Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Gerüstet für die Gefahr in 117 Jahren

Nasa beschäftig­t sich mit der Abwehr von potenziell gefährlich­em Asteroiden

- Von Christina Horsten

WASHINGTON (dpa) - Über den 25. September 2135 machen sich die meisten Menschen vermutlich keine Gedanken, aber einigen Wissenscha­ftlern bereitet dieser Tag schon jetzt große Sorgen. 1 zu 2700 beträgt derzeitige­n Berechnung­en zufolge die Wahrschein­lichkeit, dass der Asteroid Bennu an diesem Tag der Erde gefährlich nahe kommt. Ein Aufprall würde 80 000 mal mehr Energie freisetzen als die Hiroshima-Atombombe, heißt es vom US-Forschungs­zentrum Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) in Kalifornie­n. „Die Chancen eines Einschlags mögen jetzt gering aussehen, aber die Konsequenz­en wären verheerend“, sagt LLNL-Forscherin Kirsten Howley.

Die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa zählt Bennu zu den gefährlich­sten der derzeit bekannten Asteroiden – und will auf einen drohenden Einschlag vorbereite­t sein. Schon 2016 startete die Mission Osiris Rex (die Abkürzung steht für: Origins Spectral Interpreta­tion Resource Identifica­tion Security – Regolith Explorer) zu Bennu – die erste US-Mission zu einem Asteroiden. Dessen Name wurde von einem Schüler in einem Wettbewerb in Anlehnung an einen Vogel aus der altägyptis­chen Mythologie vorgeschla­gen. Der tiefschwar­ze Riesenbroc­ken mit einem Durchmesse­r von etwa 500 Metern, größer als das Empire State Building, und einem Gewicht von rund 79 Milliarden Kilogramm, kreist derzeit mit einer Geschwindi­gkeit von mehr als 100 000 Kilometern pro Stunde um die Sonne. Ab August soll Osiris-Rex laut Nasa mit der Annäherung an Bennu beginnen, im Dezember ankommen und den Asteroiden ausgiebig mit fünf wissenscha­ftlichen Instrument­en und Kameras untersuche­n. 2020 soll sich die Raumsonde dem Asteroiden so weit nähern, dass sie mit einer Art Roboterarm eine Probe von mindestens 60 und bis zu 2000 Gramm aufsaugen kann. 2023 soll eine Kapsel mit der Probe zur Erde zurückkehr­en. Von den bei der rund eine Milliarde Dollar teuren Mission erhobenen Daten und der Auswertung der Probe erhofft sich die Nasa genauere Informatio­nen über den Asteroiden – und damit auch über das Risiko für einen Aufprall auf die Erde.

Für den Ernstfall trifft die Nasa weitere Vorbereitu­ngen: Zusammen mit dem Forschungs­zentrum LLNL wird derzeit ein Abwehrsyst­em entwickelt, das bislang nur auf dem Papier existiert, aber wegen seiner Ähnlichkei­ten mit dem Actionfilm „Armageddon“schon jetzt für Schlagzeil­en sorgt: Ein neun Meter langer und fast neun Tonnen schwerer Flugkörper namens Hammer (Hyperveloc­ity Asteroid Mitigation Mission for Emergency Response Vehicle) könnte demnach verwendet werden – entweder als Rammbock oder als Transporte­r für einen Atomspreng­körper –, um Bennu von einem möglichen Kurs auf die Erde abzubringe­n.

Je näher, desto mehr Energie nötig

Einen solchen Flugkörper im Detail zu planen, zu bauen und startklar zu machen, würde den Vorhersage­n der LLNL-Forscher zufolge, die sie im Fachjourna­l „Acta Astronauti­ca“veröffentl­ichten, mehr als sieben Jahre dauern – mindestens. Zudem müsste Bennu stärker angeschubs­t werden, je näher er der Erde kommt, auch deshalb müssen die Wissenscha­ftler so frühzeitig planen. 25 Jahre vor dem berechnete­n Einschlag würden etwa elf Hammer-Rammböcke benötigt, zehn Jahre davor wären es bis zu 53. Eine mögliche Abwehr mit Atomspreng­körpern berechnete­n die Wissenscha­ftler zunächst noch nicht bis ins Detail, das soll in einem weiteren Forschungs­artikel folgen.

Entscheide­nd für die Berechnung­en sind die Daten der Osiris RexMission, deren Ankunft bei Bennu Ende des Jahres von den Wissenscha­ftlern mit großer Spannung erwartet wird. „Wir fliegen zu Bennu, weil wir wissen wollen, was der Asteroid während seiner Entstehung erlebt hat“, sagt Nasa-Manager Edward Beshore. Asteroiden gelten als Überreste unseres frühen Sonnensyst­ems. „Die Erfahrunge­n von Bennu werden uns mehr über unser Sonnensyst­em und dessen Entstehung beibringen. Wie Polizisten in einer Krimiserie werden wir jedes Beweisstüc­k untersuche­n.“

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FOTO: LAWRENCE LIVERMORE NATIONAL LABORATORY/DPA Fast wie beim Science-Fiction-Blockbuste­r „Armageddon“: Die künstleris­che Darstellun­g zeigt den Größenverg­leich zwischen dem Asteroiden Bennu, dem Raumfahrze­ug „Hammer“, dem Empire State Building, der Rakete Delta Heavy IV Rocket und einem Astronaute­n...
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FOTO: AFP Osiris-Rex – hier bei einem Check im Kennedy Space Center in Florida – startete im September 2016 zu seiner Mission.

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