Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Notarzt-Flugtag in Riedlingen
Am 1. Mai war in Riedlingen kein Notarzt vor Ort – Sana: vereinzelte Engpässe
RIEDLINGEN - Es ist der 1. Mai. Feiertag. Ein Tag, an dem viele Wandergruppen, Radfahrer und auch Motorradfahrer unterwegs sind. Die Unfallgefahr ist da. Doch ein Notarzt nicht. Der Dienstplan am Notarztstandort Riedlingen sah an diesem Tag eine Lücke vor. Statt dessen musste zwei Mal per Hubschrauber der Notarzt eingeflogen werden. Die Sana GmbH, die als Krankenhausbetreiber für die Notarztversorgung zuständig ist, spricht von „vereinzelten Engpässen“, aber dass die Notarztversorgung durch angrenzende Raumschaften sichergestellt wurde.
Von Hayingen bis nach Ertingen, von Pistre bis Uttenweiler reicht das Gebiet der Rettungswache Riedlingen. Rund 40 000 Menschen leben in der Region, die vom Rettungsdienst versorgt werden und die am 1. Mai ohne eine Notarztversorgung vor Ort waren. Zwei Notfälle aus dem Raum Riedlingen sind an diesem Tag bei der Leitstelle in Biberach gemeldet worden. In beiden Fällen wurde ein Notarzt per Hubschrauber eingeflogen. Um 10.05 Uhr kam „Christoph 22“aus Ulm, um 15.55 Uhr „Christoph 45“aus Friedrichshafen. Wenn kein Notarzt vor Ort verfügbar sei, werde von der Leitstelle immer das schnellstmögliche Rettungsmittel angefordert, sagt der Geschäftsführer des DRK, Michael Mutschler. Und das war in diesen Fällen eben der Hubschrauber. Diese können mit einer Flugzeit zwischen 15 und 20 Minuten den Raum Riedlingen erreichen.
Dr. David Albrecht, der Leiter der Notarztdienste im Landkreis Biberach, und Dr. Ulrich Mohl, Ärztlicher Direktor der Sana Kliniken, bestätigen in einer schriftlichen Stellungnahme, dass am 1. Mai von 7 bis 19 Uhr der Notarztstandort Riedlingen nicht besetzt war. „Fehlzeiten dürfen auch in ländlichen Regionen mit durchschnittlich zwei bis drei Einsätzen innerhalb von 24 Stunden nicht in Kauf genommen werden“, so die beiden Sana-Ärzte. Die Situation am 1. Mai werten sie als Ausnahme. „Mit den bereits getroffenen Maßnahmen ist es den Sana Kliniken im Landkreis Biberach gelungen, die notärztliche Versorgung im Kreis Biberach zu optimieren und in den letzten Monaten eine weitestgehend lückenlose Versorgung sicherzustellen.“
Notarzt-Pool ausbauen
Mit den „getroffenen Maßnahmen“verweisen Mohl und Albrecht auf Veränderungen, die seit 1. August 2017 umgesetzt wurden. So wurde die Vergütung der Notärzte angehoben und ein Vergütungsmodell etabliert, das unabhängig von der Zahl der Einsätze an jedem der sechs Notarztstandorte im Kreis identisch ist. Damit ist ein Dienst in Riedlingen finanziell gleich attraktiv wie ein Dienst in Biberach. „Auch die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle sowie die Einführung einer Standort übergreifenden Notarztdienstplanung für alle sechs Standorte haben zur Optimierung beigetragen“, so Mohl und Albrecht. Vereinzelte Engpässe, die etwa durch Krankheitsausfälle oder urlaubsbedingt eintreten, werden kompensiert, indem die Leitstelle den Notarzt eines benachbarten Standortes heranzieht – so wie am 1. Mai geschehen“, heißt es von den Sana-Verantwortlichen. Ziel sei es zudem, „den Pool der Ärzte für die Notfallversorgung weiter auszubauen“. So werde die Zusatzweiterbildung zum Notarzt in Sana-Häusern gezielt gefördert.
Mutschler, der als DRK-Geschäftsführer auch für die integrierte Leitstelle Verantwortung trägt, bestätigt, dass die Maßnahmen Früchte tragen. Gleichzeitig sieht er bereits für die Sommermonate Lücken aufgehen im Notarztplan, der bei der Leitstelle hinterlegt wird. Da müsse man gegensteuern, sagt Mutschler. Das Problem sei auch beim Landratsamt hinterlegt.
Laut Rettungsdienstgesetz sind nämlich nicht die Hilfsorganisationen wir DRK oder ASB dafür zuständig, dass Notärzte zur Verfügung stehen, sondern die Krankenhausbetreiber. Die Rettungsdienste liefern das medizinische Equipment und das Rettungsdienst-Personal. Den Notarzt zu stellen ist die Aufgabe der Sana.
Natürlich sei es eine Herausforderung die Versorgung in der Fläche sicherzustellen, sagt Mutschler. Das gilt auch für das DRK. Doch bislang sei im Kreis Biberach noch kein Rettungsfahrzeug mangels Personal stillgelegt worden, sagt Mutschler.
Mutschler verweist noch auf eine andere Problematik, bei spätem Eintreffen eines Notarztes: Im Rettungsdienst wird das Personals für teures Geld zu Notfallsanitätern aus- und weitergebildet. Das ist eine dreijährige Ausbildung. Damit hätten diese die Kompetenz, medizinisch tätig zu werden, etwa Medikamente zu geben – dürfen es aber nicht. Das sieht die Rechtslage nicht vor. Das heißt: Selbst wenn die Sanitäter am Notfallort auf den Notarzt warten müssen, dürfen sie nicht agieren – und wenn, dann nur nach Rücksprache mit dem auf Anfahrt oder -flug befindlichen Notarzt.