Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Mengen: Mann spricht einen Jungen an
Ablachschule informiert mit Elternbrief über richtiges Verhalten.
MENGEN - Ein unbekannter Autofahrer soll am vergangenen Mittwoch in Mengen einen Jungen im Bereich des Viehmarktplatzes in Mengen angesprochen und ihn zum Einsteigen aufgefordert haben. Dieser und ein ähnlicher Fall, der sich am selben Tag in Rengetsweiler (siehe Kasten) ereignet haben soll, haben bei Eltern in der Region Aufregung ausgelöst. Um diese Sorgen ernst zu nehmen und Familien noch einmal zu vergegenwärtigen, wie Eltern und ihre Kinder sich in einer solchen Situation verhalten sollen, haben die Schulleitungen der Mengener Ablachschule und der Grundschule Wald sich am Donnerstag entschlossen, Elternbriefe zu verfassen. „Gespräche über dieses Thema in der Schule und mit den Eltern sind die beste Präventionsarbeit“, findet Gudrun Kempf, Schulleiterin der Ablachschule.
Ihr und ihrem Lehrerkollegium sind keine konkret belegbaren Fälle bekannt, bei denen unbekannte Männer in Mengen Schulkinder angesprochen und versucht hätten, diese in ihr Auto zu locken. Weil aber Geschichten aus anderen Kreiskommunen nach Mengen überschwappen und sich in den sozialen Netzwerken Gerüchte über Fälle in Mengen rasend schnell verbreiten, seien informierende Maßnahmen wie dieser Brief in Rücksprache mit der örtlichen Polizeibehörde immer sinnvoll. Hier wird um verstärkte Aufmerksamkeit gebeten und Tipps zum richtigen Verhalten der Kinder gegeben.
Eine Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“beim Polizeipräsidium in Konstanz ergibt, dass hinter allen Gerüchten offenbar doch etwas steckt. Am vergangenen Mittwoch soll ein Junge gegen 15.30 Uhr im Bereich des Viehmarktplatzes in Mengen von einem Autofahrer angesprochen worden sein, heißt es in einer Pressemitteilung der Polizei. Der Mann habe das Kind zum Einsteigen aufgefordert. Er soll mit einem Auto mit abgedunkelten Scheiben und einem auffallend lauten Motor unterwegs gewesen sein. Die polizeilichen Ermittlungen dauern noch an.
Wahrscheinlich hat dieser Fall in Windeseile in den sozialen Netzwerken die Runde gemacht. Schulleiterin Gudrun Kempf nennt ein Beispiel aus der vergangenen Woche: Da habe eine aufgeregte Mutter in der Mittagspause eine Whatsapp-Nachricht auf das Handy ihres Kindes geschickt und darum gebeten, auf dem Nachhauseweg ganz besonders gut aufzupassen. „Das hat natürlich das Kind ganz durcheinander gebracht und die Mutter war nicht für ein Gespräch erreichbar, um das Kind persönlich abzuholen“, sagt Kempf. „So ein Verhalten hilft den Kindern nicht, im Gegenteil.“
„Eltern sind anfälliger geworden“
Ihrer Erfahrung zufolge seien viele Eltern durch die Tatsache, dass sich Gerüchte im Internet viel schneller verbreiten, sensibler und anfälliger für solche Meldungen geworden. Natürlich nehme das Schulteam die Ängste und Sorgen der Eltern ernst, betont Kempf. Regelmäßig setze man sich an der Schule mit dem Thema auseinander. So auch diesmal: „Alle Klassenlehrer mit ihren Schülern über das Thema gesprochen und wie sie sich am besten verhalten sollen.“Im Elternbrief bittet sie die Eltern, mit ihren Kindern noch einmal das Gespräch zu suchen und wichtige Punkte zu besprechen.
„Es geht vor allem darum, keine zu großen Ängste bei den Kindern zu schüren“, findet Kempf. Nicht jeder Fremde, der Kinder anspreche, habe auch Böses im Sinn, heißt es deshalb im Brief. „Es ist wichtig, dass die Eltern ein Vertrauensverhältnis schaffen, in dem sich die Kinder frei über ihre Erlebnisse äußern können.“Nur so könnten für das Kind gefährliche Kontaktaufnahmen – auch aus dem Familien- und Bekanntenkreis – überhaupt aufgedeckt werden.
Neben dem Hinweis, Eltern mögen ihre Kinder daran erinnern, zu niemandem ins Auto zu steigen, steht deshalb auch die Gesprächsbereitschaft der Eltern auf der Liste mit den Tipps zum richtigen Verhalten, die Kempf aus einer Präventionsbroschüre der Polizei übernommen hat. Mitgeteilte Vorfälle sollten umgehend der Polizei gemeldet werden, Kinder möglichst nicht allein, sondern in Gruppen auf bekannten Wegen zur Schule oder Freizeitaktivitäten geschickt werden.
„Wichtig ist auch, mit dem Kind zusammen eine oder mehrere Rettungsinseln auf dem Weg zu bestimmen“, sagt Kempf. Das könne ein Geschäft, das Rathaus oder das Wohnhaus eines Bekannten sein. „Dort kann ein Kind Hilfe bekommen, nicht nur, wenn es von Fremden angesprochen wird, sondern auch wenn ein Unfall passiert.“Eltern sollten solche Inseln mit ihren Kindern aussuchen und mit den Geschäftsinhabern oder Bekannten sprechen. „Die Kinder brauchen ein kleines Netzwerk, in dem sie im Notfall Hilfe bekommen“, so Kempf. Das sei ganz unabhängig davon wichtig, ob gerade tatsächlich ein Mann Kinder angesprochen habe oder nicht.