Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ausstellung macht 1968 wieder lebendig
Das Museumsdorf Kürnbach feiert 50-jähriges Bestehen – Das wird das ganze Jahr gefeiert
KÜRNBACH (sz/böl) - 2018 ist für das Oberschwäbische Museumsdorf Kürnbach eine besondere Saison: Das Freilichtmuseum des Landkreises Biberach wird 50 Jahre alt – und ist damit das älteste in Württemberg.
Seit der Eröffnung im Jahr 1968 hat sich einiges getan: Mehr als 30 historische Gebäude aus sechs Jahrhunderten wurden im Oberland abgetragen und in Kürnbach wieder aufgebaut. In dieser Zeit hat sich auch der Fokus des Museums verschoben. Standen anfangs nur die Häuser und ihre Bauweise im Mittelpunkt, weitete sich in den folgenden Jahrzehnten der museale Blick auf die Alltags- und Kulturgeschichte. Heute präsentiert das Oberschwäbische Museumsdorf Kürnbach seinen Besuchern verschiedene Facetten des dörflichen Alltags. Hinter den Kulissen kümmert sich das Museumsteam um die kulturwissenschaftliche Sammlung, forscht zur oberschwäbischen Alltagskultur und plant die vielen Veranstaltungen, Führungen und museumspädagogischen Programme.
Feier am 23. Juni
2017 war für das Oberschwäbische Museumsdorf mit mehr als 69 000 Besuchern eine Rekordsaison. „Der große Erfolg von 2017 ist für uns ein besonderer Ansporn für die Jubiläumssaison“, betont Landrat Heiko Schmid. „Außerdem möchten wir das Jubiläum auch mit allen Bürgern feiern. Deshalb laden wir am 23. Juni zum großen Jubiläums-Familientag ein.“Bei freiem Eintritt wird an diesem Tag im Museum das Jahr 1968 wieder lebendig, mit Musik und Mode, aber auch mit dem Zeitgeist der späten 1960er-Jahre. Als kleiner Gag werden menschengroße Pappfiguren der Stars verschiedener Jahrzehnte aufgestellt. „Wir wollen, dass die Leute sich erinnern, wie es war, in den 68ern jung gewesen zu sein und ins Erzählen kommen“, sagt Museumsleiter Jürgen Kniep. An diesem Tag wird auch das historische Windrad vom Steeger See öffentlich eingeweiht. Außerdem gibt es bei allen traditionellen Veranstaltungen für die Besucher ein Jubiläums-Extra: Beim Handwerkertag (15. April) schärfen Scherenschleifer kostenlos Messer der Besucher, beim Schleppertreffen (13. Mai) fährt im berühmten Eicherrad von 1951 ein Traktor Looping. Beim Dampffest (9./10. Juni) ist erstmals der Hohenheimer Dampfpflug aus dem Jahr 1900 in Aktion zu sehen. Beim Kräutergartentag (8. Juli) gibt es mit dem „Kapuzinerle“einen Gruß aus dem Bauerngarten. Am Herbstmarkt (7. Oktober) wird die neue Apfel-App präsentiert. „Wir haben auf unserer Streuobstwiese 180 Sorten an Äpfeln und Birnen – mit der App kann der Besucher künftig direkt alles Wissenswerte über die jeweilige Sorte erfahren“, so Kniep.
Neue Ausstellung ab 5. Mai
Am 5. Mai wird die Ausstellung „Leben am Rand. Anderssein im Dorfalltag“ eröffnet. „Wir haben akribisch die Geschichte des Hauses und seiner ehemaligen Bewohner erforscht und haben erschütternde Geschichten gefunden“, erklärt Kniep. Die Ausstellung dokumentiert die Geschichte der Familie, die von 1927 bis 1957 in diesem Haus lebte – die Tochter suchte über die Prostitution einen Weg aus der Armut und wurde später von den Nationalsozialisten zwangssterilisiert, der geistig behinderte Sohn wurde nach dem Tod der Mutter in eine Anstalt gesteckt. „Anhand von Briefen und anderen Dokumenten wissen wir, wie ausgeliefert sich diese Familie fühlte. Und wir erfahren, wie sich der gesellschaftliche Umgang mit Menschen, die irgendwie anders waren, in genau diesen Jahrzehnten ändert“, erläutert Kniep.
In der Jubiläumssaison werden zudem drei neue Veröffentlichungen erhältlich sein: Zum Jubiläums-Familientag erscheint ein Bildband mit historischen und aktuellen Aufnahmen aus dem Museumsdorf sowie Interviews mit Wegbegleitern aus 50 Jahren. Zum Kräutergartentag wird ein Buch zu Bauerngärten und historischen Gemüsesorten in Oberschwaben auf den Markt kommen. Ein Buch zur historischen Nutzung der Windenergie schließlich erschließt die Bedeutung des historischen Windrades, das sich ab 2018 in Kürnbach drehen wird.