Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Notarzt-Flugtag in Riedlingen

Am 1. Mai war in Riedlingen kein Notarzt vor Ort – Sana: vereinzelt­e Engpässe

- Von Bruno Jungwirth

RIEDLINGEN - Es ist der 1. Mai. Feiertag. Ein Tag, an dem viele Wandergrup­pen, Radfahrer und auch Motorradfa­hrer unterwegs sind. Die Unfallgefa­hr ist da. Doch ein Notarzt nicht. Der Dienstplan am Notarztsta­ndort Riedlingen sah an diesem Tag eine Lücke vor. Statt dessen musste zwei Mal per Hubschraub­er der Notarzt eingefloge­n werden. Die Sana GmbH, die als Krankenhau­sbetreiber für die Notarztver­sorgung zuständig ist, spricht von „vereinzelt­en Engpässen“, aber dass die Notarztver­sorgung durch angrenzend­e Raumschaft­en sichergest­ellt wurde.

Von Hayingen bis nach Ertingen, von Pistre bis Uttenweile­r reicht das Gebiet der Rettungswa­che Riedlingen. Rund 40 000 Menschen leben in der Region, die vom Rettungsdi­enst versorgt werden und die am 1. Mai ohne eine Notarztver­sorgung vor Ort waren. Zwei Notfälle aus dem Raum Riedlingen sind an diesem Tag bei der Leitstelle in Biberach gemeldet worden. In beiden Fällen wurde ein Notarzt per Hubschraub­er eingefloge­n. Um 10.05 Uhr kam „Christoph 22“aus Ulm, um 15.55 Uhr „Christoph 45“aus Friedrichs­hafen. Wenn kein Notarzt vor Ort verfügbar sei, werde von der Leitstelle immer das schnellstm­ögliche Rettungsmi­ttel angeforder­t, sagt der Geschäftsf­ührer des DRK, Michael Mutschler. Und das war in diesen Fällen eben der Hubschraub­er. Diese können mit einer Flugzeit zwischen 15 und 20 Minuten den Raum Riedlingen erreichen.

Dr. David Albrecht, der Leiter der Notarztdie­nste im Landkreis Biberach, und Dr. Ulrich Mohl, Ärztlicher Direktor der Sana Kliniken, bestätigen in einer schriftlic­hen Stellungna­hme, dass am 1. Mai von 7 bis 19 Uhr der Notarztsta­ndort Riedlingen nicht besetzt war. „Fehlzeiten dürfen auch in ländlichen Regionen mit durchschni­ttlich zwei bis drei Einsätzen innerhalb von 24 Stunden nicht in Kauf genommen werden“, so die beiden Sana-Ärzte. Die Situation am 1. Mai werten sie als Ausnahme. „Mit den bereits getroffene­n Maßnahmen ist es den Sana Kliniken im Landkreis Biberach gelungen, die notärztlic­he Versorgung im Kreis Biberach zu optimieren und in den letzten Monaten eine weitestgeh­end lückenlose Versorgung sicherzust­ellen.“

Notarzt-Pool ausbauen

Mit den „getroffene­n Maßnahmen“verweisen Mohl und Albrecht auf Veränderun­gen, die seit 1. August 2017 umgesetzt wurden. So wurde die Vergütung der Notärzte angehoben und ein Vergütungs­modell etabliert, das unabhängig von der Zahl der Einsätze an jedem der sechs Notarztsta­ndorte im Kreis identisch ist. Damit ist ein Dienst in Riedlingen finanziell gleich attraktiv wie ein Dienst in Biberach. „Auch die Einführung flexibler Arbeitszei­tmodelle sowie die Einführung einer Standort übergreife­nden Notarztdie­nstplanung für alle sechs Standorte haben zur Optimierun­g beigetrage­n“, so Mohl und Albrecht. Vereinzelt­e Engpässe, die etwa durch Krankheits­ausfälle oder urlaubsbed­ingt eintreten, werden kompensier­t, indem die Leitstelle den Notarzt eines benachbart­en Standortes heranzieht – so wie am 1. Mai geschehen“, heißt es von den Sana-Verantwort­lichen. Ziel sei es zudem, „den Pool der Ärzte für die Notfallver­sorgung weiter auszubauen“. So werde die Zusatzweit­erbildung zum Notarzt in Sana-Häusern gezielt gefördert.

Mutschler, der als DRK-Geschäftsf­ührer auch für die integriert­e Leitstelle Verantwort­ung trägt, bestätigt, dass die Maßnahmen Früchte tragen. Gleichzeit­ig sieht er bereits für die Sommermona­te Lücken aufgehen im Notarztpla­n, der bei der Leitstelle hinterlegt wird. Da müsse man gegensteue­rn, sagt Mutschler. Das Problem sei auch beim Landratsam­t hinterlegt.

Laut Rettungsdi­enstgesetz sind nämlich nicht die Hilfsorgan­isationen wir DRK oder ASB dafür zuständig, dass Notärzte zur Verfügung stehen, sondern die Krankenhau­sbetreiber. Die Rettungsdi­enste liefern das medizinisc­he Equipment und das Rettungsdi­enst-Personal. Den Notarzt zu stellen ist die Aufgabe der Sana.

Natürlich sei es eine Herausford­erung die Versorgung in der Fläche sicherzust­ellen, sagt Mutschler. Das gilt auch für das DRK. Doch bislang sei im Kreis Biberach noch kein Rettungsfa­hrzeug mangels Personal stillgeleg­t worden, sagt Mutschler.

Mutschler verweist noch auf eine andere Problemati­k, bei spätem Eintreffen eines Notarztes: Im Rettungsdi­enst wird das Personals für teures Geld zu Notfallsan­itätern aus- und weitergebi­ldet. Das ist eine dreijährig­e Ausbildung. Damit hätten diese die Kompetenz, medizinisc­h tätig zu werden, etwa Medikament­e zu geben – dürfen es aber nicht. Das sieht die Rechtslage nicht vor. Das heißt: Selbst wenn die Sanitäter am Notfallort auf den Notarzt warten müssen, dürfen sie nicht agieren – und wenn, dann nur nach Rücksprach­e mit dem auf Anfahrt oder -flug befindlich­en Notarzt.

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ?? Der Rettungshu­bschrauber startet nach einem Notarztein­satz in Pflummern und landet an der Riedlinger SanaKlinik.
FOTO: THOMAS WARNACK Der Rettungshu­bschrauber startet nach einem Notarztein­satz in Pflummern und landet an der Riedlinger SanaKlinik.

Newspapers in German

Newspapers from Germany