Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Madrid zeigt sich erleichert
Regierung spricht von „guter Nachricht“– In Katalonien kommt es zu Ausschreitungen
MADRID - Die spanische Regierung hat erleichtert auf die Festnahme des katalanischen Separatistenchefs Carles Puigdemont reagiert. Vize-Regierungschefin Soraya Saenz de Santamaria sagte, dies sei eine „gute Nachricht“. Es zeige, dass Europa „ein Raum des Rechts“sei, sagte die Katalonien-Beauftragte der konservativen spanischen Regierung. Dem früheren katalanischen Ministerpräsidenten Puigdemont wird in Spanien Rebellion und Veruntreuung vorgeworfen.
Innenminister Juan Ignacio Zoido wies derweil den Vorwurf zurück, dass Puigdemont und weitere katalanische Politiker wegen ihrer politischen Anschauungen verfolgt würden. Deswegen seien die in Untersuchungshaft sitzenden Separatisten auch „keine politischen Gefangenen“. Die spanische Justiz sei nicht wegen der Ideen der Separatistenführer tätig geworden, „sondern wegen ihrer schwerwiegenden Handlungen, bei denen sie gewarnt worden sind, dass diese rechtliche Konsequenzen haben werden“.
Auch Spaniens Oppositionsführer, der Sozialistenchef Pedro Sánchez, verteidigte die Festnahme: „Niemand steht über dem Gesetz.“
Kritik kam derweil von der linksalternativen Protestpartei Podemos. Deren Generalsekretär Pablo Iglesias warnte: „Die Krise in Katalonien wird nicht mit Verhaftungen und Gefängnis gelöst.“Sie erfordere „eine politische Antwort und Dialog“.
Doch Verhandlungen zwischen Zentralregierung und katalanischen Separatisten sind nicht in Sicht. In Katalonien gibt es drei Monate nach der Wahl noch keine neue Regionalregierung und damit keinen politischen Ansprechpartner. Auch ist die Stimmung im katalanischen Unabhängigkeitslager aufgeheizt wie schon seit Monaten nicht mehr. Bei Demonstrationen von Separatisten in Barcelona, Tarragona und Lleida kam es zu Auseinandersetzungen mit der katalanischen Polizei. Fast 100 Menschen, Demonstranten und Polizisten, wurden verletzt. Das Zentrum der Proteste war die Regionalhauptstadt Barcelona, wo mehrere zehntausend Menschen auf die Straße gingen und vor der Botschaft der spanischen Regierung „Freiheit für Puigdemont“skandierten.
Derweil scheinen sich die Risse im Unabhängigkeitslager vorübergehend zu schließen. Die drei katalanischen Separatistenparteien Junts per Catalunya, Esquerra Republicana und CUP verhandelten über einen neuen Vorstoß im Regionalparlament, um Puigdemont doch noch zum neuen katalanischen Ministerpräsidenten zu wählen. Den Tatbestand der Rebellion gibt es in Deutschland nicht. Es gibt hierzulande zwar den Tatbestand des Hochverrats. Doch dieser setzt den Einsatz von Gewalt voraus und ist mit der „Rebellion“, so wie er von der spanischen Justiz interpretiert wird, nicht vergleichbar. Die friedlichen Demonstrationen, zu denen Puigdemont aufgerufen hat, reichen in Deutschland vermutlich nicht aus für eine Auslieferung. Dann bleibt der Vorwurf der Untreue. Die Strafe dafür müsste allerdings ein bestimmtes Mindestmaß erreichen. Das muss nun das OLG entscheiden.
Kann Puigdemont die Ausweisung juristisch umgehen?
Er hat eine Chance in einem Verfahren vor dem OLG, da die beiden Vorwürfe gegen ihn nicht als sogenannte Katalogstraftaten gelistet sind. Gelingt ihm das so nicht, hätte er mit einem Asylantrag kaum eine Chance. Spanien ist ein Rechtstaat, der Menschen nicht systematisch politisch verfolgt. Genau das setzt Asyl jedoch voraus. Wenn jemand politisch motivierte Straftaten begeht und dafür zur Verantwortung gezogen wird, ist das für sich noch kein Asylgrund. Es müsste Puigdemont gelingen, darzulegen, dass die strafrechtliche Verfolgung in Spanien beispielsweise wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder vor allem gegen seine politische Überzeugung gerichtet ist und dass er dagegen vor spanischen Gerichten keinen Rechtschutz erwarten kann. Das dürfte wohl nicht gelingen.