Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Neue Sicherheitsgruppe hat Bedrohungen im Griff
Seit September 2017 wird das Ravensburger Landgericht von einer eigenen Außenstelle besonders geschützt
RAVENSBURG - Um die Sicherheit am Ravensburger Landgericht zu erhöhen, werden seit einem Dreivierteljahr speziell ausgebildete Wachtmeister eingesetzt. Sie übernehmen Einlasskontrollen, führen Angeklagte vor und sorgen für einen reibungslosen Ablauf im Gerichtssaal. Größere Vorfälle hat es seither nicht gegeben, doch ist jeder Tag für die Wachtmeister eine Herausforderung.
Die Ravensburger Sicherheitskräfte bilden seit vergangenem September eine Außenstelle der sogenannten „Sicherheitsgruppe für Gerichte und Staatsanwaltschaften“(SGS) in Ulm. Die Sicherheitsgruppe selbst wurde – wie sieben weitere in Baden-Württemberg – im Jahr 2014 eingerichtet. Grund war ein Vorfall im bayerischen Dachau. Dort hatte im Januar 2012 ein Angeklagter während eines Strafprozesses im Gericht den Staatsanwalt erschossen und versucht, seine Anwältin, den Richter und den Protokollführer zu töten.
„Die Sicherheitsgruppe kann bei besonderen Anlässen vom Amtsvorstand oder dem zuständigen Richter angefordert werden“, erklärt Gerhard Schwarz. Er leitet die Ulmer Sicherheitsgruppe. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“bittet er darum, seinen Namen und die Namen seiner Kollegen zu anonymisieren, denn die Szene der „Reichsbürger“habe es derzeit auf die Identitäten der Wachtmeister abgesehen.
Wie Schwarz sagt, sei der Einsatz von Sicherheitsgruppen „sehr sinnvoll“. Die Wachtmeister führen bei Gerichtsprozessen anlassbedingte Kontrollen durch, zum Beispiel bei größeren Gerichtsprozessen mit gewissem Risikopotenzial wie Rockerprozessen, oder anlassunabhängige Kontrollen, bei denen Besucher genauer in Augenschein genommen werden. Bei diesen Durchsuchungen finden die Sicherheitsbeamten meist allerhand Gegenstände, die sie in Verwahrung nehmen und bei Gesetzesverstößen der Polizei melden: Messer, Pfefferspray, Schlagstöcke, manchmal sogar Schusswaffen.
Zudem sind die Angehörigen der Sicherheitsgruppe auch bei den Prozessen selbst präsent. Das schaffe Respekt und helfe, Risiken im Vorfeld zu minimieren und brenzlige Situationen zu vermeiden. Die Notwendigkeit der Sicherheitsmaßnahmen beschreibt Schwarz so: „Die Fälle sind aggressiver geworden, vielen Angeklagten und Besuchern fehlt die Achtung vor dem Gesetz, und es kommt immer wieder zu Tumulten.“
Die beiden Wachtmeister der Außenstelle Ravensburg haben schon einiges erlebt. Sie mussten Angeklagte zähmen, die gegenüber ihren Verteidigern handgreiflich geworden sind oder Rasierklingen im Mund ins Gericht geschmuggelt haben, wurden angepöbelt, bespuckt und bedroht oder mussten Angriffe abwehren und wegen Aufruhr Gerichtssäle räumen. Trotzdem macht den beiden Männern, die unerkannt bleiben möchten, ihre Arbeit Spaß. „Unser Beruf ist abwechslungsreich, jeden Tag erleben wir etwas Neues“, meint der eine. Und der andere ergänzt: „Ich bin gerne an der Front.“
Laut aktuellen Plänen des Justizministeriums soll die Ravensburger SGS-Außenstelle um eine weitere Stelle aufgestockt werden. Laut Thomas Dörr, Präsident des Ravensburger Landgerichts, greifen die Vorsitzenden der Strafkammern vermehrt auf die Sicherheitsgruppe zurück. In Zivilverfahren komme das eher selten vor, so der Gerichtspräsident.