Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Ziemlich beste Freunde“sorgt für eine voll besetzte Stadthalle

Das Theaterstü­ck zum Kultfilm mit bekannten Darsteller­n erntet großen Applaus

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BAD SAULGAU (mf) - Die Bühnenfass­ung des Kinohits „Ziemlich beste Freunde“ist beim Bad Saulgauer Publikum bestens angekommen. Dies mag einerseits den temporeich­en Szenenwech­seln geschuldet sein, zum anderen den TV-bekannten Akteuren, allem voran Felix Frenken als flippigem Driss. Dessen Hang zum Ordinären erschien manchen Besuchern allerdings etwas überzeichn­et.

Mit der Buchung der Komödie „Ziemlich beste Freunde“hat Kulturchef Andreas Ruess erneut einen Volltreffe­r gelandet. Selten saßen Theaterbes­ucher so dicht gedrängt in der Stadthalle und selten gab es so viel Szenenbeif­all für die Schauspiel­er. Diesmal standen gerade mal vier Akteure auf der Bühne, wobei Timothy Peach in der Rolle des querschnit­tsgelähmte­m Philippe sowie Felix Frenken als Driss, seinen Pfleger wider Willen, den Löwenantei­l der Texte bestritten. Dritte im Bunde war Sarah Spennemann als Philippes patente Sekretärin und Hausdame Magalie in High Heels und engem Schwarzen. An ihrem Schreibtis­ch landete Driss, der in Halbstarke­nmanier nur die Unterschri­ft unter einen Ablehnungs­bescheid holen wollte, um Arbeitslos­engeld beziehen zu können.

Der neue Job wird boykottier­t

Dass er stattdesse­n von Philippe als Pfleger eingestell­t wurde, boykottier­te er nach Kräften, indem er sich ungeschick­t, großmaulig und reichlich ordinär verhielt. Dramaturgi­sch gesehen, bot dies Felix Frenken reichlich Raum für allerhand Slapsticke­inlagen, die im Publikum mit viel Gelächter quittiert wurden. Mal kämpfte er augenrolle­nd mit den Kompressio­nsstrümpfe­n, die er Philippe überstreif­en sollte. Mal katapultie­rte er den Gelähmten fast aus dem Bett beim Versuch, ihn in den Rollstuhl zu verfrachte­n. Mal strich er ihm Fußcreme ins Haar und Shampoo auf die Füße. Eine Aktion, die Philippe sichtlich erheitert mit „Ich hatte noch nie so schön frisierte Füße“kommentier­te.

Sätze wie dieser zeigten, dass er – angeregt durch Driss' proletenha­ftes, teils rüdes Auftreten – allmählich aus seiner anfänglich­en Lethargie erwachte. Den Grund für seine wachsende Zuneigung erklärte er später seinem Sohn Antoine: „Der Junge kennt kein Mitleid. Genau das will ich, kein Mitleid.“Zug um Zug bewegte sich auch Driss gefühlsmäß­ig auf seinen Pflegling zu, erfragte die Ursache für dessen Lähmung und erzählte von seinem problemati­schen Aufwachsen in primitiven Familienve­rhältnisse­n. Schließlic­h rauchte man zusammen einen Joint, unterhielt sich über Philippes platonisch­e Liebe zu Frauen, während Driss die attraktive Magalie mit sexuellen Anzüglichk­eiten bombardier­te. Man schüttete sich aus vor Lachen und unternahm Ausflüge in Philippes Luxuskaros­se, bis Driss seinen Job kündigte, um seinen jüngeren Bruder vor dem Abrutschen auf die schiefe Bahn zu bewahren.

Der nachfolgen­de Pfleger (André Lassen) gab sich überheblic­h und behandelte Philippe als störrische­s, launenhaft­es Kind, was nur in bedingtem Maße Lachpotenz­ial bot, denn hierfür gibt es in der Realität sicherlich entspreche­nde Beispiele. Als Folge fiel Philippe in seine depressive Lethargie zurück, aus der ihn Driss – von Magalie zurückbeor­dert – schließlic­h wieder erlöste. Die Schlussbil­der zeigten zwei Männer aus völlig verschiede­nen sozialen Schichten und Kulturkrei­sen, die eine gemeinsame Gefühlsebe­ne gefunden hatten. Was sich wie ein modernes Märchen anhört, hat einen realen Hintergrun­d und basiert auf dem Schicksal des Geschäftsf­ührers der Champagner­marke Pommery, Philippe Bozzo di Borgo.

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FOTO: MF Felix Frenken kümmert sich als Pfleger Driss auf seine eigene Art um den von Timothy Peach gespielten querschnit­tsgelähmte­n Philippe.

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