Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Es ist spannend, Stadtpfarr­erin und Dorfpfarre­rin zu sein“

Stefanie Zerfaß bleibt als Pfarrerin in Bad Saulgau – Investitur­gottesdien­st am Sonntag

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BAD SAULGAU/HERBERTING­EN Stefanie Zerfaß (Foto: Sebastian Lange) wird an diesem Sonntag in der Christuski­rche in Bad Saulgau von Dekan Hellger Koepff in ihre Pfarrstell­e eingeführt. Bisher hat sie den Pfarrbezir­k II, zu dem auch Herberting­en gehört, bereits als Pfarrerin zur Anstellung geleitet. Der Investitur-Gottesdien­st beginnt um 10 Uhr. SZ-Redakteur Rudi Multer hat Fragen an Stefanie Zerfaß gestellt.

Kommt es oft vor, dass man sich in der evangelisc­hen Kirche auf eine Pfarrstell­e bewirbt, auf der man zuvor als Pfarrerin zur Anstellung tätig war?

Ja, das kommt ziemlich oft vor unter den Pfarrern zur Anstellung, die ein Gemeindepf­arramt innehatten. Man lebt sich ein, baut Beziehunge­n auf, es kann in der Gemeinde etwas wachsen. Viele denken dann: Warum nach so kurzer Zeit wieder wechseln und anderswo wieder von vorne anfangen? Denn das Ausbildung­svikariat vor der Zeit zur Anstellung dauerte ja auch nur zweieinhal­b Jahre und dort musste man ja auch bereits wechseln nach Abschluss der Ausbildung. Viele Pfarrer zur Anstellung verbringen diese Zeit nicht als Inhaber einer Gemeindepf­arrstelle, sondern sind als Pfarrer zur Dienstaush­ilfe bei einem Dekan. Sie müssen überall aushelfen, wo man im Kirchenbez­irk gerade Personal braucht und verbringen oft auch nur kürzere Zeit an einem Ort. Doch auch da kann es sein, dass sie sich auf eine der Stellen bewerben, an denen sie ausgeholfe­n haben.

Was gab bei Ihnen den Ausschlag für die Bewerbung?

Abgesehen davon, dass ich mich in Bad Saulgau gut eingelebt habe und Beziehunge­n in und außerhalb der Gemeinde wuchsen, äußerten verschiede­ne Leute den Wunsch, ich möge mich für meine Stelle hier bewerben und dableiben. Auch der Kirchengem­einderat äußerte seine Freude im Fall einer Bewerbung für Saulgau. Für mich war es ein langer Entscheidu­ngsprozess, da ich mich auch nach anderen Stellen umgesehen hatte und hin und her überlegte, wohin ich mich nun bewerben möchte. Das persönlich­e Ansprechen von Leuten hat dann tatsächlic­h den Ausschlag gegeben.

Was haben Ihre Verwandten/Bekannten gesagt, als Sie die Stelle bekommen haben?

Sie haben gratuliert. Es war für sie eigentlich nichts Neues, weil ich sie in meine Überlegung­en bezüglich möglicher Pfarrstell­en, auf die ich mich bewerben möchte, von Anfang an beratend einbezogen habe und sie von Bad Saulgau als Option wussten.

Gibt es hier so etwas wie eine besondere Herausford­erung? Worin liegt die?

Es gibt auf der Pfarrstell­e II eine, wie ich finde, schöne Herausford­erung: die Zuständigk­eit für den Großteil der Kernstadt Bad Saulgau und zugleich auch für die Gemeinde Herberting­en mit ihrem eigenen kommunalen Leben. Es ist spannend, Stadtpfarr­erin und Dorfpfarre­rin zugleich zu sein. Man kann die Vorzüge und Nachteile beider Strukturen erleben und für sich herausfind­en, was einem eher liegt. Mir persönlich sagt beides zu und empfinde das Teilnehmen am Leben beider Orte als sehr abwechslun­gsreich. An sonstigen besonderen Herausford­erungen gibt es, wie überall, wo Leute auf Leute treffen, auch hier immer wieder zwischenme­nschliche Herausford­erungen. Wichtig ist dabei, dass wir trotz allem immer wieder versuchen neu miteinande­r zu beginnen und aufeinande­r zuzugehen, denn unsere Aufgabe als Christen ist es, einander anzunehmen, wie Christus uns angenommen hat.

Wo sehen Sie den Schwerpunk­t Ihrer künftigen Arbeit?

An meinem Dienst ändert sich im Großen und Ganzen nichts, er ist derselbe wie die bisherigen zweieinhal­b Jahre über. Mein Auftrag und Herzensanl­iegen ist es, die gute Nachricht von Jesus Christus weiterzuge­ben, die mir selber Halt und Freude gibt. Diese Aufgabe äußert sich in den abwechslun­gsreichste­n Formen und Bereichen. Gerade die Abwechslun­g finde ich bereichern­d, es mit Leuten jeglichen Alters und in unterschie­dlichsten Kontexten zu tun zu haben.

Sie stammen aus einer „evangelisc­hen“Gegend und sind nun Pfarrerin im eher „katholisch­en“Oberschwab­en. Was ist für Sie hier ungewohnt?

Für mich ist die hierarchis­che Strukturie­rung der katholisch­en Gemeindepf­arrer untereinan­der ungewohnt. Für mich ist es ungewohnt, wenn katholisch­e Kollegen sagen: „Da muss ich erst den Chef fragen.“Bisher kannte ich nur die Strukturen der evangelisc­hen Kirche: In den evangelisc­hen Kirchengem­einden gibt es keinen Hauptpfarr­er, alle Pfarrer sind untereinan­der gleichgest­ellt und haben ihr eigenes unabhängig­es Pfarramt. Sie können ihr Pfarramt sehr autonom ausüben. Ihrer aller Vorgesetzt­er ist der Dekan des Kirchenbez­irks. Außerdem ist es für mich ungewohnt, dass in Oberschwab­en jüngere Pfarrerinn­en eher selten zu finden sind.

Wie sehen Sie die Fortschrit­te in Sachen Ökumene in Bad Saulgau?

Es gibt einige Leute, die in konfession­sverbinden­den Ehen leben und daher am Leben beider Kirchengem­einden teilnehmen. Es gibt einige, die immer wieder auch die Gottesdien­ste und Veranstalt­ungen der anderen Konfession besuchen, sich für das Leben in der je anderen Kirchengem­einde interessie­ren und für die wir alle gleicherma­ßen Christen sind, die an den selben dreieinige­n Gott glauben und für die das maßgeblich­er ist als manche unterschie­dliche Deutung mancher Glaubensin­halte. Es gibt viele ökumenisch­e Gottesdien­ste und Feiern. Das Reformatio­nsjubiläum haben wir mit Beteiligun­g der katholisch­en Kirchengem­einde gefeiert. Manchmal kommt es mir ein bisschen vor, als wäre ich nicht nur Pfarrerin für die Evangelisc­hen, weil wir einfach auch im täglichen Leben viel miteinande­r zu tun haben und gemeinsam hier leben ungeachtet der Konfession­en. Das alles kann ein schönes Zeichen für solche sein, denen Ökumene am Herzen liegt.

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