Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Blaue Plakette sorgt für dicke Luft
Kretschmann kontert den künftigen Verkehrsminister Scheuer – Staffellösung gefordert
BERLIN/STUTTGART - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erwartet von der neuen Bundesregierung zügig Maßnahmen zur Luftreinhaltung in den Städten. Kretschmann griff am Dienstag in Stuttgart vor allem den designierten Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) an. Scheuer hatte zuvor gesagt: „Die blaue Plakette ist fachlich begründet falsch und bedeutet in der Folge Fahrverbote.“Kretschmann ist ein Verfechter der blauen Plakette für Dieselautos in den Umweltzonen der Städte. „So was kann in mir allmählich nur Verzweiflungsattacken auslösen“, sagte er. Die Plakette sei „eine vernünftige Maßnahme“. Wenn die Regierung andere Lösungen habe, solle sie diese präsentieren.
Der Ministerpräsident empörte sich auch, der Bund sorge nicht einmal für die Durchsetzung der Software-Updates für Dieselautos, die die Politik mit der Autoindustrie im vergangenen Sommer vereinbart habe. Bislang hätten im Kern nur jene Fahrzeuge ein Update erhalten, deren Hersteller – etwa Volkswagen – dazu verpflichtet worden seien.
Kretschmann begrüßte hingegen den Vorschlag des Umweltbundesamts für eine Staffellösung mit zwei Plaketten, einer hellblauen und einer dunkelblauen – je nach konkretem Schadstoffausstoß und der betreffenden Motorgeneration. „Grundsätzlich fordern wir ja nichts anderes“, sagte er. In einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe er vergangene Woche „noch mal dafür plädiert, solch eine Plakette in Erwägung zu ziehen“. Schließlich erwarte er „von der Naturwissenschaftlerin Dr. Angela Merkel“, sich den Fakten zu stellen. Das Bundesumweltministerium reagierte am Dienstag zurückhaltend. Der Vorschlag des Umweltbundesamtes liege dem Ministerium noch nicht vor, so ein Sprecher.
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) warnte vor der Einführung blauer Plaketten. Fahrverbote sollten durch Hardware-Nachrüstung verhindert werden, forderte ZDK-Präsident Jürgen Karpinski. „Eine weitere Kennzeichnung gleich welcher Art würde Autofahrer mit Dieselfahrzeugen stigmatisieren.“