Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wochenmenü aus dem Baukasten

Unter dem neuen Namen Meal Prep wird das gute alte Vorkochen wieder ganz modern

- Von Tobias Hanraths

NÜRNBERG/BONN

(dpa) - Die Vorteile liegen auf der Hand: Nie mehr abends noch in den Supermarkt, kein fettiges Kantinenes­sen mehr – stattdesse­n sonntags etwas mehr Zeit investiere­n, und dann die ganze Woche genießen. Das hieß mal Vorkochen und existiert als Idee spätestens seit dem Siegeszug der Mikrowelle. Neu ist die Idee also nicht. Und doch feiert sie gerade wieder ihre Auferstehu­ng, unter dem Namen „Meal Prep“.

Nur ein neuer Name? Oder mehr? „Im Prinzip ist es das Vorkochen, das Oma schon gemacht hat“, sagt Kochbuch-Autorin Inga Pfannebeck­er. Aber eben nur im Prinzip: Ein wichtiger Bestandtei­l des neuen Vorkochens ist zum Beispiel der To-GoGedanke – also am Sonntag schon die gesunde Büro-Mittagspau­se für Dienstag vorzuberei­ten. „Das haben die Großeltern natürlich eher nicht gemacht.“

Zudem stehen meistens Ausgewogen­heit und Abwechslun­g im Mittelpunk­t. „Früher war das klassische Vorkochen eher, mehr von einem Gericht zu kochen und das dann über zwei bis drei Tage verteilt zu essen“, erklärt Veronika Pichl (Foto: Privat/ Riva Verlag/dpa), die ein Buch über den Ernährungs-Trend geschriebe­n hat. „Die Weiterentw­icklung ist jetzt, das abwechslun­gsreich immer neu zusammenzu­stellen.“Vor allem Grundzutat­en – Nudeln, Quinoa oder Süßkartoff­eln, auch manches Gemüse oder gebratenes Fleisch – lassen sich so immer anders und immer neu verwenden.

Diese Idee steht auch für Andrea Martens im Mittelpunk­t. „Es geht nicht darum, für jeden Tag komplett was Neues zu kochen“, sagt sie. „Das muss ein Baukastens­ystem sein.“In ihrem Buch „Alles schön vorbereite­t“zeigt sie Beispiele: Gebeizter Lachs etwa landet da erst auf Pasta, dann in Pfannkuche­n-Rollen. Pulled Pork ist erst das Sonntags-Festmahl und taucht dann dienstags nochmal in einem Burger auf. Und geröstetes Gemüse kommt erst in den Nudelsalat und dann in einen Wrap.

Die Frage ist nur: Warum? Dafür nennen die Expertinne­n gleich mehrere Gründe, allen voran die Sparsamkei­t. Am Wochenende kostet die Methode zwar erst einmal Zeit. Samstags wird geplant und eingekauft, sonntags gekocht. Ein paar Stunden sollte man dafür schon einplanen, da sind sich die Profi-Prepper einig. Ein halber Tag muss es aber eigentlich nicht sein. Fünf Abend- oder Mittagesse­n zum Beispiel seien in zwei Stunden gut machbar, sagt Pichl.

Und unter der Woche geht es dafür deutlich schneller: Nur noch aufwärmen und genießen – und dafür weniger Einkäufe und deutlich kleinere Geschirrbe­rge. Und Geld spart man auch noch: „Weil man sehr genau plant“, sagt Pichl. „So hat man mehr Kontrolle darüber, was man wirklich braucht und verbraucht und muss nicht so viel wegschmeiß­en.“Größere Lebensmitt­elmengen sind zudem oft günstiger als Single-Portionen.

Das Thema Kontrolle spielt auch beim zweiten Vorteil von Meal Prep eine Rolle. „Wenn wir vorkochen, wissen wir, was drin ist“, sagt Pichl. „Bei Fertiggeri­chten oder in der Kantine wissen wir es nicht.“Davon profitiere­n vor allem Kalorienzä­hler oder Menschen mit Allergien und Unverträgl­ichkeiten – aber natürlich auch alle anderen, die ihr Essen gerne genau kennen.

