Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Vier Angeklagte geben Erklärunge­n ab

Drei Geständnis­se bringen Bewegung in Prozess um aufgebroch­ene Geldautoma­ten

- Von Christoph Wartenberg

HECHINGEN - Vor dem Hechinger Landgerich­t ist der Prozess gegen fünf Mitglieder einer Einbrecher­bande aus Südosteuro­pa (die SZ berichtete) fortgesetz­t worden. Hatten die Angeklagte­n bislang nur sehr spärliche Aussagen zu den ihnen vorgeworfe­nen Taten gemacht, kam am gestrigen Prozesstag Bewegung in die Verhandlun­g. Der vorsitzend­e Richter Hannes Breucker hatte wiederholt auf die Möglichkei­t hingewiese­n, dass sich durch Geständnis­se das Strafmaß positiv beeinfluss­en lasse. Dieses Angebot hatte seine Wirkung offensicht­lich nicht verfehlt.

Zum Auftakt des vierten Verhandlun­gstages erklärte der Vorsitzend­e, dass einer der Angeklagte­n ein sogenannte­s Verständig­ungsgesprä­ch angenommen habe und bereit sei, ein vollumfäng­liches Geständnis abzulegen. Dies habe er in einer Erklärung vom 1. März mitgeteilt. Vor diesem Hintergrun­d könne man mit einem Strafmaß zwischen zwei Jahren und neun Monaten und drei Jahren und neun Monaten Freiheitss­trafe rechnen. Für einen Anklagepun­kt werde man die Einstellun­g beantragen.

Oberstaats­anwalt Beiter stimmte dem Resultat des Verständig­ungsgesprä­chs grundsätzl­ich zu, meinte allerdings, dass ihm das vorgeschla­gene Strafmaß etwas zu niedrig erscheine. Dabei ließ er anklingen, dass er noch ein etwas detaillier­teres Geständnis erwarte. Der Angeklagte wollte seine Aussage allerdings nicht nachbesser­n und bestätigte die von seinem Verteidige­r vorgelegte Erklärung. Den Versuch einer Verständig­ung mit den anderen vier Angeklagte­n erklärte der Oberstaats­anwalt als gescheiter­t. „Die anderen wollen es wissen, dann sollen sie es wissen“, sagte Beiter. Hier könne es dann keine „moderate Strafe“mehr geben, sondern nur eine „tat- und schuldange­messene Strafe“.

Bevor der Prozess mit der Zeugeneinv­ernahme eines Kriminalha­uptkommiss­ars aus Kehl fortgesetz­t werden konnte, meldete sich die Anwältin eines weiteren Angeklagte­n zu Wort und kündigte eine Erklärung ihres Mandanten an. Der 29-Jährige ließ durch seine Anwältin einen detaillier­ten Lebenslauf vortragen und schilderte seine Beziehunge­n zu seinen Landsleute­n. Man habe sich gegenseiti­g bei Wohnungspr­oblemen Unterkunft gewährt und bei Renovierun­gen geholfen. Auch habe man gemeinsam Autokäufe getätigt, deren Ablauf bei den Zuhörern aber den Eindruck einer rechtliche­n Grauzone erweckte. Es handelte sich dabei um Wagen der Marke Audi, eine Marke, die auch bei den Einbrüchen in Banken und Feuerwehrh­äuser genutzt wurde.

Lieber nichts sagen

Erstaunlic­h war, wie genau sich der Angeklagte an viele Ereignisse erinnern konnte. Er erklärte durch seine Anwältin, dass er zwar diese Landsleute gekannt, von den Bankeinbrü­chen aber nichts gewusst habe. Er sei nie dabei gewesen und habe auch keinen Beuteantei­l erhalten. Warum er diese Aussage bislang nicht gemacht habe und stattdesse­n fast ein Jahr Untersuchu­ngshaft auf sich genommen habe, wollte der Oberstaats­anwalt wissen, erhielt aber nur von einem weiteren Anwalt die Antwort, dass es sich hier um ein landsmänni­sches Umfeld handle, in dem man lieber nichts sage. Der Anwalt eines dritten Angeklagte­n trug

sagt der Oberstaats­anwalt.

anschließe­nd auch eine Erklärung vor, in der sein Mandant die Beteiligun­g an etlichen der Straftaten zugab.

Bei allen im Jahr 2016 verübten Straftaten, darunter die Einbrüche in Hettingen und Engelswies, habe er allerdings nur als Fahrer fungiert und sei Schmiere gestanden. Er gab aber auch zu, an diversen Einbrüchen und Automatena­ufbrüchen beteiligt gewesen zu sein, darunter dem in die Filiale der Volksbank Meßkirch in Göggingen, bei dem fast 95 000 Euro erbeutet und ein Sachschade­n von mehr als 25 000 Euro verursacht wurden. Auch gestand er die Beteiligun­g an Einbrüchen in Feuerwehrh­äuser, aus denen schweres Einbruchsw­erkzeug gestohlen wurde. Weitere Namen nannte der Angeklagte allerdings nicht, er sprach nur von Mittätern. Hier wies der vorsitzend­e Richter Breucker darauf hin, dass die Nennung von Namen sich durchaus auch positiv auf das Strafmaß auswirken könne.

Schließlic­h gab es noch eine weitere Erklärung eines Angeklagte­n, die ursprüngli­ch für später vorgesehen war, wie der Anwalt sagte. Aber nachdem die anderen Angeklagte­n sich erklärt hatten, wollte auch sein Mandant ein weitgehend­es Geständnis ablegen. Es täte ihm leid und er entschuldi­ge sich, ließ der Angeklagte mitteilen. Er habe allerdings nur geringe Beuteantei­le erhalten. Nur der fünfte Angeklagte wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

Richter Breucker erklärte, dass die zum Sitzungsau­ftakt festgehalt­ene Erklärung des Scheiterns der Verständig­ungsgesprä­che vor allem formalen Charakter habe. „Die Tür ist noch nicht ganz zu“, sagte er und deutete damit an, dass eine Beschleuni­gung des Verfahrens durch Aussagen der Angeklagte­n sich unter Umständen noch positiv auf das Strafmaß auswirken könne. Der Prozess wurde mit der Erläuterun­g der Straftaten durch den Kriminalha­uptkommiss­ar fortgesetz­t.

„Die anderen wollen es wissen, dann sollen sie es wissen“,

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SYMBOLFOTO: THOMAS FREY Auf das Konto der Bande sollen etliche Geldautoma­tenaufbrüc­he gehen.

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