und in der Hitze der spanischen Sierra Nevada erfolgreich bestanden. Nun wollen die Bus-Experten im Konzern mit dem Stern in ein paar Monaten die erste vollelektrische Version des Citaro im Kundeneinsatz testen. Kooperationspartner dafür sind die Verkehrsbetriebe Rhein-Neckar. Zum Jahresende soll der elektrische Citaro dann in Serie gehen – im EvoBus-Werk Mannheim, wo er auch entwickelt wurde.
Konkurrenz kommt aus Europa
Bei Daimler, der Marktanteil bei den Stadtbussen liegt im Bereich der EU bei 25 Prozent, rechnet man damit, dass bis zum Jahr 2030 etwa drei Viertel aller Stadtbusse in Europa über einen alternativen Antrieb verfügen. „Vielleicht geht es sogar noch schneller, denn die Menschen in den Städten wollen mehr Lebensqualität, weniger Gestank, weniger Lärm“, sagt Florian Martens, Kommunikationschef für Lkw und Busse beim Stuttgarter Autobauer. Politisch werde die Entwicklung von der verschärften CO2-Gesetzgebung, von Vorgaben zur Luftreinhaltung in den Städten und der Wunsch nach Lärmvermeidung in Ballungsgebieten getrieben. Bisher laufen Elektrobusse aus Finnland in Berlin, auch sind einige osteuropäische Anbieter in diesem Markt aktiv. MAN plant mit 2019. E-Stadtbusse will das Unternehmen 2019 in Serie bauen, E-Lastwagen für den städtischen Verteilerverkehr in vier Jahren.
Daher ist die Elektrotechnologie in Bussen noch eine Randerscheinung: Nur gut 20 Projekte mit Elektrobussen zählte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Deutschland im Jahr 2017.
Kritik, Daimler komme mit seinem Projekt zu spät, kontert Daimlers Bus-Chef Hartmut Schick: Der Elektrobus müsse bei der Alltagstauglichkeit mit einem Diesel mithalten können. „Unsere Prioritäten hatten wir ganz klar so gesetzt: Wir bringen unseren Elektrobus so zügig wie möglich auf die Straße. Aber wir tun dies nicht überstürzt. Er soll ausgereift sein und leistungsfähig.“
Hinzu kommt, dass der Einsatz komplexer ist als beim Stadtbus mit Verbrennungsmotor, wie Gustav Tuschen, Entwicklungsleiter der BusSparte, erklärt. „Es ist unmöglich, den Verbrennungsmotor von heute auf morgen durch einen vollelektrischen Antrieb zu ersetzen.“Dagegen sprächen derzeit noch die Kosten und die eingeschränkte Reichweite von E-Bussen, die aufwendige Stromversorgung, aber auch die notwendige Werkstattausrüstung.
Und über die Nutzungsdauer von zehn Jahren sollen die Strombusse auch beim Preis konkurrieren können. Der Einstiegspreis für E-Busse werde zwar nach wie vor höher sein, räumt Schick ein. Ausgaben für Instandhaltung und Betrieb seien aber niedriger. Mit der reinen Anschaffung sei es nicht getan. Daimler wolle deshalb auch Beratung rund um Bus und Ladeinfrastruktur anbieten.