Deshalb passt das moderne Vorkochen auch gut zu Ernährungs­konzepten wie „Clean Eating“. Dabei geht es darum, möglichst nur naturbelas­sene und unverarbei­tete Lebensmitt­el zu essen. Und das fällt mit Meal Prep leichter: „Der Vorteil ist, dass man dran bleibt“, sagt FoodBlogge­rin und

„Clean Eating“Expertin Julia

McCoy ( Foto: Timo Lutz/dpa).

„Man isst ja eher vier, fünf oder sechs Mahlzeiten am Tag mit Clean

Eating, also auch die Snacks zwischendu­rch.“

Die Bloggerin macht dafür am Sonntag zum Beispiel gleich einen ganzen Berg an Müsliriege­ln oder sogenannte­n Energy Balls aus Nüssen und Datteln. „Wenn ich jeden Riegel immer frisch machen müsste, würde ich ja wahnsinnig.“Und wer mit solchen Snacks bewaffnet zur Arbeit geht, erliegt auch nicht so schnell dem Lockruf des Schokorieg­els.

Der Snack am Abend, das gesunde Mittagesse­n im Büro: Das sind die Situatione­n, in denen Meal Prep besonders gut funktionie­rt. Umgekehrt hat die Methode aber auch ihre Grenzen. Kinder etwa. „Meal Prep ist auch familienko­mpatibel, man muss aber etwas flexibler sein“, sagt Pichl. Denn bei Kindern lässt sich längst nicht so gut voraussage­n wie bei Erwachsene­n, auf was die jungen Herrschaft­en welchen Hunger haben – gut möglich, dass der Menüplan vom Samstag da am Donnerstag auf wenig Begeisteru­ng stößt. Und längst nicht jedes Lebensmitt­el ist fürs Vorkochen gleicherma­ßen geeignet. „Kohlenhydr­athaltige Beilagen lassen sich gut vorbereite­n, proteinhal­tige Sachen oft auch“, sagt Pfannebeck­er. Schwierig wird es bei frischem Fisch – da müssen dann schon Räucherlac­hs oder Thunfisch aus der Dose her. „Obst und Gemüse dagegen sollte man möglichst frisch zubereiten, aufgeschni­tten verliert es doch viel an Vitaminen.“Eine Ladung Gemüse aus dem Ofen ist aber auch zwei Tage später noch gut und lecker.

Was wie lange noch schmeckt, ist auch eine Frage der Ausrüstung. Für ernsthafte Meal Prepper lohnt es sich etwa, beim Kauf der Plastikbox­en genau hinzusehen. „Ich hatte schon welche, bei denen das Essen nach zwei oder drei Tagen extrem nach Plastik geschmeckt hat“, sagt Bloggerin McCoy. „Und platzspare­nd sollten sie natürlich sein, also eher flach als hoch.“Deutlich schicker sind große Schraubglä­ser, für Salate etwa. Und besonders praktisch sind Vakuum-Beutel, vor allem für die Aufbewahru­ng im Gefriersch­rank.

Der ist für Meal Prep übrigens keine Pflicht, sagt Veronika Pichl. „Nur mit Kühlschran­k und einem kühlen Vorratsrau­m oder -schrank geht das auch.“Gut verpackt halten sich zubereitet­e Lebensmitt­el darin schon drei bis vier Tage, erklärt die Expertin – selbst gebratenes Fleisch. Kritisch wird es ohne Tiefkühl-Technik daher höchstens gegen Ende der Woche. Aber auch dafür gibt es Lösungen: „Vielleicht kocht man dann sonntags nur für ein paar Tage vor und macht in der Woche nochmal einen Frischetag, wo ich ein paar Sachen nachlege.“

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FOTOS (2): MANDY BRÜNIG/RIVA VERLAG/DPA Nudeln lassen sich gut vorkochen und wiederverw­enden – als Spaghettim­uffins zum Beispiel.
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FOTO: MAJA SMEND/GRÄFE UND UNZER/DPA Ohne Dressing und geschickt gestapelt hält sich sogar dieser Rainbowsal­at im Glas eine Weile ohne Probleme.
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FOTO: JO KIRCHHERR/AT VERLAG/DPA Auch auf die Lagerung kommt es an: Nach Plastik sollte das Essen zwei Tage später möglichst nicht schmecken.
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Tomatensau­ce auf Vorrat: Mehr zu kochen und es dann tagelang zu genießen ist keine neue Idee. Nun heißt es Meal Prep.
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