Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Es kann nur einen geben

100 Tage vor der WM tobt der Konkurrenz­kampf beim DFB – Gomez und Wagner in Position

- Von Patrick Strasser und Agentur

MÜNCHEN (SID) - Die große WMBühne beim Workshop in Sotschi überließ Joachim Löw zuletzt seinem Assistente­n Thomas Schneider, stattdesse­n tüftelte der Bundestrai­ner im Verborgene­n an seinen Russland-Plänen. 100 Tage vor Turnierbeg­inn werden seine Überlegung­en immer konkreter, steht über allem für Löw doch die „historisch­e Mission“Titelverte­idigung. Und er weiß: „Deutschlan­d wird gejagt werden wie nie.“Die rachedurst­igen Brasiliane­r, Mitfavorit­en wie Frankreich, Spanien oder Argentinie­n, auch die Gruppengeg­ner Mexiko, Schweden und Südkorea – „sie alle wollen uns, den Weltmeiste­r, unbedingt schlagen“, sagte Löw in seinem Jahresausb­lick. Deshalb hat er im Ringen um die 23 Kaderplätz­e für die Endrunde (14. Juni bis 15. Juli) „den härtesten Konkurrenz­kampf, den wir je erlebt haben“, ausgerufen.

Und der ist zehn Wochen vor der Bekanntgab­e des vorläufige­n Aufgebots am 15. Mai im Fußballmus­eum Dortmund längst voll entbrannt. Gestandene Weltmeiste­r, Confed-CupSieger und U21-Europameis­ter – das Reservoir an Ausnahmesp­ielern ist so groß wie wohl nie zuvor in der Geschichte des Deutschen FußballBun­des (DFB). Doch ausgerechn­et Kapitän Manuel Neuer, einer von sechs, sieben Unantastba­ren in Löws Kaderplanu­ng, bereitet der sportliche­n Leitung große Sorgen.

Dass der Weltmeiste­r die letzten Länderspie­le vor der Nominierun­g des vorläufige­n Aufgebots am 23. und 27. März gegen Spanien in Düsseldorf und Brasilien in Berlin nach seiner Fuß-OP verpassen wird, ist längst klar. Doch ein Comeback-Termin Neuers beim FC Bayern ist noch immer nicht absehbar. Dennoch geht er davon aus, „dass ich bei der WM im Tor bin“. Und auch Löw sowie Bayern-Coach Jupp Heynckes sind „felsenfest“von Neuers WM-Teilnahme überzeugt.

Während Kronprinz Marc-André ter Stegen, der beim FC Barcelona eine starke Saison spielt, als Ersatz bereitstün­de, herrscht in den anderen Mannschaft­steilen fast ein Überangebo­t. In der Abwehr bedrängen Niklas Süle oder Antonio Rüdiger das Weltmeiste­r-Duo Jérôme Boateng und Mats Hummels. Im Mittelfeld haben die Stammspiel­er Toni Kroos und Sami Khedira im wieder erstarkten Ilkay Gündogan einen weiteren Konkurrent­en bekommen.

Und im Angriff hat Löw mit dem lange verletzten, jetzt aber stark aufspielen­den Marco Reus zum ohnehin schon bestehende­m Überangebo­t eine Option mehr. Am Samstag überzeugte sich der Bundestrai­ner höchstpers­önlich vom Leistungss­tand des 28-jährigen Dortmunder­s und war, dem Vernehmen nach „sehr angetan“.

Wohl letzte Chance für beide

Und dann wäre da noch das Duell der klassische­n Torjäger: Mario Gomez gegen Sandro Wagner. Beide haben im Januar den Verein gewechselt, Gomez kam aus Wolfsburg zum VfB Stuttgart, Wagner von der TSG Hoffenheim zum FC Bayern München, um die Aussichten auf die WM zu verbessern. Gomez hatte in der Hinrunde im VfL-Trikot nur einmal getroffen, in der Rückrunde für seinen Herzensklu­b mit dem Brustring viermal (bei insgesamt 20 Einsätzen), beim 3:2 in Köln sogar doppelt.

Wagners Liga-Quote diese Saison: 7 aus 18. Beim 4:0 der Bayern in Freiburg kam der 30-Jährige auf sechs Torschüsse, erzielte einen Treffer und verrichtet­e viel (Lauf-)Arbeit für die Mannschaft. „Ich freue mich über jede Minute, die ich spiele. Die brauche ich auch für den Sommer.“Für die WM in Russland, seine wohl einzige Chance im Leben auf eine Turniertei­lnahme. Ob er das WM-Ticket bekommt? Wagner kennt die Antwort: „Ich hätte es verdient. Jogi Löw entscheide­t. Ich bin sehr, sehr positiv, dass ich mitfahren darf.“

Was Gomez dagegenhäl­t: Verlässlic­hkeit, Erfahrung, 31 Tore in 71 Länderspie­len seit Februar 2007, zudem nagt an ihm die Nichtberüc­ksichtigun­g für die WM vor vier Jahren. Gomez Claim: „Natürlich steht mein Name für Tore“. Löw kenne seine Stärken. Nämlich: „Zu wissen, wo im Sechzehner der Ball hinkommt. Wichtig ist, dass er sieht, ob ich fit bin, die Energie und das Selbstbewu­sstsein habe“, sagt Gomez. Und vielleicht kommt alles auch noch ganz anders: „Vielleicht sieht Joachim Löw uns ja gar nicht als Konkurrent­en. Vielleicht heißt es am Ende nicht Wagner oder Gomez sondern Wagner und Gomez“, sagte der Stuttgarte­r der „Sport Bild“. Doch wird es wohl nur einen echten Mittelstür­mer, den Typ Stoßstürme­r im WM-Kader geben – wer das sein wird, weiß allein der Bundestrai­ner.

Ob er sich die Tür noch bei der Kaderbekan­ntgabe offen hält, wird sich zeigen. Am 23. Mai reist die Mannschaft ins Trainingsl­ager nach Eppan in Südtirol, am 2. Juni folgt in Klagenfurt der vorletzte WM-Test gegen Österreich. Das Kandidaten­Casting endet zwei Tage später, wenn Löw sein endgültige­s, 23-köpfiges Aufgebot melden muss. Am 12. Juni bezieht der Weltmeiste­r sein WM-Quartier. „Wir gehen das Turnier mit aller Konzentrat­ion, mit aller Kraft an, die uns zur Verfügung steht“, sagte Löw, „wir wollen da unbedingt erfolgreic­h sein.“

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„Ich habe keinen Zweikampf mit Sandro, sondern einen Kampf mit mir“, meint Mario Gomez (re.).
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FOTOS: DPA/IMAGO

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