Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Strobl steht weiter in der Kritik

Neue Vorwürfe aus Polizeikre­isen gegen Innenminis­ter Strobl

- Von Katja Korf

STUTTGART (tja) - In Sigmaringe­n hat die Polizei offenbar fertige Pläne für mehr Sicherheit auf Eis gelegt. Das erfuhr die „Schwäbisch­e Zeitung“aus Polizeikre­isen. Insider berichten, es seien verdeckte Maßnahmen über den Einsatz von Zivilbeamt­en hinaus geplant gewesen. Diese seien gestoppt, weil Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) den Einsatz „verdeckter Kräfte“in einer Mitteilung öffentlich gemacht hatte. Strobls Ministeriu­m teilte dazu mit, zu Einsatzdet­ails äußere man sich grundsätzl­ich nicht.

STUTTGART - Die Polizei hat monatelang ausgearbei­tete Pläne zu Einsätzen in Sigmaringe­n auf Eis gelegt. Das erfuhr die „Schwäbisch­e Zeitung“aus Polizeikre­isen. Grund ist die öffentlich­e Ankündigun­g aus dem Innenminis­terium, dass in der Stadt „verdeckte Kräfte“zum Einsatz kommen sollen. Laut mehrerer Insider war dabei deutlich mehr geplant, als nur Kriminalbe­amte in Zivil einzusetze­n. Letzteres aber hatte Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) am Montag erklärt. Dessen Ministeriu­m wollte am Dienstag keine weiteren Angaben zu Einsatzdet­ails machen.

Ein Missverstä­ndnis ohne Folgen oder doch ein Fauxpas mit ernsten Konsequenz­en? Am Wochenende hatte Strobl Kritik auf sich gezogen, weil er in einer Pressemitt­eilung den Einsatz „verdeckter Kräfte“in Sigmaringe­n angekündig­t hatte. Vertreter verschiede­ner Polizeigew­erkschafte­n und der Opposition warfen Strobl daraufhin vor, Interna verraten zu haben. Damit gefährde er die Sicherheit der Beamten und den Erfolg des Einsatzes.

Strobl selbst hatte Kritik am Montag zurückgewi­esen. Es handle sich um ein Missverstä­ndnis, ausgelöst durch einen Bericht in der „Schwäbisch­en Zeitung“. Mit verdeckten Kräften seien keineswegs verdeckte Ermittler gemeint gewesen, die mit einer falschen Identität in kriminelle Milieus eingeschle­ust werden. Vielmehr handle es sich um die gängige Polizeipra­xis, Kriminalpo­lizisten in Zivil einzusetze­n.

In Sigmaringe­n versucht die Polizei, die Drogenkrim­inalität im Umfeld von Flüchtling­sheimen in den Griff zu bekommen. Wie die „Schwäbisch­e Zeitung“erfuhr, haben mehrere Polizeiprä­sidien und das Landeskrim­inalamt seit Monaten ein Einsatzkon­zept erarbeitet. Nach übereinsti­mmenden Aussagen mehrerer Polizeiken­ner ging es um weit mehr als nur den Einsatz von Kriminalbe­amten in Zivil.

„Pläne ernsthaft gefährdet“

Im Gespräch seien demnach auch verdeckte Maßnahmen in den Flüchtling­sunterkünf­ten gewesen – etwa durch das Anwerben von VPersonen unter den Bewohnern. „Dieses Pläne liegen nun auf Eis, im Zweifel können sie gar nicht umgesetzt werden“, heißt es. Mit seiner Pressemitt­eilung habe Strobl die Pläne ernsthaft gefährdet. Dem Vernehmen nach werden genau diese Fragen am heutigen Mittwoch im Innenaussc­huss des Landtags debattiert. Die Sitzung ist nicht öffentlich.

Kretschman­n verteidigt Strobl

Strobl hatte am Montag auf mehrere Pressemitt­eilungen aus Polizeiprä­sidien im Land und aus seinem Haus verwiesen. In denen verkünden die Behörden ebenfalls Einsätze verdeckter Kräfte. Damals habe es keine Kritik daran gegeben, so Strobl.

Polizeigew­erkschafte­r und die Opposition aber hielten an ihren Vorwürfen fest. Nur, weil Fehler zunächst nicht auffielen, mache es sie nicht besser, hieß es. Jede öffentlich­e Mitteilung über verdeckte Maßnahmen gefährde deren Erfolg.

Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) nahm seinen Innenminis­ter am Dienstag in Schutz. „Geheimnisv­errat ist es mal sicher nicht. Welche Geheimniss­e soll er denn verraten haben?“, sagte er. Der Minister habe ein Konzept angekündig­t, dass offene und verdeckte Maßnahmen umfasse. „Dass verdeckte Maßnahmen nicht durch Polizisten in Uniform erfolgen können, ist ja jedem klar. Zu den konkreten Maßnahmen hat er sich nicht geäußert“. Die Bekanntgab­e habe dazu gedient, schon durch die Ankündigun­g weiteren Straftaten vorzubeuge­n. Das diene auch dazu, das Gesetz gegenüber auffällige­n Asylbewerb­ern durchzuset­zen. Seines Wissens gebe es keine Pläne, die geplanten Maßnahmen auszusetze­n, für Details verwies er an den Innenminis­ter.

Aber waren in Sigmaringe­n weitere verdeckte Maßnahmen über den Einsatz von Kriminalbe­amten in Zivil geplant? Dazu teilte ein Sprecher des Ministeriu­ms am Dienstag auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit: „Angaben zu laufenden oder geplanten verdeckten operativen Einzelmaßn­ahmen, beispielsw­eise dem Einsatz von Vertrauens­personen, erfolgen seitens der Polizei grundsätzl­ich nicht.“Konzepte der Polizei, beispielsw­eise zur Unterbindu­ng des Drogenhand­els, sähen regelmäßig sich ergänzende offene und verdeckte Maßnahmen vor. Welche getroffen werden, entscheide die Polizeifüh­rung vor Ort.

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