Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Radikal anders mit dem ewigen Mahner

Matthias Sammer soll Borussia Dortmund helfen, sich neu zu erfinden

- Von Filippo Cataldo

DORTMUND - Die Notwendigk­eit eines recht radikalen Umbruchs hatten die Verantwort­lichen von Borussia Dortmund schon vorher gesehen. Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke hatte jedenfalls schon vor dem desaströse­n 0:6 (0:5) am Karsamstag bei Bayern München offenbart, Matthias Sammer als externen Berater zurückhole­n zu wollen. „Jetzt wird durchgelüf­tet“, hatte Watzke der „Funke Mediengrup­pe“gesagt. Sammer, Ex-Profi und ExTrainer beim BVB und VfB, ExSportvor­stand beim DFB und FC Bayern und immer und überall passionier­ter Mahner, soll als Fensteröff­ner fungieren und Watzke und Sportchef Michael Zorc auch bei der Suche nach Spielern für die Grundsanie­rung des Kaders helfen.

„Wir haben beschlosse­n, uns neu auszuricht­en. Seine ungeschmin­kte Analyse wird uns guttun“, sagte Zorc. Tatsächlic­h droht der BVB, in der letzten Saison unter dem Taktiktüft­ler Thomas Tuchel dank begeistern­der Spiele eines begeisteru­ngsfähigen Kaders eines der spannendst­en Projekte im europäisch­en Fußball, mittlerwei­le sogar die Stellung als deutsche Nummer 2 zu verlieren. Der Kader wirkt nach den – teils erstreikte­n – Verkäufen von Ousmane Dembélé, Pierre-Emerick Aubameyang und Co. und eher unglücklic­hen Neuerwerbu­ngen, zu denen auch der Ravensburg­er Ömer Toprak gehört, mittlerwei­le recht matt. Zudem ist er, auch als Spätfolge des Sprengstof­fanschlags, verunsiche­rt.

Neben Sammer, der nicht operativ tätig sein möchte und auch seinen Expertenjo­b bei Eurosport behalten möchte, dürfte auch der Rat des früheren BVB-Kapitäns Sebastian Kehl in Zukunft gefragt sein. Kehl soll Leiter der Lizenzspie­lermannsch­aft werden und somit Zorc zuarbeiten.

Wenn aus lässig wurschtig wird

Spätestens nach dem Auftritt in München, den auch der an der Blamage nicht gerade unbeteilig­te BVBKapitän Marcel Schmelzer als „Frechheit“definierte, dürfte klar sein, dass bei den künftig zweiwöchig­en Treffen von Watzke, Zorc, Kehl und Sammer auch die Trainersuc­he auf der Tagesordnu­ng stehen wird.

Peter Stöger, der dieses Amt ja derzeit innehat, trat am Samstag den Beweis an, dass sein ihn ansonsten unglaublic­h lässig wirken lassender Schmäh, nach einem 0:6 auch als sich selbst aufgebende Wurschtigk­eit interpreti­ert werden kann. „Naja“, bemerkte der Wiener am Samstag nach Spielschlu­ss mit einem leicht gequälten Grinsen auf die Frage nach seiner Position beim BVB, „gestärkt wird es sie nicht haben.“Und ergänzte: „Mein Leben definiert sich nicht darüber, dass ich beim BVB an der Seitenlini­e stehe.“

Womöglich hat Stöger, in der Mannschaft auch wegen seiner in Fragen der Trainingss­teuerung und -Intensität eher lockeren Art recht beliebt, gemerkt, dass es womöglich länger brauchen wird, um Mannschaft und Club wieder in die Spur zu bringen. Länger jedenfalls als der Absturz gebraucht hat (der aber freilich auch superrasan­t war). „Man muss schauen, welche Art Fußball will man spielen, wofür will der Verein stehen. Dann muss man schauen, welche Spieler man für diese Spielidee braucht“, analysiert­e Stöger, der Fußball ganz allgemein etwas defensiver denkt als sie es in Dortmund von seinen unmittelba­ren Vorgängern gewohnt sind.

„Für die längerfris­tige Entwicklun­g ist es vielleicht gar nicht einmal so negativ, weil man noch mal ein bisschen genauer hinschaut, wo man ansetzen kann“, sagte Stöger außerdem, ehe er, mindestens ebenso lässig wie zutreffend, schloss: „Man muss schauen, welche Rädchen man drehen muss. Das sind meiner Meinung nach nicht nur Rädchen, sondern ein paar Räder.“

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FOTO:DPA Matthias Sammer

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