Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Blasmusik der Extraklasse in Ertingen
Mit einem Jubiläumskonzert startet der Musikverein in ein außergewöhnliches Vereinsjahr
ERTINGEN - Ein Musikvergnügen der Extraklasse haben die über 600 Zuhörer am vergangenen Samstag in der Ertinger Kulturhalle erlebt. Der Musikverein hatte zu seinem Jubiläumskonzert geladen, und für die Besucher wurde dieser Abend durch das sehr anspruchsvolle Programm zu einer Demonstration hochkarätiger Spielkultur. „Freuen Sie sich auf einen abwechslungsreichen und interessanten Konzertabend“, diesem Anspruch, den der Vorsitzende Urban Diesch formulierte, wurde das Orchester dann mehr als gerecht.
Im ersten Konzertteil wolle man an die Highlights vergangener Jahrzehnte erinnern und danach einen Aufbruch einläuten, sagten Anja und Sandra Höninger, die wieder charmant und locker durchs Programm führten. „Dabei haben wir Musikerinnen und Musiker die Highlights der letzten Jahre selbst zusammen gestellt“. Und sie haben eine gute Wahl getroffen, wie sich zeigte. Auf jeden Fall legte das Orchester unter der bewährten Leitung von Günther Goldammer eine Spielkultur an den Tag, die alle klanglichen und virtuosen Möglichkeiten enthielt und zu wahren Begeisterungsstürmen der Konzertbesucher führte.
Symbiose von Blech und Holz
Ein Lieblingstitel der Ertinger Musikanten kam gleich zu Beginn. Mit einem Werk aus Richards Wagners Lohengrin, „Elsas Zug zum Münster“, war das Orchester sogleich gefordert. Dieser Hochzeitszug, den Elsa zu ihrem Retter ins Münster führte, „lebte“von den vielen Klangvariationen, um die Stimmung wiederzugeben. Nach einer feierlich-festlichen Einleitung, die das leise Schreiten des Hochzeitszuges demonstrierte, führte das mächtige Anschwellen zu einer Klangentwicklung durch das Orchester und zu einer Symbiose des weichen Blechs mit dem Holz.
Zu einem weiteren musikalischen Abenteuer luden Goldammer und seine Musiker in die Weiten der Prärie und hier speziell zu einer Fahrt mit der nordpazifischen Eisenbahn ein. Bei der Komposition „Oregon“von Jacob de Haan setzten die Posaunen den Zug in Bewegung, steigerten sich die ruhige-getragenen Passagen zu einem ausdrucksstarken Fortissimo. Das präzise Schlagwerk trug dazu bei, das Pferdestampfen und -galoppieren zu imitieren. Bei der faszinierenden musikalischen Bahnfahrt wurden alle Landschaftsbilder den Zuhörern durch das Orchester nahegebracht. „Spielfreude pur“war dabei durch das Orchester zu spüren, wobei Dirigent Goldammer „die Zügel immer fest in der Hand“hielt.
Musiker als „Herren der Meere“
Hans Zimmer hätte seine Freude daran gehabt, die Ertinger Musikkapelle bei der Aufführung der Filmmelodie von „Fluch der Karibik 3“zu hören. Wie das Orchester sein Werk mit allen Attributen der Blasmusik wiedergab, verdient Respekt. Alle Szenarien der Schlacht auf dem Meer wurden eindrucksvoll dargestellt. Ob bei den vielen rhythmischen Sequenzen oder auch in den lyrischen, ja sogar sphärischen Abschnitten – die Musikanten waren jederzeit „Herr der Meere“.
Bester Udo-Jürgens-Imitator
Noch allen gut in Erinnerung war dann die symphonische Dichtung aus der Feder von Udo Jürgens: „Die Krone der Schöpfung“. Dieses monumentale Werk, das die biblische Schöpfung beschreibt und dabei auch den Umgang der Menschen mit der Schöpfung anprangert, zeigte wiederum, „dass Günther Goldammer der beste Imitator von Udo Jürgens“ist, so die Ansage. Sein durchdringender gesanglicher Appell wurde dabei vom Orchester eindrucksvoll untermalt, wobei sich einmal mehr das harmonische Miteinander der einzelnen Register abzeichnete. Donnernder Applaus war der Dank für den Dirigenten als auch für seine Musiker.
Neu gewandet sollte mit dem Gospel und Dixie „Just a closer walk with thee“ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Mit dem Klassiker unter den Spirituals, der eigentlich einen Leichenzug durch New Orleans musikalisch beschreibt, hat Günther Goldammer die passende Musik gefunden, um die alte Uniform zu „beerdigen“. Doch wie das Orchester diese Stimmung, dieses eigene Feeling in die Halle zauberte, war erstaunlich.
Wenn man dann die Posaune von Jürgen Mäkle und die Trompetenklänge von Jonas Zoll in sich aufsog sowie den Rhythmus und das Gefühl des Orchesters bei diesem Gospel auf sich wirken ließ, kam wahrhaftig „Gänsehaut-Feeling“auf. Mit einer erstaunlichen Präzision und Dynamik wies die Kapelle Big-Band-Qualitäten auf.
Doch dann folgte am Schluss ein weiteres Highlight mit der Komposition zu „Die Glorreichen Sieben“. Diese bekannte Filmmusik verlangte den Akteuren nochmals alles ab. Hier war das absolute Zusammenwirken der einzelnen Register bei diesem rhythmischen Werk gefragt. Nur so konnten die bekannten und durchdringenden Melodien zu einem Hochgenuss avancieren.
Goldammer-Trio
Die vielen Zuhörer wussten dies zu schätzen und belohnten alle Akteure mit viel Beifall. Doch dem nicht genug. Bei der Zugabe zeigte sich, dass die ganze Familie Goldammer musikalisch „beschlagen“ist.
Vater und Tochter Leonie im Gesangs-Duett, Tochter Annalena am Klavier und mit Gesang bei „I can, i will“von Udo Jürgens – das war ein weiteres Highlight, das die drei zusammen zweimal aufführen mussten. So hatte es der Vorsitzende Urban Diesch am Schluss leicht, allen Akteuren Dank auszusprechen, denn man habe „einen musikalischen Leckerbissen der besonderen Art“erlebt.