Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kim hält die Welt zum Narren
Pjöngjangs Herrscher Kim Jong-un will Seouls Staatchef Moon Jae-in treffen. Auf den ersten Blick scheint diese Einladung diplomatisches Tauwetter zu versprechen. Auch ein Moratorium für die Raketen und Kernwaffentests steht in Aussicht. All das wäre wünschenswert, wenn es nicht zu viele „Wenn“gäbe.
Merkwürdig ist, dass es bisher keine Bestätigung aus Pjöngjang gibt, nur eine Ankündigung des Präsidialamtes in Seoul. Und auch die Begleitumstände klingen seltsam. Der Norden will angeblich auf weitere Raketen- und Atomtests verzichten und den Süden auch mit konventionellen oder nuklearen Waffen nicht angreifen – dies gilt allerdings nur für die „Dauer der Gespräche“, wie Südkorea erläutert. Und nicht einmal diese Selbstverständlichkeiten wurden von Kim verbindlich zugesagt.
Vieles spricht dafür, dass Nordkorea erneut die Welt zum Narren hält. Natürlich klopft Kim zuerst an jene Tür, die sich vermutlich am leichtesten öffnet. Es gab schon zwei interkoreanische Gipfel mit viel südkoreanischer „Sonnenschein“-Illusionspolitik. Jedes Mal folgte Ernüchterung. Südkorea zahlt, und Nordkorea baut weiter Bomben.
Auch diesmal lässt sich darauf wetten, dass das Kalkül für Pjöngjang aufgeht. So soll Südkoreas Präsident der Bedingung zugestimmt haben, dass sein Land die „politische Stabilität“der kommunistischen Führung garantiert. Gemeint ist damit, Südkorea soll der Weltöffentlichkeit in den Arm fallen, die mit Sanktionen den nordkoreanischen Atomwahnsinn beenden will.
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