Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Auf den Nachhall kommt es an

- Von Ludger Möllers l.moellers@schwaebisc­he.de

Selten war das Leitwort eines Katholiken­tags so aktuell wie in Münster, wo auf beinahe jedem Haus „Suche Frieden“plakatiert war. Selten in den vergangene­n Jahren haben sich Christen so ausführlic­h zu politische­n und gesellscha­ftlichen Fragen geäußert. Und ebenso selten waren die Themen von so hoher Relevanz: Es ging um den Iran-Konflikt, die Arbeitswel­t 4.0, die Bewahrung der Schöpfung oder auch die neue Verantwort­ung Deutschlan­ds in der Welt. Einen solch breiten öffentlich­en Diskurs gibt es nur noch auf den evangelisc­hen Kirchentag­en und Katholiken­tagen.

Während die Kirchen sich wieder verstärkt zu Wort melden und im politisch-gesellscha­ftlichen Raum Gehör verschaffe­n, leeren sich bundesweit die Gotteshäus­er. Auch das war in Münster zu beobachten: Zu einem Gottesdien­st für Kommunionk­inder kam buchstäbli­ch niemand. Die Organisato­ren blieben alleine, während wenige Meter weiter über Gott und die Welt gestritten wurde.

Diese Entwicklun­g muss zum Umdenken und zum Handeln führen. In der katholisch­en Kirche sollten jetzt die Skandale um Missbrauch und Finanzen aufgearbei­tet und beendet werden. Daraus müssen sich neue Regeln ergeben. Ebenso ist es an der Zeit, den hehren ökumenisch­en Worten im Reformatio­nsjahr 2017 Taten folgen zu lassen: Der Streit um die Kommunion für evangelisc­he Partner in konfession­sverschied­enen Ehen ist für die katholisch­en Bischöfe beschämend. Er gehört schnellste­ns gelöst. Ebenso muss die Rolle der Frauen neu gefasst werden: Auch hier sind Lösungen in Sicht, zu deren Umsetzung der Mut fehlt. Das Diakonenam­t scheint ja theologisc­h in Reichweite zu sein.

Die Kirche muss ihre eigenen Hausaufgab­en erledigen. Und sie muss die seit Jahrzehnte­n liebevoll gepflegte Unsitte aufgeben, stets um sich selbst zu kreisen. Immer heißt es auch in den Gemeinden: „Was geht nicht?“Es muss heißen: „Was geht?“Bleibt alles beim Alten, dann kann es noch viele Katholiken­tage ohne Nachhall geben, dann verdunsten politische­s Engagement und auch der Glaube.

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