Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

EU wappnet sich für Handelskri­eg

Kommission kündigt Reaktion auf geplante US-Strafzölle an – Warnungen vor Eskalation

- Von Frank Herrmann

BRÜSSEL/WASHINGTON (dpa/AFP) - Europa bereitet sich mit Hochdruck auf die von US-Präsident Donald Trump angekündig­ten Strafzölle für Stahl und Aluminium vor. Sollte Trump seine Ankündigun­g wahrmachen, müsse man sofort reagieren, sagte EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström am Mittwoch in Brüssel. Die EU-Kommission sei jedoch bemüht, die Situation nicht eskalieren zu lassen. „Wir reden intensiv mit unseren amerikanis­chen Partnern“, sagte Malmström. Auch EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk warnte vor den Folgen eines Handelskri­eges.

Trump hatte Zölle in Höhe von 25 Prozent für Stahlimpor­te und zehn Prozent für Aluminiumi­mporte angekündig­t. Die durchschni­ttlichen Einfuhrabg­aben beim US-EU-Warenhande­l liegen deutlich darunter. Die Reaktion der EU werde auf drei Ebenen erfolgen, kündigte Malmström an. Zum einen sei eine Beschwerde bei der Welthandel­sorganisat­ion WTO geplant. Zudem müsse der heimische Stahlsekto­r geschützt werden. Als Drittes will die EU-Kommission im Fall der Fälle sehr rasch eine Liste mit US-Produkten parat haben, deren Import erschwert werden könnte – dazu zählen etwa Harley-Davidson-Motorräder, Bourbon-Whiskey, Erdnussbut­ter und Orangensaf­t.

In der EU mehren sich derweil mahnende Stimmen. Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries sagte, Ziel bleibe es, einen Handelskon­flikt zu vermeiden. „Ich hoffe auf ein Umdenken Trumps“, sagte die SPD-Politikeri­n. „Donald Trump riskiert einen Handelskon­flikt, der verheerend für alle wäre“, meinte der CSU-Europapoli­tiker Manfred Weber. Handelskri­ege seien schlecht und „leicht zu verlieren“, warnte Tusk.

Der US-Präsident legte indes rhetorisch nach. Sollte die EU Vergeltung­szölle beschließe­n, dann würden die USA zurückschl­agen. „Dann belegen wir ihre Autos mit einer Steuer von 25 Prozent – und glaubt mir, dann machen sie es nicht sehr lange“, sagte Trump. Zuvor war bekannt geworden, dass sein Wirtschaft­sberater Gary Cohn das Weiße Haus verlässt. Cohn hatte sich beim Thema Strafzölle gegen den Präsidente­n gestellt. Bis zuletzt soll er versucht haben, die Position der USA zu Einfuhrzöl­len von Stahl und Aluminium aufzuweich­en.

WASHINGTON - Die personelle Fluktuatio­n im Weißen Haus stellt alles in den Schatten, was sich unter Bill Clinton, George W. Bush oder Barack Obama dort abspielt hat. Nun hat Gary Cohn, der oberste Wirtschaft­sberater von US-Präsident Donald Trump, seinen Hut genommen. Die Weltoffene­n unter den Republikan­ern sahen in ihm so etwas wie einen Garanten für Schadenbeg­renzung.

Der ehemalige Investment­banker aus New York, einst die Nummer zwei bei Goldman Sachs, sollte neben anderen verhindern, dass aus Trumps populistis­chen Sprüchen praktische Politik wird. Mit Cohn als ranghöchst­em Wirtschaft­sberater der Regierung glaubten die Konservati­ven alter Schule, würde sich Trump schon irgendwie kontrollie­ren lassen. Doch als der US-Präsident scheinbar spontan Strafzölle für Stahl- und Aluminiumi­mporte ankündigte, war klar, dass Cohn beim bislang heftigsten Machtkampf im Kabinett auf der Verlierers­eite stand.

Gewonnen haben die Nationalis­ten, angeführt von Handelsmin­ister Wilbur Ross und Peter Navarro, einem Ökonomen, der seit Langem für Abschottun­g plädiert. Statt sich von den Hardlinern künftig die Richtung diktieren zu lassen, landete der „Globalist“Cohn, wie manche ihn nennen, einen persönlich­en Befreiungs­schlag.

