Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Zahl der Asylklagen schnellt nach oben
Das Sigmaringer Verwaltungsgericht schafft 20 neue Stellen und mietet in der Stadt neue Räume an
SIGMARINGEN - Die Zahl der am Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängigen Asylverfahren ist sprunghaft angestiegen: Wie die Verantwortlichen des Gerichts in einer Pressekonferenz am Dienstag mitteilten, reichten am Sigmaringer Gericht im vergangenen Jahr mehr als 7000 Asylbewerber Klage gegen ihren abgelehnten Asylantrag ein. Im Vergleich zum Vorjahr sind diese Zahlen mehr als doppelt zu hoch. Der Präsident des Gerichts, Malte Graßhof, rechnet damit, dass die Zahl der neuen Verfahren in den kommenden Monaten wieder zurückgehen wird. Um die angestauten Fälle abzuarbeiten, werde das Gericht Jahre benötigen.
Das Gericht stockt sein Personal stetig auf: In den vergangenen vier Jahren nahm die Zahl der Richter und Verwaltungsmitarbeiter um ein Drittel auf insgesamt 60 Stellen zu. Die Hälfte der Stellen besetzen Richter. Da in den beiden Gerichtsgebäuden an der Karlstraße keine Arbeitsplätze mehr zur Verfügung stehen, mietete das Verwaltungsgericht zwei Außenstellen an: Eine Kammer arbeitet im Landeshaus an der Antonstraße, an der Fürst-Wilhelm-Straße im früheren Tattoo-Studio gegenüber vom Fachmarktzentrum wird das Gericht weitere Räume anmieten. Sobald sie zur Verfügung stehen, ist das Verwaltungsgericht in zehn Kammern gegliedert. Da sich die jeweiligen Kammern auf bestimmte Länder spezialisiert haben, sind sie alle mit Asylverfahren befasst.
Betrachtet man die eingegangenen Asylverfahren nach Herkunftsländern, dann fällt auf, dass das Bürgerkriegsland Syrien (2017: 848 Eingänge) auf Rang vier abgerutscht ist. Am häufigsten beschäftigen die Richter Klagen von Asylbewerbern aus Gambia (1573), Afghanistan (1089), Nigeria (901) und Irak (577). Verfahren von Asylbewerbern aus Afghanistan und dem Irak seien besonders zeitintensiv, erklärten die Richter. Sie müssten herausfinden: Welcher Volksgruppe gehört der Kläger an? Welcher islamischen Glaubensrichtung? Aus welchem Landesteil stammt er? „Wir fragen nach Details und überprüfen diese“, sagt Otto-Paul Bitzer, der Pressesprecher des Gerichts. Um herauszufinden, ob die Darstellungen der Kläger glaubwürdig sind, überprüfen die Richter externe Quellen wie Berichte von Menschenrechtsorganisationen oder fragen direkt bei deutschen Auslandsvertretungen nach.
Wegen dieser zeitintensiven Fälle wird für 2018 eine steigende Bearbeitungsdauer vorausgesagt. Vizepräsident Stefan Röck: „Die Verfahrensdauer geht deutlich nach oben.“
Jede dritte Klage war erfolgreich
Etwa 40 Prozent aller abgelehnten Asylbewerber reichten eine Klage ein, so die Richter. Im vergangenen Jahr sei jede dritte Klage erfolgreich gewesen. Dies hing damit zusammen, dass vor dem Gericht viele Syrer Recht bekommen hätten. Generell komme die Erfolgsquote auf das Herkunftsland an. Falls mittellose Asylbewerber sich einen Anwalt nehmen wollten, können sie beim Gericht Prozesskostenhilfe beantragen. Je höher die Erfolgswahrscheinlichkeit der Klage, desto eher gewährt das Gericht die Anträge.