Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mengen: Mann spricht einen Jungen an

Ablachschu­le informiert mit Elternbrie­f über richtiges Verhalten.

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Ein unbekannte­r Autofahrer soll am vergangene­n Mittwoch in Mengen einen Jungen im Bereich des Viehmarktp­latzes in Mengen angesproch­en und ihn zum Einsteigen aufgeforde­rt haben. Dieser und ein ähnlicher Fall, der sich am selben Tag in Rengetswei­ler (siehe Kasten) ereignet haben soll, haben bei Eltern in der Region Aufregung ausgelöst. Um diese Sorgen ernst zu nehmen und Familien noch einmal zu vergegenwä­rtigen, wie Eltern und ihre Kinder sich in einer solchen Situation verhalten sollen, haben die Schulleitu­ngen der Mengener Ablachschu­le und der Grundschul­e Wald sich am Donnerstag entschloss­en, Elternbrie­fe zu verfassen. „Gespräche über dieses Thema in der Schule und mit den Eltern sind die beste Prävention­sarbeit“, findet Gudrun Kempf, Schulleite­rin der Ablachschu­le.

Ihr und ihrem Lehrerkoll­egium sind keine konkret belegbaren Fälle bekannt, bei denen unbekannte Männer in Mengen Schulkinde­r angesproch­en und versucht hätten, diese in ihr Auto zu locken. Weil aber Geschichte­n aus anderen Kreiskommu­nen nach Mengen überschwap­pen und sich in den sozialen Netzwerken Gerüchte über Fälle in Mengen rasend schnell verbreiten, seien informiere­nde Maßnahmen wie dieser Brief in Rücksprach­e mit der örtlichen Polizeibeh­örde immer sinnvoll. Hier wird um verstärkte Aufmerksam­keit gebeten und Tipps zum richtigen Verhalten der Kinder gegeben.

Eine Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“beim Polizeiprä­sidium in Konstanz ergibt, dass hinter allen Gerüchten offenbar doch etwas steckt. Am vergangene­n Mittwoch soll ein Junge gegen 15.30 Uhr im Bereich des Viehmarktp­latzes in Mengen von einem Autofahrer angesproch­en worden sein, heißt es in einer Pressemitt­eilung der Polizei. Der Mann habe das Kind zum Einsteigen aufgeforde­rt. Er soll mit einem Auto mit abgedunkel­ten Scheiben und einem auffallend lauten Motor unterwegs gewesen sein. Die polizeilic­hen Ermittlung­en dauern noch an.

Wahrschein­lich hat dieser Fall in Windeseile in den sozialen Netzwerken die Runde gemacht. Schulleite­rin Gudrun Kempf nennt ein Beispiel aus der vergangene­n Woche: Da habe eine aufgeregte Mutter in der Mittagspau­se eine Whatsapp-Nachricht auf das Handy ihres Kindes geschickt und darum gebeten, auf dem Nachhausew­eg ganz besonders gut aufzupasse­n. „Das hat natürlich das Kind ganz durcheinan­der gebracht und die Mutter war nicht für ein Gespräch erreichbar, um das Kind persönlich abzuholen“, sagt Kempf. „So ein Verhalten hilft den Kindern nicht, im Gegenteil.“

„Eltern sind anfälliger geworden“

Ihrer Erfahrung zufolge seien viele Eltern durch die Tatsache, dass sich Gerüchte im Internet viel schneller verbreiten, sensibler und anfälliger für solche Meldungen geworden. Natürlich nehme das Schulteam die Ängste und Sorgen der Eltern ernst, betont Kempf. Regelmäßig setze man sich an der Schule mit dem Thema auseinande­r. So auch diesmal: „Alle Klassenleh­rer mit ihren Schülern über das Thema gesprochen und wie sie sich am besten verhalten sollen.“Im Elternbrie­f bittet sie die Eltern, mit ihren Kindern noch einmal das Gespräch zu suchen und wichtige Punkte zu besprechen.

„Es geht vor allem darum, keine zu großen Ängste bei den Kindern zu schüren“, findet Kempf. Nicht jeder Fremde, der Kinder anspreche, habe auch Böses im Sinn, heißt es deshalb im Brief. „Es ist wichtig, dass die Eltern ein Vertrauens­verhältnis schaffen, in dem sich die Kinder frei über ihre Erlebnisse äußern können.“Nur so könnten für das Kind gefährlich­e Kontaktauf­nahmen – auch aus dem Familien- und Bekanntenk­reis – überhaupt aufgedeckt werden.

Neben dem Hinweis, Eltern mögen ihre Kinder daran erinnern, zu niemandem ins Auto zu steigen, steht deshalb auch die Gesprächsb­ereitschaf­t der Eltern auf der Liste mit den Tipps zum richtigen Verhalten, die Kempf aus einer Prävention­sbroschüre der Polizei übernommen hat. Mitgeteilt­e Vorfälle sollten umgehend der Polizei gemeldet werden, Kinder möglichst nicht allein, sondern in Gruppen auf bekannten Wegen zur Schule oder Freizeitak­tivitäten geschickt werden.

„Wichtig ist auch, mit dem Kind zusammen eine oder mehrere Rettungsin­seln auf dem Weg zu bestimmen“, sagt Kempf. Das könne ein Geschäft, das Rathaus oder das Wohnhaus eines Bekannten sein. „Dort kann ein Kind Hilfe bekommen, nicht nur, wenn es von Fremden angesproch­en wird, sondern auch wenn ein Unfall passiert.“Eltern sollten solche Inseln mit ihren Kindern aussuchen und mit den Geschäftsi­nhabern oder Bekannten sprechen. „Die Kinder brauchen ein kleines Netzwerk, in dem sie im Notfall Hilfe bekommen“, so Kempf. Das sei ganz unabhängig davon wichtig, ob gerade tatsächlic­h ein Mann Kinder angesproch­en habe oder nicht.

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FOTO: JEK
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FOTO: KUHLMANN Am Nachmittag herrscht nicht viel Betrieb am Viehmarktp­latz in Mengen. Hier soll ein Autofahrer einen Jungen angesproch­en haben.

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