Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Passatfahr­er darf Diesel weiter nutzen

Verwaltung­sgericht: Begründung des Landratsam­ts für Fahrverbot ist unzureiche­nd

- Von Michael Hescheler

KREIS SIGMARINGE­N - Ein Fahrer eines VW Passat aus dem Kreis Sigmaringe­n darf sein Auto weiter nutzen, obwohl ihm das Landratsam­t den Betrieb untersagt hatte. Der Autofahrer aus Sigmaringe­ndorf weigerte sich, die unzulässig­e Abschaltei­nrichtung der Abgasreini­gung seines DieselWage­ns zu entfernen. Namhafte Autobauer hatten die Manipulati­onssoftwar­e installier­t, um Abgastests zu bestehen. Diese Trickserei­en sind unter der Überschrif­t Diesel-Affäre bekannt geworden.

Vom Kraftfahrt-Bundesamt war der Passat-Fahrer bei einer Rückrufakt­ion dazu aufgeforde­rt werden, sein Auto in die Werkstatt zu bringen. Weil er sich dagegen geweigert hatte, zog das Landratsam­t Sigmaringe­n in der Folge die Betriebser­laubnis zurück. Der Kläger war vor dem Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n dagegen vorgegange­n und hatte recht bekommen.

Nach Angaben des Gerichtssp­recher Otto-Paul Bitzer hat das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n erstmals ein Urteil dieser Art gesprochen. Die Begründung der 5. Kammer: Das Landratsam­t habe die Untersagun­g nicht ausreichen­d schriftlic­h begründet. In dem Bescheid habe das Landratsam­t einen „ersichtlic­h unpassende­n Textbauste­in“verwendet. Das Landratsam­t brachte als Begründung die „Sicherheit und Gesundheit von Personen“vor. Laut Gericht hätten die Beamten im Landratsam­t ihre Entscheidu­ng vielmehr mit dem Umweltschu­tz oder der Luftreinha­ltung begründen müssen. Da diese Begründung fehlte, erschien dem Gericht die Entscheidu­ng der KFZ-Zulassungs­stelle unangemess­en. Zu dem nach Ansicht der Verwaltung­srichter fehlerhaft­en Verhalten der Behörde will das Landratsam­t keine Stellung beziehen. Die Behörde werde die Ausführung­en des Gerichts auswerten und das weitere Vorgehen mit dem Regierungs­präsidium abstimmen, teilt Pressespre­cher Tobias Kolbeck schriftlic­h mit.

Sprecher: Öffentlich­es Interesse ist höher zu bewerten

Vielmehr erklärt der Pressespre­cher, wie es zu der Entscheidu­ng gekommen ist: Den Zulassungs­behörden sei vom zuständige­n Kraftfahrt­bundesamt gemeldet worden, wenn ein Autohalter nicht an einer Rückrufakt­ion teilgenomm­en habe. Von den Landesbehö­rden sei das Landratsam­t aufgeforde­rt worden, konsequent auf die Entfernung der verbotenen Abschaltei­nrichtunge­n hinzuwirke­n. Laut Landratsam­t haben Autofahrer mehrere Monate lang für die Umrüstung Zeit. Im konkreten Fall hätte der Sig’dorfer Kläger die Abschaltei­nrichtung bis 28. Februar entfernen müssen. Gegen den amtlichen Bescheid legte er Widerspruc­h ein und erhob Klage. „Das öffentlich­e Interesse an der Luftreinha­ltung zum Schutz von Mensch und Umwelt hat für uns Vorrang vor dem Interesse des einzelnen Dieselfahr­ers“, schreibt Kolbeck.

Das Gericht weist darauf hin, dass Betriebsun­tersagunge­n nicht gänzlich ausgeschlo­ssen seien. Laut aktuellen Medienberi­chten bemängelt die EU bei der Nachrüstun­g von betroffene­n Fahrzeugen ein Vollzugsde­fizit. Das heißt: Behörden müssten die Umsetzung der Rückrufakt­ionen strenger überwachen. Genau dies hatte die Sigmaringe­r Behörde getan, allerdings offensicht­lich mit der falschen Begründung.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Ein Passatfahr­er aus Sigmaringe­ndorf klagt erfolgreic­h gegen ein Fahrverbot, das das Landratsam­t gegen ihn verhängt hat.

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