Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Gericht weist Klage der Stadt Scheer ab

Es können keine Schadenser­satzansprü­che gegen Architekte­n geltend gemacht werden

- Von Jennifer Kuhlmann

SCHEER - Die Richter der vierten Zivilkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg haben ihre Meinung nicht geändert: Sie haben am Donnerstag die Klage der Stadt Scheer gegen den Architekte­n abgewiesen, der für die Planung und die Bauüberwac­hung des Krippenanb­aus für das Kinderhaus Sonnensche­in verantwort­lich gewesen ist. Das Gericht sieht die von der Stadt gestellten Schadenser­satzansprü­che als verjährt an.

Nachdem im September 2016 ein großer Wasserscha­den in den Krippenräu­men entdeckt worden war, hatte die Stadt Scheer dem Architekte­n eine Verletzung seiner Pflichten zur fachgerech­ten Planung und sorgfältig­en Bauüberwac­hung vorgeworfe­n und ihn auf Schadenser­satz in Höhe von insgesamt rund 166 000 Euro verklagt. Schon beim Termin am 1. März im Ravensburg­er Landgerich­t hatte der vorsitzend­e Richter der Zivilkamme­r Matthias Schneider deutlich gemacht, dass durch die anstandslo­se Bezahlung einer vom Architekte­n vorgelegte­n Schlussrec­hnung durch die Stadt im März 2011 und die Tatsache, dass im Architekte­nvertrag ausdrückli­ch die Möglichkei­t der Teilabnahm­e festgehalt­en worden war, die Gewährleis­tungsfrist genau zum Zeitpunkt der Bezahlung begonnen hätte und deshalb im März 2016 abgelaufen sei. Die Ansprüche der Stadt seien deshalb als verjährt anzusehen.

Teilabnahm­e ist möglich

Sind die Bauleistun­gen abgenommen, beginnt die fünfjährig­e Gewährleis­tungsfrist. Darin waren sich beide Parteien einig. Bei der Stadt Scheer war man der Auffassung, dass mit der Begleichun­g der Schlussrec­hnung nicht gleich eine Abnahme der Leistungen einherging­e. Zumal ja auch die Phase 9 nach der Honorarord­nung für Architekte­n (die Objektbetr­euung) in der Schlussrec­hnung aufgeführt, aber noch nicht erbracht worden war. Das Gericht sah das anders: Da ein Paragraf im Vertrag der Stadt mit dem Architekte­n ausdrückli­ch der Möglichkei­t der Teilabnahm­e Platz einräumte, müsse die Schlussrec­hnung als Aufforderu­ng eben dieser Teilabnahm­e bis einschließ­lich der Leistungsp­hase 8 (Bauüberwac­hung und Dokumentat­ion) gewertet werden.

Bei dieser Auffassung ist das Gericht geblieben, auch wenn der Rechtsanwa­lt der Stadt Scheer noch eine umfassende Begründung seiner Sichtweise nachgereic­ht hatte. „Die Kammer sieht in er vorbehaltl­osen Zahlung des Gesamtbetr­ags aus der Schlussrec­hnung des Architekte­n zumindest eine Teilabnahm­e der bis zur Baufertigs­tellung erbrachten Leistungen des Architekte­n; bezüglich der zum Zeitpunkt der Zahlung noch ausstehend­en Leistungen macht die Stadt keine Pflichtver­letzungen geltend“, heißt es in der Pressemitt­eilung des Landgerich­ts zum Verkündung­stermin. „Dies hat zur Folge, dass die Verjährung­sfrist von fünf Jahren für Schadenser­satzansprü­che gegen den Architekte­n im März 2011 zu laufen begann und bei Entdeckung der feuchten Stellen bereits abgelaufen war.“

Eine Beweisaufn­ahme dazu, ob dem Architekte­n tatsächlic­h Fehler bei der Planung und Überwachun­g des Bauvorhabe­ns anzulasten sind, habe das Gericht nun gar nicht mehr vornehmen müssen.

Scheers Bürgermeis­ter Lothar Fischer hat bis zum Schluss noch eine kleine Hoffnung gehabt, das Gericht noch umstimmen zu können. Das Urteil und seine Begründung ist der Stadt noch nicht zugestellt worden. „Aber wir werden ja sicher eine Frist von zwei Wochen bekommen, um zu entscheide­n, ob wir in Revision gehen wollen“, sagt er. Mit seinen Gemeinderä­ten habe er erst über das Thema sprechen wollen, wenn er die Abweisung der Klage schwarz auf weiß vorliegen hat. „Jetzt müssen wir überlegen, ob wir es weiter versuchen oder die Sache auf sich beruhen lassen wollen“, sagt er. Fakt sei allerdings, dass unabhängig von einer Revision mit den Sanierungs­arbeiten begonnen werden müsse. „Die beengten Verhältnis­se im Kinderhaus können wir jetzt nicht nochmal ein Jahr so laufen lassen.“

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FOTO: KUHLMANN Krippen- und Kindergart­enkinder müssen seit der Entdeckung des Wasserscha­dens im September 2016 enger zusammenrü­cken.

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