Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Prozess um tödliches Überholman­över

Ulmer muss sich für Tod zweier Frauen verantwort­en – womöglich war es ein Autorennen

- Von Linda Vogt

ROSENHEIM (dpa) - Vor dem Amtsgerich­t im oberbayeri­schen Rosenheim ist am Dienstag der Prozess um ein tödliches Überholman­över aus dem November 2016 neu aufgerollt worden. Die Staatsanwa­ltschaft wirft zwei jungen Männern fahrlässig­e Tötung in zwei Fällen vor. Die entscheide­nde Frage in dem Prozess lautet: Haben sich die Angeklagte­n auf ein Autorennen mit tödlichem Ausgang eingelasse­n?

Angeberei oder mehr?

Der 25 Jahre alte Hauptangek­lagte hatte die Bezeichnun­g „Rennen“laut Richter kurz nach dem Unfall selbst verwendet. Er habe sich damit allerdings auf andere Fahrer in der Situation bezogen, sagte der 25-Jährige aus Ulm (Baden-Württember­g) in der Verhandlun­g. Dicht aufeinande­rfolgend seien zwei unbekannte Männer, darunter der zweite Angeklagte, mit ihren Autos an ihm vorbeigezo­gen. „Ich denke, dass sie sich aus Spaß gegenseiti­g gepusht haben, schneller zu fahren.“Der Hauptangek­lagte, von Beruf Kfz-Mechatroni­ker, bezeichnet sich selbst als Autofan. Mit seinem schönen Wagen habe er angeben wollen, ihn allerdings nie für ein Rennen benutzt, trug sein Verteidige­r vor.

Zeugen schilderte­n die Fahrweise der drei Fahrzeuge als rasant. Eine Frau sei geschnitte­n worden. Einem Mann kam der Gedanke, „die werden jetzt ein Rennen fahren“. „Für mich sah’s aus, als ob die sich jagen“, erzählte eine dritte Zeugin.

Nach dem Überholvor­gang beschleuni­gte der Hauptangek­lagte, wie er zum Prozessauf­takt aussagte, während die Vorausfahr­enden das Tempo drosselten. Schließlic­h habe er dann zum Überholen angesetzt. Erst als seine Beifahreri­n aufschrie, habe er das entgegenko­mmende Fahrzeug bemerkt. Einscheren habe er nicht können – der Wagen des zweiten Angeklagte­n fuhr nach seiner Aussage auf derselben Höhe und blockierte die Spur. „Für mich hat es sich so angefühlt, als ob er schneller geworden ist.“

Sekunden später sei es dann zum Zusammenst­oß gekommen. Der 25-Jährige fuhr dabei frontal in das Auto dreier Frauen. Die 21 Jahre alte Fahrerin sowie eine 15-Jährige starben. Deren damals 19-jährige Schwester überlebte den Aufprall schwer verletzt. Auch die Beifahreri­n des Unfallfahr­ers erlitt schwere Verletzung­en.

Zu Beginn der Verhandlun­g bat sein Verteidige­r die Hinterblie­benen im Namen des Hauptangek­lagten um Entschuldi­gung. Er habe moralisch große Schuld auf sich geladen.

Der zweite Angeklagte schweigt

Für den Prozess sind zunächst vier Verhandlun­gstage angesetzt. Der zweite Angeklagte, ein 24 Jahre alter Rosenheime­r, äußerte sich nicht.

Beim Prozess im vergangene­n Jahr war zunächst nur gegen ihn verhandelt worden, weil der Unfallveru­rsacher nicht verhandlun­gsfähig war. Als sich damals Hinweise ergaben, dass sich die Fahrer schon vorher auf einer Bundesstra­ße provoziert hatten, schien die Verhandlun­g nur gegen einen Angeklagte­n nicht mehr sinnvoll.

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FOTO: DPA Die Unfallstel­le im November 2016. Zwei Frauen starben damals.

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