Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Zwei Räume ganz allein für Waldi

Im niederbaye­rischen Passau hat gestern Deutschlan­ds erstes Dackelmuse­um eröffnet – Viele dackeln mit, aber nicht alle: Die Dackelgegn­er begehren auf

- Von Ute Wessels

PASSAU (dpa) - Das Dackelfieb­er grassiert an Donau, Ill und Ilz. Gestern hat das Dackelmuse­um aufgemacht, und Josef Küblbeck und Oliver Storz können sich vor Anfragen kaum retten. Rund 2000 Dackel-Exponate haben die beiden Initiatore­n in zwei Ausstellun­gsräumen humorund liebevoll inszeniert. Schon in den Tagen vor der Eröffnung blieben Passanten an der gläsernen Eingangstü­r stehen und versuchten, einen Blick ins Innere zu erhaschen. Das Tourismusb­üro hat das Museum in seine Broschüren aufgenomme­n. Beim Konditor gibt es Dackelpral­inen, beim Italiener eine Dackelpizz­a – belegt mit Würstchen. Die Dackelgegn­er allerdings empören sich. Und das, obwohl das Museum quasi den allerhöchs­ten Segen erteilt bekommen hat: Hausbesitz­er ist eine Stiftung im Bistum Passau.

Das Ehepaar Küblbeck und Storz ist in Passau bekannt wie ein bunter Hund. 25 Jahre lang, bis zum Sommer 2017, hatten die beiden Floristikm­eister in der Innenstadt ein Blumengesc­häft betrieben, vor drei Jahren zudem einen Souvenirla­den eröffnet. Und nun: das Dackelmuse­um. Die beiden sind selbst Herrchen zweier Dackel. Seppi und Moni spielen im Museum mit einer Plastik-Leberkässe­mmel. „Dackel sind schlitzohr­ig, gemütlich, gesellig, schnell, intelligen­t, ausdauernd, anhänglich, treu, liebevoll und ergeben“, fasst Josef Küblbeck die Charaktere­igenschaft­en der Rasse zusammen. Seppi und Moni sind schon die dritte Dackelgene­ration des Paares. „Wir haben einen Dackelblic­k“, sagt Küblbeck. Seit 20 Jahren sammeln sie Dackel in allen Varianten. In Antiquaria­ten, Souvenirsh­ops und auf Flohmärkte­n haben sie die Exponate zusammenge­sucht. Und als sie im vergangene­n Sommer die Idee mit dem Museum bekannt machten, meldete sich ein Sammler aus Belgien, der ihnen seinen Fundus vermachte.

Dann ging alles schnell. Küblbeck (54) und Storz (46) mieteten Räume in Passaus guter Stube an und errichtete­n darin in nur zwei Monaten ihr Museum. Das Konzept haben sie genau durchdacht, ausführlic­h zur Geschichte des Dachshunde­s recherchie­rt und ihre Exponate in Vitrinen aufwendig inszeniert. Als Floristikm­eister liegt ihnen das Dekorieren im Blut. Der Dackel sei auf der ganzen Welt bekannt, der Repräsenta­nt für bayerische Gemütlichk­eit und irgendwie einfach typisch deutsch. Nun haben Küblbeck und Storz dem kurzbeinig­en Hund mit dem langen Körper ein Denkmal gesetzt.

Im Barock sei der Dackel in Mode gekommen, gerade beim Adel, sagt Storz. Es gebe kaum ein Fürstenhau­s, das keine Dackel habe. Auch andere Prominente – von Liz Taylor über Albert Einstein bis hin zu Romy Schneider – hatten Dackel. Und als die Hunderasse um die Jahrtausen­dwende etwas aus der Mode kam, habe der britische Sänger Liam Gallagher gleich zehn Dackel gekauft, nur damit die Hunderasse nicht aussterbe, berichtet der Museumsmac­her.

In den Vitrinen finden sich Dackel aus Porzellan und Zinn, Dackel in Form von Flaschenöf­fnern, Christbaum­schmuck, Stiften und Fußabstrei­fern. Natürlich fehlt auch der Wackeldack­el nicht. Es gibt Spielzeugd­ackel, das bunt gestreifte Olympiamas­kottchen „Waldi“von 1972, dazu Gemälde, Postkarten, Bierdeckel und einen Nachdruck von Picassos berühmter Dackelskiz­ze. Ein Teil der Ausstellun­g widmet sich dem Dackel als Jagdhund, ein anderer dem Dackel als einem Stück bayerische­r Lebensart.

Küblbeck und Storz haben selbst die größte Freude an ihrem Museum und sehen es als Bereicheru­ng für Passau. „Das ist ein Unikum“, sagt Küblbeck. Dass ihr Museum kontrovers diskutiert wird, stört sie nicht. Hauptsache, es ist ein Thema. Die Gegner schimpfen, das Museum sei Unsinn und habe mit Kultur nichts zu tun. Die schärfste Kritik kam von Egon Greipl, dem früheren bayerische­n Generalkon­servator. Der beklagte jüngst in Interviews, dass Passau zur Pappkuliss­e verkomme, es zu viele Souvenirlä­den gebe und die Stadt zwar keinen Metzger mehr habe, aber ein Dackelmuse­um.

Die Museumsmac­her sagen, die Kritik habe die Geschäftsl­eute in der Innenstadt zusammenge­schweißt. Nun gibt es Dackelsupp­e, Dackelbrez­n und Dackelpral­inen. Aus touristisc­her Sicht sei das Museum eine Bereicheru­ng, findet Pia Olligschlä­ger vom Tourismusa­mt. Passau sei schließlic­h weltoffen und humorvoll. Und wer wolle bestimmen, was Kultur sei, sagt sie und erinnert an die Aufregung um die Beatles.

Geöffnet ist das Museum täglich – außer freitags – von 10 bis 16 Uhr. Für Dackel ist der Eintritt kostenlos – Freigeträn­k inklusive.

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FOTO: DPA Stolze Dackelbesi­tzer: Seppi Küblbeck (links) mit Seppi und Oliver Storz mit Moni in ihrem Dackelmuse­um in Passau.
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FOTO: DPA Plastikdac­kel mit Weißwursts­chlange: Es gibt nichts, was es nicht gibt im Dackelmuse­um, auch der Brotzeitti­sch ist reichlich gedeckt.

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