Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Gericht weist Klage der Stadt Scheer ab
Es können keine Schadensersatzansprüche gegen Architekten geltend gemacht werden
SCHEER - Die Richter der vierten Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg haben ihre Meinung nicht geändert: Sie haben am Donnerstag die Klage der Stadt Scheer gegen den Architekten abgewiesen, der für die Planung und die Bauüberwachung des Krippenanbaus für das Kinderhaus Sonnenschein verantwortlich gewesen ist. Das Gericht sieht die von der Stadt gestellten Schadensersatzansprüche als verjährt an.
Nachdem im September 2016 ein großer Wasserschaden in den Krippenräumen entdeckt worden war, hatte die Stadt Scheer dem Architekten eine Verletzung seiner Pflichten zur fachgerechten Planung und sorgfältigen Bauüberwachung vorgeworfen und ihn auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt rund 166 000 Euro verklagt. Schon beim Termin am 1. März im Ravensburger Landgericht hatte der vorsitzende Richter der Zivilkammer Matthias Schneider deutlich gemacht, dass durch die anstandslose Bezahlung einer vom Architekten vorgelegten Schlussrechnung durch die Stadt im März 2011 und die Tatsache, dass im Architektenvertrag ausdrücklich die Möglichkeit der Teilabnahme festgehalten worden war, die Gewährleistungsfrist genau zum Zeitpunkt der Bezahlung begonnen hätte und deshalb im März 2016 abgelaufen sei. Die Ansprüche der Stadt seien deshalb als verjährt anzusehen.
Teilabnahme ist möglich
Sind die Bauleistungen abgenommen, beginnt die fünfjährige Gewährleistungsfrist. Darin waren sich beide Parteien einig. Bei der Stadt Scheer war man der Auffassung, dass mit der Begleichung der Schlussrechnung nicht gleich eine Abnahme der Leistungen einherginge. Zumal ja auch die Phase 9 nach der Honorarordnung für Architekten (die Objektbetreuung) in der Schlussrechnung aufgeführt, aber noch nicht erbracht worden war. Das Gericht sah das anders: Da ein Paragraf im Vertrag der Stadt mit dem Architekten ausdrücklich der Möglichkeit der Teilabnahme Platz einräumte, müsse die Schlussrechnung als Aufforderung eben dieser Teilabnahme bis einschließlich der Leistungsphase 8 (Bauüberwachung und Dokumentation) gewertet werden.
Bei dieser Auffassung ist das Gericht geblieben, auch wenn der Rechtsanwalt der Stadt Scheer noch eine umfassende Begründung seiner Sichtweise nachgereicht hatte. „Die Kammer sieht in er vorbehaltlosen Zahlung des Gesamtbetrags aus der Schlussrechnung des Architekten zumindest eine Teilabnahme der bis zur Baufertigstellung erbrachten Leistungen des Architekten; bezüglich der zum Zeitpunkt der Zahlung noch ausstehenden Leistungen macht die Stadt keine Pflichtverletzungen geltend“, heißt es in der Pressemitteilung des Landgerichts zum Verkündungstermin. „Dies hat zur Folge, dass die Verjährungsfrist von fünf Jahren für Schadensersatzansprüche gegen den Architekten im März 2011 zu laufen begann und bei Entdeckung der feuchten Stellen bereits abgelaufen war.“
Eine Beweisaufnahme dazu, ob dem Architekten tatsächlich Fehler bei der Planung und Überwachung des Bauvorhabens anzulasten sind, habe das Gericht nun gar nicht mehr vornehmen müssen.
Scheers Bürgermeister Lothar Fischer hat bis zum Schluss noch eine kleine Hoffnung gehabt, das Gericht noch umstimmen zu können. Das Urteil und seine Begründung ist der Stadt noch nicht zugestellt worden. „Aber wir werden ja sicher eine Frist von zwei Wochen bekommen, um zu entscheiden, ob wir in Revision gehen wollen“, sagt er. Mit seinen Gemeinderäten habe er erst über das Thema sprechen wollen, wenn er die Abweisung der Klage schwarz auf weiß vorliegen hat. „Jetzt müssen wir überlegen, ob wir es weiter versuchen oder die Sache auf sich beruhen lassen wollen“, sagt er. Fakt sei allerdings, dass unabhängig von einer Revision mit den Sanierungsarbeiten begonnen werden müsse. „Die beengten Verhältnisse im Kinderhaus können wir jetzt nicht nochmal ein Jahr so laufen lassen.“