Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ulm erhält neues Nato-Zentrum
ULM (mö) - Das neue Kommandozentrum der Bundeswehr für schnelle Truppen- und Materialtransporte der Nato wird in Ulm angesiedelt. Das Zentrum werde laut Verteidigungsministerium am Standort des Multinationalen Kommandos Operative Führung eingerichtet. Die offizielle Entscheidung darüber fällt im Juni 2018. Die Strukturveränderungen sind eine Reaktion der Nato auf die zuletzt als aggressiv wahrgenommene Politik Russlands.
Den „Nato-Tüv“hat das Ulmer Multinationale Kommando Operative Führung erst noch vor sich. Im Mai will der Stab unter Generalleutnant Jürgen Knappe den Nato-Prüfern seine Fähigkeiten zur Führung weltweiter Krisenmanagement-Einsätze mit bis zu 60 000 Soldaten beweisen. So möchte der Standort die begehrte Zertifizierung erhalten.
Und schon warten erste, aber gänzlich neue Aufgaben auf die Militärs aus der Donaustadt: Sie sollen das neue Kommandozentrum für schnelle Truppen- und Materialtransporte der Nato aufbauen. Die Verlegung von Truppen und Material auf der „Drehscheibe Deutschland“muss geplant und koordiniert werden. Soldaten und Waffen brauchen Schutz auf dem Weg, Straßen und Häfen müssen gesichert werden.
Drei Aspekte sind für diesen Vorschlag des Bundesverteidigungsministeriums, den die Ressortchefs des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses im Juni zweifelsfrei annehmen werden, ausschlaggebend. Die Nato konzentriert sich angesichts der als aggressiv wahrgenommenen Politik Russlands wieder stärker auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg drängt die Bündnispartner seit langem, Strukturen und Fähigkeiten wieder aufzubauen. Nach Ende des Kalten Krieges sind diese massiv abgebaut worden. Von den zeitweise mehreren Dutzend Hauptquartieren sind nach Nato-Angaben heute nur noch sieben übrig.
Doch die angestrebte Stärkung der Kommando- und Streitkräftestruktur ist nicht von heute auf morgen umzusetzen. Spezialisten für die Führung von Einsätzen mit Heer, Luftwaffe, Marine, im Cyberraum und mit Spezialkräften müssen gefunden, ausgebildet und trainiert werden. Der Aufbau der komplexen Kommandostruktur dauert Jahre. Hier trifft es sich gut, dass die Bundeswehr dem Bündnis das Kommando bald „einsatzbereit“melden kann. Schließlich ist die Führung des Verteidigungsministeriums froh, dem Bündnis schnell einen relevanten Beitrag anbieten zu können, ohne eigene, durch die vielen Auslandseinsätze hoch strapazierten Strukturen zusätzlich zu beanspruchen.
Im Bündnis gibt es gut zu tun
Auf den Fluren des Berliner BendlerBlocks, dem Sitz des Verteidigungsministeriums, war in den vergangenen Jahren immer wieder die Frage zu hören, wann das Ulmer Kommando endlich Einsatzaufgaben wahrnehmen würde. Diese Fragen dürften jetzt Geschichte sein, denn im Bündnis gibt es gut zu tun. Sorgen bereiten neben dem Zustand von militärisch nutzbaren Straßen- und Schienenverbindungen in Richtung Osten vor allem bürokratische Hürden beim Transport von Truppen und Ausrüstung.
In Ulm will man sich der neuen Aufgabe schnell stellen: „Wir haben mit der Prüfung begonnen“, heißt es.