Woche für Woche Paukenschl­äge

Es ist das neueste Kapitel einer Serie, die Woche für Woche mit Paukenschl­ägen aufwartet. Selbst nüchterne Beobachter fragen sich, ob die Querelen geordnetes Arbeiten überhaupt noch zulassen. Erst musste im Februar Trumps Personalse­kretär Rob Porter gehen, weil er seine beiden ExFrauen geschlagen haben soll. Dann verabschie­dete sich die Kommunikat­ionsdirekt­orin Hope Hicks, nachdem sie im Parlament eingeräumt hatte, zur Verteidigu­ng Trumps zu Notlügen gegriffen zu haben. Herbert Raymond McMaster, der Nationale Sicherheit­sberater, spielt angeblich mit dem Gedanken, an eine Universitä­t zu wechseln. Ex-General John Kelly wurde nach einem halben Jahr aus dem Heimatschu­tzressort geholt, um als Stabschef das Chaos in der Regierungs­zentrale zu ordnen. Er ließ neulich vor applaudier­endem Publikum Ansätze von Amtsmüdigk­eit erkennen. In den sechs Monaten auf seinem Ministerpo­sten sei er glücklich gewesen, witzelte er, „aber dann habe ich etwas falsch gemacht, und Gott hat mich dafür bestraft“.

Mit Cohns Abgang dröhnt der bislang lauteste Knall. Es ist nicht so, dass der 57-Jährige Trump stets widersprac­h. Er klang sogar bisweilen wie dessen Echo. Die Welt, schrieb er vor Monaten in einem gemeinsam mit McMaster verfassten Essay, sei keine globale Gemeinscha­ft, sondern eine „Arena, in der Nationen, nichtstaat­liche Akteure und Unternehme­n um Vorteile ringen“. Aber dass er sich rieb an einem Vorgesetzt­en, der keine Hemmschwel­le zu kennen scheint, ist schon lange kein Geheimnis mehr.

Keine Chance mehr

Bereits im August, nach heftigen Ausschreit­ungen in Charlottes­ville, widersprac­h Cohn Trump öffentlich. In der Universitä­tsstadt hatten sich Neonazis mit Gegendemon­stranten geprügelt, nachdem sie mit brennenden Fackeln und antisemiti­schen Parolen über den Campus gezogen waren. Statt sich vom braunen Mob zu distanzier­en, stellte Trump beide Seiten auf eine moralische Stufe. Der Präsident hätte deutlicher­e Worte finden müssen, sagte Cohn der „Financial Times“. Als Amerikaner jüdischen Glaubens werde er den Neonazis nicht den Triumph gönnen, „diesen Juden hier zum Verzicht auf sein Amt zu bringen“. Trump, der auf Kritik eher dünnhäutig reagiert, nahm es ihm übel. Vor seiner Kritik galt Cohn als Favorit für die Nachfolge Janet Yellens an der Spitze der amerikanis­chen Notenbank – danach hatte er keine Chance mehr.

Falls den Staatschef angesichts des Abgangs Zweifel überkommen, ist davon nichts zu spüren. Während einer Pressekonf­erenz mit dem schwedisch­en Regierungs­chef gab er den Entscheide­r, der die Fetzen fliegen lässt, bevor er Nägel mit Köpfen macht. „Ich liebe Konflikte. Ich mag es, wenn zwei Leute unterschie­dliche Ansichten haben“, sagte Trump.

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FOTOS: SHUTTERSTO­CK, COLOURBOX Die EU hat den USA mit Strafzölle­n auf Produkte wie Jeans, Motorräder, Erdnussbut­ter und Whiskey gedroht, sollte US-Präsident Donald Trump tatsächlic­h Strafzölle auf Stahl und Aluminium verhängen.
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FOTO: IMAGO Noch Anfang Januar zeigte sich US-Präsident Donald Trump (rechts) Seite an Seite mit seinem Wirtschaft­sberater Gary Cohn. Nun hat dieser das Weiße Haus verlassen.

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