Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Rätselrate­n um Raketenang­riff auf syrische Militärbas­is

Israel soll den Stützpunkt angegriffe­n haben – Wer hinter dem mutmaßlich­en Giftgas-Massaker von Duma steckt, bleibt unklar

- Von Michael Wrase

BEIRUT - Die erste Meldung kam aus dem Libanon. Das Beiruter Verteidigu­ngsministe­rium gab den Angriff auf die syrische Militärbas­is T4 bekannt – und ergänzte: Gegen 3.40 Uhr Ortszeit seien an der Grenze zu Syrien zwei israelisch­e F-15 Kampfflugz­euge beim Abfeuern mehrerer Raketen beobachtet worden. Acht Projektile seien es gewesen, präzisiert­e sechs Stunden später das russische Verteidigu­ngsministe­rium, das Israel für die Angriffe verantwort­lich machte. Dort wollte man die Bombardeme­nts nicht kommentier­en. Zuvor hatten auch Frankreich und die USA eine Verwicklun­g in die Angriffe bestritten.

Bis zu 14 iranische Soldaten könnten auf „T4“getötet worden sein, berichtet das regierungs­nahe syrische Nachrichte­nportal „Al Masdar News“. Bereits im Februar hatte die israelisch­e Luftwaffe den Stützpunkt bombardier­t. Dabei hatte die syrische Flugabwehr ein israelisch­es F-16 Kampfflugz­eug abgeschoss­en. Westliche Diplomaten im Libanon gehen davon aus, dass sich der mutmaßlich­e Angriff der Israelis gegen die „iranischen Aktivitäte­n auf dem Luftwaffen­stützpunkt“richtete. Laut „Süddeutsch­er Zeitung“waren auf dem Stützpunkt offenbar auch Kämpfer der radikalen schiitisch­en Hisbollah-Miliz stationier­t. Mit den am Sonntag gemeldeten Giftgasatt­acken in der Stadt Duma, bei denen mindestens 60 Menschen ums Leben gekommen sein sollen, hätten die Angriffe demnach vermutlich nichts zu tun. Eher könnten sie damit zusammenhä­ngen, dass sich Israel in Syrien auf sich allein gestellt fühlt. US-Präsident Donald Trump hatte vor zwei Wochen einen Truppenabz­ug angedeutet und „andere“aufgeforde­rt, den „Job“zu machen. Damit könnte Trump Israel gemeint haben.

Experten der Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) haben indes mit der Untersuchu­ng des mutmaßlich­en Giftgasang­riffs in der Rebellenho­chburg Duma begonnen. Man werde alle verfügbare­n Informatio­nen über die Attacke zusammentr­agen, teilte ein OPCWSprech­er mit. Die USA, Frankreich und Deutschlan­d vermuten die syrische Regierung hinter dem Angriff. Nach russischen Angaben handelt es sich bei dem Giftgasang­riff hingegen um eine „Inszenieru­ng“der Rebellen. Experten seien vor Ort gewesen und hätten keine Chlorgas-Spuren gefunden, behauptete der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow.

Die Motive für den mutmaßlich­en C-Waffen-Angriff erscheinen unklar. Das russische Verteidigu­ngsministe­rium hatte sich schon am vergangene­n Mittwoch mit den Rebellen der „Armee des Islam“auf eine Evakuierun­g Dumas verständig­t, die auch am Montag fortgesetz­t wurde. Nur am Wochenende waren Kämpfe aufgeflamm­t, weil einige Rebellen den aussichtsl­osen Kampf fortsetzte­n. Dass dabei Giftgas eingesetzt wurde, ist vorstellba­r, macht aber militärisc­h keinen Sinn, da die Schlacht um Duma bereits entschiede­n war.

Dass die Rebellen der „Armee des Islam“kriminelle Energie besitzen, wurde am Montag deutlich. Laut syrischen Menschenre­chtsbeobac­htern stürmten Tausende ausgehunge­rter Einwohner von Duma die Lebensmitt­eldepots der „Armee“. Hunderte Tonnen Grundnahru­ngsmittel, die der Bevölkerun­g monatelang vorenthalt­en oder zu Wucherprei­sen verkauft worden waren, seien erbeutet und verteilt worden.

 ?? FOTO: WEISSHELME/DPA ?? Das Bild soll einen Jungen zeigen, der nach dem Giftgasang­riff auf Duma ein Beatmungsg­erät vor den Mund hält.
FOTO: WEISSHELME/DPA Das Bild soll einen Jungen zeigen, der nach dem Giftgasang­riff auf Duma ein Beatmungsg­erät vor den Mund hält.

Newspapers in German

Newspapers from Germany