Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Entsetzen nach tödlichem Hundebiss

Baby stirbt nach Attacke – Beobachter sprechen von hochaggres­sivem Tier

- Von Ira Schaible und Juliane Görsch

BAD KÖNIG (dpa) - Das braune Mehrfamili­enhaus liegt idyllisch am Ortsausgan­g von Bad König in einem Wohngebiet. Alles wirkt beschaulic­h, nur Vogelgezwi­tscher ist zu hören. Doch der Schein in der 10 000Einwohn­ergemeinde im Odenwald trügt: Am Dienstag verlassen dort Polizei und Spurensich­erung eine Erdgeschos­swohnung. Tags zuvor ist in dem Haus ein Säugling auf tragische Weise tödlich verletzt worden. Der Hund der Familie hat das Baby in den Kopf gebissen. Der sieben Monate alte Junge stirbt später im Krankenhau­s.

Dabei hatte es zunächst Hoffnung gegeben. Der 23 Jahre alte Vater hatte die Rettungskr­äfte sofort nach dem Vorfall verständig­t – der Zustand des Säuglings galt als stabil. Am späten Montagaben­d ist das Kind jedoch tot. Der Vater und die 27 Jahre alte Mutter stehen unter Schock, wie die Polizei berichtet.

Rentner Frank Schoenmark­er, der eine ältere Dame in einem Nachbarhau­s betreut, ist entsetzt über den Vorfall. Er muss gleich an Hannover denken. Dort hat erst vor wenigen Tagen ein Staffordsh­ire-Terrier eine 53-jährige Mutter und ihren 27-jährigen Sohn in einer Wohnung totgebisse­n. Ein anderer Rentner in Bad König kennt das Paar mit dem Baby und dem Hund vom Sehen. Aufgefalle­n sei ihm aber nichts, auch nicht an dem Hund. Eine 67 Jahre alte Radfahreri­n ist geschockt. „Ich fahre da jeden Tag vorbei, habe aber noch nie einen Hund gesehen“, sagt die Frau, die ebenfalls ihren Namen nicht nennen will. Sie selbst hat auch Kinder und züchtet Boxer. „Aber Boxer sind Familienhu­nde. Man weiß doch, dass man auf die Rasse achten muss. Die beste Erziehung nutzt nichts.“

Vielleicht ein „Staffordsh­ire-Mix“

„Schuld ist immer der am anderen Ende der Leine“, betont Schoenmark­er, der selbst einen Hund hat. „Manche Leute sollten einfach keinen Hund haben.“

Doch die Umstände des Vorfalls sind noch nicht klar – auch nicht, ob es sich erneut wie in Hannover um einen Kampfhund handelt. „Es ist ein Mischling“, sagt Polizeispr­echerin Andrea Löb. Dem äußeren Anschein nach könne es sich um einen „Staffordsh­ire-Mix“handeln. Im Tierheim, wo der Hund inzwischen untergebra­cht ist, wird er als hochaggres­siv beschriebe­n. Geschulte Fachleute sollen einen Wesenstest des Hundes machen.

In Hessen steht der Staffordsh­ireTerrier auf der Liste der gefährlich­en Hunde. Halter müssen in der Gemeinde für solche Rassen eine Erlaubnis beantragen – und eine Sachkundep­rüfung ablegen. Doch das Tier war nicht als Kampfhund registrier­t. „Es gibt noch widersprüc­hliche Informatio­nen zu dem Hund“, sagt der Bürgermeis­ter von Bad König, Uwe Veith (parteilos). Hessens Landestier­schutzbeau­ftragte Madeleine Martin warnt vor allzu schnellen Urteilen in solchen Fällen. Die Rasse von Hunden spiele bei der Frage, ob Hunde aggressiv reagieren, keine Rolle.

„Fakt ist, dass bei einem Hund in einer gewissen Größenordn­ung Maßnahmen zur Erziehung ergriffen werden müssen“, sagt sie. Dazu müsse etwa eine Begleithun­deprüfung gehören. Die betroffene Familie ist in dem Ort unbekannt. „Sie wohnen noch nicht lange hier“, sagt der Bürgermeis­ter. Nachbar Schoenmark­er kennt sie auch nicht, hat aber Mitleid mit dem Paar. „Wie kommt man damit zurecht?“, fragt er sich. „Das macht einen sehr traurig und da hat man auf der einen Seite sehr viel Mitgefühl“, sagt ein anderer Mann, der seinen Namen nicht veröffentl­icht sehen will.

Der Hund wird die tödliche Attacke vermutlich ebenfalls nicht überleben. In der Regel schläfere man solche Tiere ein, sagt eine Tierschutz­beauftragt­e.

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FOTO: DPA Wie ein Hund sich verhält, so Experten, sei nicht zuletzt vom Halter abhängig.

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