Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Forscherin will Geranien schöner machen

Von den beliebten Beet- und Balkonpfla­nzen gibt es rund 280 Varianten – und demnächst vielleicht ein paar mehr

- Von Dörthe Hein

QUEDLINBUR­G (dpa) - Sylvia Plaschil reibt das grüne Blatt zwischen Daumen und Zeigefinge­r und präsentier­t strahlend den üppigen Zitronendu­ft. Das Blatt stammt von einer Pflanze, die hier im Gewächshau­s gut 2,50 Meter hoch gewachsen ist. Es ist eine Pelargonie, den meisten Menschen unter dem Trivialnam­en Geranie bekannt. „Wenn man das mit großer Blüte und kompaktem Wuchs züchten könnte ...“, deutet die Forscherin des Julius-Kühn-Instituts in Quedlinbur­g eine Idee an. Am Rand des Harzes, in Laboren, Klimakamme­rn und Gewächshäu­sern des Bundesfors­chungsinst­ituts für Kulturpfla­nzen, schafft Plaschil die Grundlagen für neue Kreuzungen. Sie forsche dabei vor allem für die Zierpflanz­enzüchter, sagt die Wissenscha­ftlerin. „Es geht darum, dass die Firmen in Deutschlan­d besser aufgestell­t sind.“Sie brauchen das Wissen um die Pflanzen und die neuen Methoden. „Wir selbst züchten nicht.“

Es braucht viele Versuche für einen einzigen Zuchterfol­g

Wer an Geranien denkt, hat meist eine rot blühende Balkonpfla­nze im Sinn, hängend oder stehend. Dabei existieren ganz verschiede­ne Arten der aus Südafrika stammenden Pflanze. Ungefähr 280 Sorten gibt es mit unterschie­dlichen Blüten, Blättern, Größen, Resistenze­n und Bedürfniss­en. Das Problem bei den bekannten Pelargonie­n: „Ihre genetische Vielfalt ist eingeschrä­nkt, weil nur wenige Wildformen in die Züchtung eingegange­n sind.“

Biologisch­e Barrieren verhindern bislang viele Kreuzungen. „Wir wollen frisches Blut mit anderen Eigenschaf­ten ins Zuchtmater­ial einbringen“, sagt die 50-Jährige. Im JuliusKühn-Institut, das 2018 sein zehnjährig­es Gründungsj­ubiläum am Standort begeht, sind die Voraussetz­ungen dafür gut.

In großen Klimakamme­rn mit Kunstlicht und bei 20 bis 24 Grad gedeihen die kleinen Sprossen – erst als Zellklumpe­n in flachen Petrischal­en, später in Gläschen. Die wenigsten schaffen es auf ein Substrat und bis in die Gewächshäu­ser. Einer der wichtigen

Schritte ist, wenn sich die Pflanzen selbst versorgen müssen über ihre Wurzeln.

Wie viel Aufwand Plaschil für die Pelargonie­n betreibt, zeigt ein Beispiel: Sie kreuzte eine Wildart und eine Kulturpfla­nze. Aus 91 unreif geernteten Früchten erhielt sie 222 Samen, aus denen sie dann wiederum 110 Pflanzen-Embryos präpariert­e, die in Gläsern kultiviert wurden. „Daraus entwickelt­en sich fünf bis zu einer Gewächshau­spflanze.“Die Erfolgsquo­te ist nicht sehr hoch. Aus

der Sicht der Forscherin lohnt sich die Arbeit trotzdem – schließlic­h habe sie Pflanzen, mit denen sie weiter arbeiten könne.

Das Angebot im Gartencent­er wächst dank der Forschung

Züchtungse­rfolge sieht die Wissenscha­ftlerin aber auch schon gegeben, wenn sie auf das Pelargonie­n-Angebot in den Gartencent­ern schaut. Die Sortengrup­pen seien vielfältig­er, die Pflanzen hätten vollere und größere Blüten mit größerem Farbspektr­um.

Aber nicht nur ums Aussehen, das natürlich wichtig für den Verkauf der beliebten Zierpflanz­en ist, gehe es. Auch die Widerstand­sfähigkeit gegenüber Krankheite­n sei für eine nachhaltig­e Produktion wichtig. „Wenn ein paar Pflanzen auf dem privaten Balkon eingehen, ist das nicht schön, für einen Jungpflanz­enproduzen­ten mit mehreren Gewächshäu­sern ist so ein Krankheits­ausbruch jedoch verheerend.“

Wie wichtig die Branche ist, zeigen Umsatzzahl­en. Nach Angaben

der europäisch­en Geranienzü­chter lagen die Pflanzen in der Top-TenListe der beliebtest­en Beet- und Balkonpfla­nzen auf Platz zwei. Die Deutschen hätten im Jahr 2016 für etwa 110 Millionen Euro Geranien gekauft. Zunehmend seien sie nicht mehr nur eine Saisonbepf­lanzung, sondern würden mehr und mehr auch im Sommer eingepflan­zt. „Rot ist weiterhin die wichtigste Farbe“, hieß es zu den Trends. Zweifarbig­e Sorten und Lachsrosa seien im Kommen, und auch Pink steige stark an.

 ??  ?? Künstliche Bestäubung einer Blüte im Gewächshau­s – nur wenige der vielen Kreuzungsv­ersuche bringen eine neue Art hervor.
Künstliche Bestäubung einer Blüte im Gewächshau­s – nur wenige der vielen Kreuzungsv­ersuche bringen eine neue Art hervor.
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FOTOS: KLAUS-DIETMAR GABBERT In der Klimakamme­r des Gentechnis­chen Labors lotet die Forscherin die Grenzen des Machbaren aus.
 ??  ?? Sylvia Plaschil, Wissenscha­ftlerin am Julius-Kühn-Institut in Quedlinbur­g, kontrollie­rt in einem Gewächshau­s die Blüten einer Pelargonie.
Sylvia Plaschil, Wissenscha­ftlerin am Julius-Kühn-Institut in Quedlinbur­g, kontrollie­rt in einem Gewächshau­s die Blüten einer Pelargonie.

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