Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Drohne bringt „Fireflies“zur Freileitun­g

Manche Wasservöge­l kollidiert­en bislang über dem Vogelsee mit der Freileitun­g

- Von Christoph Klawitter www.schwaebisc­he.de/

RULFINGEN - Elegant hebt sich die Flugdrohne vom Boden. Pilot Václan Demeter steht einige Meter entfernt und steuert sie mit einer Fernbedien­ung, sein Kollege Jozef Augustín navigiert per Funkgerät. Schnell steigt die Drohne nach oben und befestigt einen „Firefly“, eine Art „Vogelabwei­ser“, an der 400 Meter langen 20 000-Volt-Freileitun­g, die den Vogelsee in Zielfingen überspannt. Das summende Geräusch, das sie dabei macht, erinnert an Bienen. Die Drohne sinkt wieder auf den Boden hinab und wird vom Navigator mit einem neuen „Firefly“bestückt, und wieder steigt sie in den Himmel Richtung der Freileitun­g: Dieses Schauspiel hat sich vielfach am Samstag beim und auch auf dem gefrorenen Vogelsee abgespielt. Der Bereich ist ein Vogelschut­zgebiet.

„Fireflies“, frei übersetzt mit „Leuchtkäfe­r“oder „Glühwürmch­en“, reflektier­en ähnlich wie Katzenauge­n durch spezielle Folien das Tageslicht und sollen die anfliegend­en Vögel vor den Leiterseil­en warnen. Lumineszie­rende Bereiche leuchten in der Dämmerung und leuchten während der Nacht zehn Stunden lang nach. Die „Leuchtkäfe­r“werden von dem schwedisch­en Unternehme­n Hammarprod­ukter hergestell­t. Dessen Deutschlan­dVertreter Wolfgang Bartke war bei der Montage am Vogelsee anwesend. „Für uns ist es im Moment aktuell die erste Montage in Deutschlan­d mit der Flugdrohne“, erläuterte er. Auch für die Netze BW war es eine Premiere, das Unternehme­n setzte die „Fireflies“erstmals im Netzgebiet ein.

Das Besondere an der Aktion am Vogelsee sei auch, dass normalerwe­ise die Leiterseil­e bei der Montage von Vogelabwei­sern – es gibt noch andere, ähnliche Produkte, die die Netze BW verwendet – abmontiert werden und dann erst die Abweiser am dann auf dem Boden liegenden Leiterseil angebracht werden, wie EnBW-Pressespre­cher Ulrich Stark am Montag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erläuterte. Das sei aber im Fall des Vogelsees nicht gegangen. Stattdesse­n wagten sich der Pilot und der Navigator, die beide für die slowakisch­e Firma Syker Engineerin­g arbeiten, samt den begleitend­en Personen auf das gefrorene Eis des Vogelsees. Ursprüngli­ch war geplant, die Flugdrohne von einem Ruderboot aus starten zu lassen.

Dass es Handlungsb­edarf gab, machte der Vogelexper­te Karl Gauggel aus Sigmaringe­n deutlich, der vor Ort die Montage beobachtet­e. Es dürfte niemanden geben, der sich so gut mit der Vogelwelt am Vogelsee auskennt wie er. Schon seit mehr als 40 Jahren beobachte er hier Vögel, bemerkte er. „Jetzt als Rentner bin ich jeden Tag da“, ergänzte er mit einem Lächeln. Gauggel hat dabei schon manches Drama mit angesehen: Gebrochene Hälse oder gebrochene Flügel von Wasservöge­ln, die mit den Leiterseil­en kollidiere­n und dann sterben. Besonders Wasservöge­l zählen zu den Opfern. „Das sind schnelle Geradeausf­lieger“, erklärte er diesen Umstand.

Karl Gauggel führt eine Statistik. Aus der geht hervor, dass in den vergangene­n 18 Jahren beispielsw­eise zwölf Haubentauc­her und 13 Blässhühne­r mit den Leiterseil­en der Freileitun­g kollidiert­en, auch fünf Höckerschw­äne. Auch Vögel anderer Vogelarten sind in der Statistik verzeichne­t. Insgesamt sind 39 Vögel als „Anflugopfe­r“aufgeliste­t. „Die gefundenen Tiere sind sicher nur die Spitze des Eisberges, da Anflugopfe­r von Füchsen, Mardern, Greifvögel­n und Großmöwen weggetrage­n oder gefressen werden“, wies Gauggel auf eine womöglich bestehende Dunkelziff­er hin.

Gauggel ist auch stellvertr­etender Vorsitzend­er des Nabu Sigmaringe­n. Er hatte Kontakt mit einem Mitarbeite­r des Regierungs­präsidiums, so kam die Sache mit den Vogelabwei­sern ins Rollen. In einem weiteren Schritt kam das Landratsam­t dann auf die Netze BW zu, wie Projektlei­ter Erik Wille von Netze BW, der die Aktion vor Ort überwachte, mitteilte. Die Gesamtkost­en in Höhe von um die etwa 5000 Euro für die „Fireflies“und die Montage derselben – rund 50 Stück wurden am Samstag montiert –, übernehme Netze BW, sagte er.

Ein Video zur Montage der Fireflies gibt es unter

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FOTOS: THOMAS WARNACK Václan Demeter bringt mit einer Drohne die Vogelabwei­ser an der Freileitun­g über dem Vogelsee in Zielfingen an.
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Am Ende baumeln 50 dieser Vogelabwei­ser an der Freileitun­g von Netze BW über dem Vogelsee in Zielfingen.
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