Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Vom Ostracher Postamt in die stille Klosterzelle
Schwester Margarita Schüle war bis 1968 Priorin des Klosters Hermetswil
OSTRACH - Stolz widmet sich jede Gemeinde ihren Persönlichkeiten. Menschen mit ausgeprägtem eigenem Charakter und Willen. Manchmal sind sie in ihrem Tun nur schwer zu verstehen; oder auch zu bewundern. Auffallend ist, dass es sich dabei überwiegend um das männliche Geschlecht handelt. In der Gemeinde Ostrach gab es in der Vergangenheit aber auch Frauen, die Bewegung in die Gesellschaft einbrachten. Eine von ihnen war die in Ostrach geborene Priorin des Klosters Hermetswil in der Schweiz, Schwester Margarita Schüle.
Am 11. März 1899 erblickte sie als Anna Schüle das Licht der Welt. Sie war Tochter des Malermeisters Otto Schüle und seiner Frau Ida, geborene Blättler aus Bachhaupten. Mit ihren Schwestern Maria und Blanda und dem Bruder Wilhelm wuchs sie im Elternhaus auf und besuchte die damalige katholische Volksschule in Ostrach. Leiter dieser Schule war zu jener Zeit Hauptlehrer Nikolaus Birkle, Pfarrer von Sankt Pankratius war Dekan Lambert Bumiller. 20 Jahre war sie alt, als ihre Mutter starb. Aus der zweiten Ehe des Vaters mit Anna Steinhart, Lehrerstochter aus Einhart, ging der Stiefbruder Otto hervor.
Im April 1931 die Profess in Habsthal abgelegt
Anna Schüle hatte schon bald eine Anstellung auf dem Postamt in Ostrach gefunden. Dann vertauschte sie das geschäftliche Postbüro mit der stillen Klosterzelle im nahe gelegenen Benediktinerinnenstift Habsthal, wo sie am 22. April 1931 die heilige Profess ablegte und den Namen Margarita erhielt. Als langjährige Küchenmeisterin war sie für den Esstisch der Schwestern zuständig und wenn die Zeit es zuließ, half sie sowohl in der Ökonomie als auch in der über die Grenzen des Kontinents hinaus bekannten Paramentenstickerei aus.
Eine besonders schwere Bürde wurde Schwester Margarita, wie allen unter vierzig Jahre alten Mitschwestern, in den Kriegsjahren auferlegt: Sie wurde zu Arbeit außerhalb des Klosters verpflichtet. Drei Jahre lang war sie in der Außenstelle Ostrach der Hohenzollerischen Landesbank Sigmaringen beschäftigt. Sie trug einfaches dunkles Habit mit schlichtem Schleier. Nach Kriegsende durfte sie wieder in ihr geliebtes Kloster zurückkehren, wo inzwischen Flüchtlinge eingezogen waren, die auf die Hilfe der Schwestern angewiesen waren.
Speicher des Klosters zu Wohnungen umgebaut
Im Jahre 1947 hieß es für Schwester Margarita Abschied von Habsthal zu nehmen. Äbtissin Scholastika Beil gab sie dem Kloster Hermetswil in der Schweiz zur Priorin. Rund 20 Jahre lang versah sie dieses Amt. Sie sorgte als Klostermutter für das geistliche Leben und als Ökonomin für das zeitliche Wohl der Mitschwestern. Mithilfe von Freunden und Gönnern hat sie die schadhaften Gebäude des Klosters erneuert und den, dem Zerfall nahen Speicher, zu Wohnungen um- und ausgebaut. Erfüllung und Freude wurden ihr durch die Mithilfe der ganzen Gemeinde Hermetswil zuteil, die mit einem wohlgeglückten Basar zugunsten der Klosterrenovation ihre treue Verbundenheit zum Kloster bekundete.
Am 14. März 1968 starb die Ostracher Bürgerstochter überraschend. Ihr Tod löste in der politischen Gemeinde wie auch in der Pfarrgemeinde Trauer aus. Unter großer Anteilnahme fand sie auf dem Klosterfriedhof in Hermetswil ihre irdische Ruhestätte.