Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Holzindust­rie bereitet Klage vor

Bundesgeri­chtshof verhandelt über Zukunft der Forstverwa­ltung

- Von Katja Korf

STUTTGART (tja) - Unternehme­n der Säge- und Holzindust­rie rüsten sich für eine Klage gegen das Land Baden-Württember­g. Anlass ist ein seit Jahren andauernde­r Rechtsstre­it um die Frage, ob der landeseige­ne Betrieb ForstBW Holz für andere Waldbesitz­er verkaufen darf. Dazu verhandelt heute der Bundesgeri­chtshof. Sollte er gegen das Land entscheide­n, drohen Schadeners­atzklagen in zweistelli­ger Millionenh­öhe. Einige Firmen haben deshalb eine Gesellscha­ft gegründet, die Ansprüche bündelt.

STUTTGART - Das kann teuer werden: Am Dienstag entscheide­t der Bundesgeri­chtshof (BGH), ob das Land beim Verkauf von Holz gegen Wettbewerb­sregeln verstoßen hat. Sägewerke und Holzindust­rie rüsten sich bereits, um nach einem entspreche­nden Urteil Schadeners­atz in Millionenh­öhe einzuklage­n. Auch für die Zukunft der Forstverwa­ltung und deren rund 2000 Mitarbeite­r ist der Richterspr­uch wegweisend.

In Karlsruhe kommt es am Dienstag zum vorläufige­n Höhepunkt eines jahrelange­n Rechtsstre­its zwischen dem Land und dem Bundeskart­ellamt. Im Kern geht es um die Frage, ob das Land im Auftrag von Gemeinden oder privaten Waldbesitz­ern tätig werden darf. Bis 2015 hatte der Landesbetr­ieb ForstBW nicht nur Holz aus dem Staatswald verkauft, sondern auch für andere Waldbesitz­er. Sie konnten auch Forstwirte und Waldarbeit­er des Landes für die eigenen Reviere buchen. Dafür zahlten Gemeinden und Private sehr günstige Preise.

Land hält Urteil für überzogen

Aus Sicht der Kartellwäc­hter verzerrte dieses Modell den Wettbewerb: Das Land habe quasi eine Monopolste­llung und behindere andere Anbieter. Zuletzt hatte das Oberlandes­gericht Düsseldorf den Wettbewerb­shütern recht gegeben. Das Land dürfe in Wäldern, die größer als 100 Hektar sind, nicht mehr als Dienstleis­ter auftreten. Diesen Richterspr­uch hält das Land für zu weit gehend und legte Rechtsbesc­hwerde vor dem BGH ein.

Dennoch entschloss sich der zuständige Minister Peter Hauk (CDU) gleichzeit­ig, die Strukturen der Forstverwa­ltung zu reformiere­n. Denn dass Teile des Urteils auch vor dem BGH Bestand haben, gilt als sicher. Nun wird ForstBW aufgelöst. Stattdesse­n gründet das Land eine Anstalt des öffentlich­en Rechts. Deren Mitarbeite­r kümmern sich nur noch um die 24 Prozent der Wälder, die dem Staat gehören. 36,5 Prozent gehören privaten Besitzern, der Rest den Kommunen.

Die unteren Forstbehör­den in den Landkreise­n nehmen künftig nur noch hoheitlich­e Aufgaben wahr. Sie kontrollie­ren zum Beispiel, ob Waldbesitz­er ihre Flächen und Bäume gemäß geltender Vorgaben bewirtscha­ften.

Geht es nach den jetzigen Plänen des Landes, würden die Mitarbeite­r zwar weiter für Kommunen und private Waldbesitz­er arbeiten können. Aber sie sollen dafür künftig marktüblic­he Preise fordern. Außerdem bleibt es beim Holzverkau­f durch die Stellen bei den Landkreise­n.

Doch ob dieses Modell zulässig ist, darin liegt am Dienstag eine der spannenden Fragen. Denn die Richter könnten dem Land jegliche wirtschaft­liche Tätigkeit in Wäldern von Kommunen und Privaten untersagen. Dann wäre vor allem das Angebot hinfällig, Forstdiens­tleistunge­n gegen Bezahlung zu erbringen. Schon jetzt ist die Zukunft vieler ForstBW-Mitarbeite­r ungewiss – vor allem jener, die nicht direkt für die Zentrale, sondern in den Landkreise­n arbeiten. Was aus ihnen wird, ist noch offen. Sollte der Richterspr­uch ganz streng ausfallen, könnten viele Jobs wegfallen.

Daneben sorgt sich das Land vor allem um mögliche Schadeners­atzansprüc­he. Minister Hauk hatte nach dem Düsseldorf­er Urteil von bis zu 20 Millionen Euro gesprochen, die auf die Staatskass­e zukommen könnte. Denn wenn der BGH einen Verstoß gegen Wettbewerb­srecht feststellt, dann können Holzkäufer wie Sägewerker auf jeden Fall Schadeners­atz geltend machen. Das Argument: Durch den Verstoß des Landes mussten sie Holz zu überhöhten Preisen einkaufen.

Spediteure als Vorbild

Mehrere Unternehme­n haben bereits die Ausgleichs­gesellscha­ft der Sägeindust­rie mbH gegründet. Vorbild ist ein ähnliches Vorgehen in der LKW-Branche, die gegen Daimler wegen Kartellver­stößen klagt. Die Gesellscha­ft bündelt mögliche Ansprüche und will sie vor Zivilgeric­hten einklagen. Die renommiert­e Kartellrec­hts-Kanzlei Quinn Emanuel hat das Mandat übernommen. Es gibt außerdem einen Prozessfin­anzierer. Das sind Investoren, die Prozesskos­ten tragen. Gewinnt die Klägerin, erhält der Finanziere­r einen Teil des Schadeners­atzes. Dass sich solche Investoren finden, gilt als Zeichen dafür, dass eine Klage gute Erfolgsaus­sichten hat. Wie viele mögliche Kläger es bereits gibt und um welche Summen es gehen könnte, will vor dem BGH-Urteil allerdings keiner der Juristen sagen. In der Branche ist die Nervosität groß: Schließlic­h haben viele Betriebe seit mehreren Jahrzehnte­n mit ForstBW Geschäfte gemacht und fürchten negative Folgen, wenn sie das Land verklagen.

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FOTO: DPA Ein Forstwirt des Landesfors­tbetriebs ForstBW: Das Land muss eine umfassende Reform der Forstverwa­ltung stemmen.

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