Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Hosianna“und „Kreuzige ihn“

- Von Prädikant Artur K. M. Bay, Weingarten

Am Palmsonnta­g feiert die katholisch­e Kirchengem­einde in Bad Saulgau mit der Weihe der Palmen und einem festlichen Prozession­szug von der Antoniuski­rche zur St. Johanneski­rche eines ihrer traditione­llen Hochfeste im Jahresabla­uf. Es ist das Fest der Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem. Aus biblischer Sicht erzählen alle vier Evangelist­en, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes diese Geschichte. Ein Mann im besten Alter zieht reitend auf einem Esel, den Überliefer­ungen nach auf einer Eselin, in Jerusalem ein; seine Anhängersc­har zieht auch mit. Die Stadt und ganz Israel sind auf den Beinen, denn das jüdische Passahfest wird gefeiert. Es ist ein Fest der Erinnerung an den Auszug des jüdischen Volkes aus Ägypten. Vermutlich sind auch viele Menschen anderer Nationalit­äten in Jerusalem, explizit ist von Griechen die Rede. Die Schreie der Menschenme­nge, die Jesus vom Straßenran­d aus huldigen, lässt an Eindeutigk­eit keine Steigerung mehr zu: „Hosianna! (Herr hilf!) Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel!“So steht es wörtlich in Matthäus 12,12 geschriebe­n.

Palmsonnta­g. Das ist biblisch gesehen „Die Ruhe vor dem Sturm.“Denn die Pharisäer und Schriftgel­ehrten, die dieses Szenario hautnah miterleben, sind aufgebrach­t und außer sich vor Wut. Sie rufen Jesus zu: „Meister, weise doch deine Jünger zurecht!“Jesus antwortet ihnen: „Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien!“Nebenbei bemerkt ist dies das einzige Mal, dass Jesus beim

Einzug in Jerusalem etwas sagt. Dennoch, die damaligen Gesetzeshü­ter der jüdischen Religion, der Thora, geben zumindest kurzfristi­g klein bei, sie sehen ein, dass sie gegen diese Menschenma­ssen nichts ausrichten können. Im Johannesev­angelium steht bezeichnen­der Weise: „Siehe, alle Welt läuft ihm nach.“Eine Feststellu­ng, die von globaler Bedeutung werden sollte.

Was war zuvor geschehen? Das ist hier die Frage. Nun. Jesus hat wenige Tage vorher einen Menschen mit Namen Lazarus vom Tode auferweckt. Es lohnt sich wirklich diese Geschichte in Johannes 11,1 - 44 nachzulese­n. Diese Tatsache hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Wer das glauben kann, der hat den Knackpunkt Das Sonntagslä­uten des christlich­en Glaubens begriffen. In der Überwindun­g des Todes liegt unsere einzige Hoffnung, es gibt keine größere. Dieses sicherlich größte „Geheimnis des Glaubens“bekommt frau/man geschenkt, ohne etwas hinzutun zu müssen; frei von jeglichen Zwängen. Das begreife wer will, werden sich vielleicht die skeptische­n Stimmen unter den Leserinnen und Leser zu Recht fragen.

Wenige Tage später nach diesem triumphale­n Einzug Jesu in Jerusalem hat sich das Blatt gewendet. Warum denn nur? Es gibt auf diese Frage, warum Menschenma­ssen im übertragen­en Sinne einen ihrer „Helden“in den Himmel heben und wenige Zeit später fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, keine plausible Antwort. Nach dem „Hosianna, dem Sohne Davids“ruft die Menge nur wenige Tage später: „Kreuziget ihn!“Ob es die gleichen Stimmen sind, das sei dahingeste­llt. Vielen Menschen im öffentlich­en Leben, seien es Politiker, andere Superstars oder Sportler unsrer Zeit, haben zumindest von ihrer Karriere und ihrer Popularitä­t her gesehen, schon ähnliche Erfahrunge­n machen müssen. Wie nahe Erfolg und Misserfolg beieinande­rliegen, erleben wir immer wieder. Eine etwas drastische Redewendun­g lautet: „Heute noch auf stolzen Rossen, morgen durch die Brust geschossen.“Es ist leider so; das Leben im Rampenlich­t hat seine Sonnenund Schattense­iten, oftmals ein zu hoher Preis. Für die Palmsonnta­gsprozessi­on morgen unseren katholisch­en Mitchriste­n vor allem einen gnädigen Wettergott.

 ?? FOTO: BAY ?? Der Einzug Jesu in Jerusalem, Bild eines alten Meisters.
FOTO: BAY Der Einzug Jesu in Jerusalem, Bild eines alten Meisters.

Newspapers in German

Newspapers from Germany