Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Matsch, Musik und klare Ansagen
Wie die Musik ab 1968 weitere Generationen prägte
Politisches Engagement
Dieser Geist lebt fort in Rock-gegenRechts oder Free-Tibet-Festivals, auch wenn sich im Einzelfall diskutieren lässt, ob Bands daran aus tiefer Überzeugung teilnehmen, oder weil Protest chic ist. Das politische Tagesgeschehen spiegelt sich jedenfalls auch auf den Konzertbühnen wider, und so geriet im letzten Jahr selbst das eher unpolitische Rock im ParkFestival zu einer wütenden Anklage gegen den Mann mit den orangenen Haaren im Weißen Haus: von internationalen Acts wie den Prophets of Rage bis hin zu engagierten deutschen Gruppen – von den Toten Hosen über die Broilers bis zu den Aktivisten-Punks Jimi Hendrix – hier 1969 beim legendären Woodstock Festival – hat mit seiner innovativen und experimentellen Spielweise die Musik nachhaltig geprägt.
von Feine Sahne Fischfilet – gab es klare Ansagen.
So hat 1968 die Darbietung und die Inhalte der Musik bis heute geprägt – wie steht es aber mit dem Stil? Zum einen gibt es nach wie vor Musiker, die zu ihren Hippie-Einflüssen stehen wie Lenny Kravitz, die Fleet Foxes, MGMT oder hierzulande Selig. Doch weniger als ein bestimmter Stil wie Folk oder Protestrock sind es eher die Offenheit zum Experiment, zur Vermischung von Musikrichtungen auch aus weit entfernten Weltregionen und der Mut zum Musizieren
auch ohne klassische Ausbildung, die den Einfluss von 1968 ausmachen. Besonders prägend sind dabei deutsche Bands, die im Ausland wesentlich mehr gewürdigt werden als hierzulande – wie die 1968 gegründeten Can oder die ein Jahr zuvor an den Start gegangenen Tangerine Dream. Nimmt man noch Kraftwerk hinzu, deren Vorgänger-Gruppe Organisation ebenfalls 1968 gegründet wurde, lassen sich ein guter Teil der heutigen Elektro-Musikszene, Soundtüftler und auch stilistische Tausendsassas wie Björk direkt oder
indirekt mit der Pionierarbeit deutscher Bands in Verbindung bringen. Diese wollten damals ganz sicher keinen Schlager spielen, suchten aber auch nach Alternativen zu den britischen und amerikanischen Vorbildern. Und manchmal schließt sich sogar der Kreis: Der international erfolgreiche Elektronik-Musiker Ulrich Schnauss, Jahrgang 1977 und stark von Tangerine Dream beeinflusst, spielt nach dem Tod von Gründungsmitglied Edgar Froese mittlerweile selbst in der aktuellen Besetzung der Formation.