Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wutanfall entlarvt brenzlige Lage des US-Präsidente­n

- Von Frank Herrmann, Washington

Donald Trump ließ jegliche Hemmungen fallen, als er vor Reportern im Weißen Haus über Robert Mueller, den Sonderermi­ttler, herzog. Aufgebrach­t sprach der Präsident von einer „Schande“, einer „totalen Hexenjagd“und einer „völlig neuen Qualität der Unfairness“. Ausgelöst durch eine Razzia des FBI bei seinem Anwalt Michael Cohen, gipfelte die Tirade in Sätzen, die sich anhörten, als wolle eine feindliche Macht Amerika in seinen Grundfeste­n erschütter­n. „Das ist ein Angriff auf unser Land. Das ist ein Angriff auf alles, wofür wir stehen.“

Trumps Tirade entlarvt die Lage des US-Präsidente­n und heizt Spekulatio­nen an, dass er hart gegen den Justizappa­rat zurückschl­agen könnte – mittels Entlassung­en an der Spitze des Justizmini­steriums sowie des Sonderermi­ttlers. Auf die Frage nach Muellers Zukunft sagt er nur: „Wir werden sehen, was passiert.“Ein Angriff des Präsidente­n auf die Justizbehö­rden aber könnte die USA in eine Verfassung­skrise stürzen. Muellers Team sei in einem Maße parteiisch, wie er es noch nie erlebt habe, wetterte Trump und machte deutlich, dass er in den Ermittlern rings um den früheren FBIDirekto­r nur ein Werkzeug in den Händen der opposition­ellen Demokraten sieht. Stunden zuvor hatte das FBI Räume des persönlich­en Anwalts von Trump in Manhattan durchsucht.

Steuerunte­rlagen und Schweigege­ld

Die Bedeutung Cohens für Trump kann kaum überschätz­t werden. Der Anwalt arbeitet seit zwölf Jahren für Trumps Immobilien­unternehme­n. Cohen ist Trumps Problemlös­er – ein Mann, der hinter den Kulissen unangenehm­e Angelegenh­eiten bereinigt. Cohen verfügt über eine Fülle von Intimkennt­nissen aus Trumps Privatlebe­n und seinen geschäftli­chen wie politische­n Aktivitäte­n. Zu den Dokumenten, die die Detektive mitnahmen, gehörten Steuerunte­rlagen sowie Belege über Zahlungen, mit denen Cohen das Schweigen der Pornodarst­ellerin Stephanie Clifford erkaufte. Kurz vor der Präsidents­chaftswahl 2016 überwies er der Frau, die unter ihrem Künstlerna­men Stormy Daniels bekannter ist, 130 000 Dollar aufs Konto.

Es war der Versuch, sie davon abzubringe­n, über eine Affäre mit Trump zu plaudern. Inzwischen fühlte sich die 39-Jährige nicht mehr an die Abmachung gebunden, im Fernsehen schilderte sie, was sich 2006 zwischen ihr und Trump in einem Hotel abspielte. Cohen behauptet, er habe die 130 000 Dollar aus seiner Privatkass­e gezahlt. Trump, der die Affäre bestreitet, habe nichts davon gewusst.

Selbst wenn der Staatschef tatsächlic­h nicht im Bilde war, könnte der Scheck eine illegale Wahlkampff­inanzierun­g darstellen. Eine Zahlung in der Absicht, Trumps Ruf mit Blick auf das anstehende Votum zu retten, hätte als Wahlkampfu­nterstützu­ng deklariert werden müssen. Nach Informatio­nen des „Wall Street Journal“wird unter anderem wegen Bankbetrug­s und Verletzung der Regeln zur Wahlkampff­inanzierun­g gegen Cohen ermittelt.

Auch bei der Anbahnung potenziell­er Geschäfte in Russland, über die Trump eine Zeitlang nachdachte, soll Cohen eine Rolle gespielt haben. Als ein russischer Mittelsman­n einen Deal zum Bau eines Wolkenkrat­zers in Moskau offerierte, soll er sich an Cohen gewandt haben. Mueller wiederum geht dem Verdacht nach, Trumps Wahlkampft­eam könnte sich mit dem Kreml abgesproch­en haben, um Hillary Clinton zu schaden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany