Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kriegsspuren, warme Herzen und Vogelspinne in Chili-Öl
„Allein mit dem Fahrrad ans andere Ende der Welt“: Annemarie Klein über Vietnam und Kambodscha – Heute zu Gast in Bad Saulgau
BAD SAULGAU - Der Vietnamkrieg liegt zwar schon mehr als 40 Jahre zurück, doch Spuren dieser blutigen Ereignisse sind in dem südostasiatischen Land bis heute zu finden. Die radelnde Weltreisende Annemarie Klein hat bei ihrer 3000 Kilometer langen Tour durch Vietnam aber auch andere Seiten des Landes kennengelernt. Ihre Eindrücke aus Vietnam, aber auch aus dem bitterarmen Kambodscha präsentiert die Altheimerin beim siebten Tourteil ihrer Vortragsreihe „Allein mit dem Fahrrad ans andere Ende der Welt“. Erste Etappe ist am heutigen Dienstag um 19.30 Uhr in der Fachklinik Höchsten in Bad Saulgau.
22 Länder und drei Kontinente hat Annemarie Klein in sieben Jahren mit ihrem Fahrrad durchquert. Und wie ihre 44 561 Kilometer lange Weltreise bewältigt die Altheimerin, die mittlerweile in Blönried wohnt, auch ihren Vortrag in Etappen.
Nach dem touristisch gut erschlossenen Thailand stehen nun zwei Länder im Mittelpunkt, die Jahre der Kriegswirren und Terrorherrschaft hinter sich haben: Vietnam und Kambodscha. Bis heute haben diese Schreckensjahre Spuren hinterlassen, sind Felder in Kambodscha minenverseucht und vermitteln unterirdische Gangsysteme der Vietcong ein beklemmendes Erlebnis. In beiden Ländern herrscht zudem bis heute große Armut. „Aber je ärmer die Leute sind, umso wärmere Herzen haben sie“, hat Annemarie Klein auf ihrer Weltreise immer wieder erlebt. Auch bei ihrer sechsmonatigen Tour durch Vietnam und ihrer vierwöchigen Kambodscha-Reise erfuhr die Radlerin eine große Gastfreundschaft. Besonders eindrucksvoll: die Bergvölker im Norden Vietnams mit ihren schönen Trachten, die noch sehr traditionell in strohbedeckten Holzhäusern leben. „Da fühlt man sich um Jahrhunderte zurückversetzt.“Zusammen mit dem MekongDelta habe sie den Norden auch landschaftlich als das Highlight der Vietnam-Etappe erlebt. Ein ganz anderes Lebensgefühl vermitteln die großen Städte Hanoi und Ho Chi Minh-Stadt (früher Saigon). Hier herrschten Hektik und Lärm und ein Verkehr, der einen an den Rand des Wahnsinns bringe. Während in den großen Städten Mopeds auf der Straße den Ton angeben, ist das ländliche Vietnam ein Fahrradland. Anders als auf anderen Tourabschnitten musste sich Klein als radelnde Frau einmal nicht ganz so sehr als Exotin fühlen.
Wobei: Fremdartige, exotische Erlebnisse kamen auch in diesem Teil der Reise nicht zu kurz – etwa auf dem Insektenmarkt in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh, wo Klein sich überwand, eine frittierte, in Chili-Öl-Marinade eingelegte Vogelspinne zu kosten. Wie es geschmeckt hat? „Naja, ich habe überlebt“, gesteht die gelernte Krankenschwester lachend. Erstmals habe sie auf diesem Abschnitt ihrer sieben Jahre währenden Tour eine gewisse Reisemüdigkeit gespürt, gesteht Klein: „Ich habe einfach gemerkt, ich brauche meine Kultur wieder.“