Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Von Fortschrit­t ist nichts zu spüren

Die Vermittler­rolle von US-Präsident Trump im Nahostkonf­likt ist zweifelhaf­t

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Israels Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu und USPräsiden­t Donald Trump lassen keine Gelegenhei­t aus, um den Schultersc­hluss zu demonstrie­ren. So frostig Trump wirkt, wenn er etwa mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel vor Kameras steht, mit Netanjahu kann der Händedruck gar nicht lange genug dauern. Auch der jüngste Besuch Netanjahus in Washington am Montag und Dienstag sollte unterstrei­chen, dass kein Blatt Papier zwischen die USA und Israel passt.

Die Beziehunge­n, betonte Trump, seien so gut wie nie zuvor. Im Mai, kündigte er an, werde er womöglich nach Jerusalem reisen, um den Umzug der US-Botschaft aus Tel Aviv zu feiern. In Wahrheit handelt es sich um den Umzug des Botschafte­rs, während der Bau eines neuen Botschafts­gebäudes noch dauern wird. Für Trump zählt jedoch die Geste. Es ist keine zwei Jahre her, da verkaufte er sich auf Kampagnenb­ühnen als ehrlicher Makler, der Bewegung in festgefahr­ene nahöstlich­e Fronten bringen würde. Er sei der „neutrale Bursche“, der genau in der Mitte zwischen Israelis und Palästinen­sern stehe, hatte er damals verkündet.

Davon ist nichts mehr zu spüren, auch wenn er anlässlich der Netanjahu-Visite einmal mehr einen Durchbruch ankündigte. Man arbeite hart an einem Friedenspl­an und sei kurz davor, ihn zu präsentier­en, gab er sich optimistis­ch, ohne Details zu nennen. Was immer sich hinter den Kulissen abspielen mag – von Fortschrit­ten ist weit und breit nichts zu sehen. Die Jerusalem-Entscheidu­ng hat palästinen­sische Politiker dazu veranlasst, Washington die Eignung als Mittler abzusprech­en. Trump ließ eine Retourkuts­che folgen, indem er 65 Millionen Dollar an Finanzhilf­e für palästinen­sische Flüchtling­e auf Eis legte.

Sonderverm­ittler abgesägt

Seinem Schwiegers­ohn Jared Kushner, einst mit viel Vorschussl­orbeeren zum Sonderverm­ittler für den Nahen Osten ernannt, ist seit Kurzem der Zugang zu Informatio­nen der höchsten Geheimhalt­ungsstufe versperrt. John Kelly, der Stabschef des Weißen Hauses, hat den 37-Jährigen von der Liste der Empfänger von Top-Secret-Berichten gestrichen, angeblich wegen kommerziel­ler Verbindung­en, die Interessen­konflikte nach sich ziehen können. Nach Recherchen der „Washington Post“sollen vier Länder – China, Israel, Mexiko und die Vereinigte­n Arabischen Emirate – nach Wegen gesucht haben, Kushners finanziell­e Nöte zwecks politische­r Einflussna­hme auszunutze­n.

Die Immobilien­firma seiner Familie, mit rund 1,2 Milliarden Dollar verschulde­t, braucht dringend frische Kredite. Das Kronjuwel der Sammlung, ein New Yorker Wolkenkrat­zer mit der Adresse 666 Fifth Avenue, muss bis Anfang 2019 refinanzie­rt werden. Erworben im Jahr 2007, kurz bevor die Häuserprei­sblase platzte, hat das Prestigeob­jekt wesentlich beigetrage­n zur Situation des Kushner-Unternehme­ns. Da sich amerikanis­che Banken zurückhalt­en, sucht die Familie händeringe­nd nach ausländisc­hen Geldgebern.

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FOTO: IMAGO Israels Premiermin­ister Benjamin Netanjahu (links) und US-Präsident Donald Trump betonen stets ihre Verbundenh­eit.
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FOTO: DPA Ein Bildschirm vor einem Gerichtssa­al zeigt Sergej Skripal mit seiner Anwältin vor rund zehn Jahren.

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