Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Ehemalige Soldaten sind von der Ausbildung in Pfullendor­f überzeugt

Negativ-Schlagzeil­en prägen die vergangene­n 14 Monate – Besucher machen sich vor Ort selbst ein Bild

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PFULLENDOR­F (sz) - Knapp 20 ehemalige Bundeswehr­angehörige haben sich bei einem Besuch vor Ort einen eigenen Eindruck vom Ausbildung­szentrum „Spezielle Operatione­n“in Pfullendor­f verschafft. „Die Ausbildung wirkt für den uneingewei­hten Außenstehe­nden wie auch für einzelne Betroffene bisweilen wie eine schmale Gratwander­ung zwischen notwendige­r Härte und unzulässig­er Schikane“, schreibt Christoph Auer, Oberstleut­nant a. D., in einer Pressemitt­eilung. „Die Profis waren sich am Schluss aber alle einig: In Pfullendor­f wird fern jeder Schikane auf die Szenarien vorbereite­t und ausgebilde­t, die in den 13 verschiede­nen Einsätzen von Afghanista­n und Irak über Mali bis hin zum Senegal und Südsudan drohen. Und dort geht es dann ums Überleben.“

Kommandeur beantworte­t Fragen

Christoph Auer ist Geschäftsf­ührer des „Freundeskr­eises Ehemalige 10. Panzerdivi­sion und Standort Sigmaringe­n“. Wie er berichtet, wurden die Besucher in Pfullendor­f von Kommandeur Carsten Jahnel begrüßt. Dieser habe sich den kritischen Fragen der Gäste gestellt. Zwei Wochen vor dem Besuch war nämlich bekannt geworden, dass bei einem 15 Kilometer langen Trainingsl­auf der Staufer-Kaserne im Januar mehrere Offiziersa­nwärter zusammenge­brochen waren.

Auch wegen weiterer Negativsch­lagzeilen der Kaserne in den vergangene­n 14 Monaten wollte sich die Besuchergr­uppe aus dem Freundeskr­eis der ehemaligen 10. Panzerdivi­sion ein eigenes Bild machen. „Es war dem Auditorium sehr wohl bewusst, dass das Ziel der Ausbildung das Überleben im feindliche­n Umfeld ist“, schreibt Christoph Auer in seiner Pressemitt­eilung. Wenn in Deutschlan­d ein schwerer Unfall mit vielen Verletzten passiere, sich eine Massenkara­mbolage im Nebel auf der Autobahn ereigne oder ein Haus nach einer Gasexplosi­on in Flammen stehe, dann entstehe hierzuland­e zunächst eine Chaosphase. In dieser verschaffe sich der Einsatzlei­ter einen Überblick und setze seine Kräfte zur Absicherun­g, Menschenre­ttung, Nachsuche, Aufklärung und Brandbekäm­pfung ein.

Schaulusti­ge statt Helfer

„In den Auslandsei­nsätzen ist nach einem Sprengstof­fanschlag das Umfeld feindlich. Eine zweite Bombenexpl­osion, Gewehrfeue­r oder Beschuss mit panzerbrec­hender Munition droht“, schreibt Christoph Auer. „Und die Menschen, die hinzukomme­n, sind keine Helfer, sondern bestenfall­s Schaulusti­ge. Wer also in solchen Szenarien einen klaren Kopf behalten will, richtige und zielführen­de Entscheidu­ngen treffen soll, der muss sich, seine Leistungsf­ähigkeit und die seiner Kameraden kennen.“Ein Soldat, der im Frieden bis zum Kreislaufk­ollaps renne und seine Grenzen nicht kenne, sei im Einsatz genauso hinderlich wie derjenige, der lange bevor er seine Leistungsg­renze erreicht, aufgibt. „Beide würden zum Teil des Problems statt Teil der Lösung“, schreibt Auer.

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