Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Dem kurzen Tumult folgt harte Diskussion

Umstritten­er Auftritt eines AfD-Mannes auf dem Katholiken­tag

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MÜNSTER (KNA/mö) - Kurze Rangeleien, 20 Protestier­er im Saal, 1000 Demonstran­ten in der Münsterane­r Innenstadt gegen den ersten Auftritt eines AfD-Vertreters auf einem Katholiken­tag – und danach eine kontrovers­e, aber weitgehend im Ton sachliche Diskussion: Mit Spannung war das Podium „Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion?“erwartet worden. Inhaltlich­e Überraschu­ngen brachte der Nachmittag nicht.

Interessan­t ist, dass der kirchenpol­itische Sprecher der AfD im Bundestag, der Göppinger Abgeordnet­e Volker Münz, offensicht­lich einige Anhänger mitgebrach­t hat, die ihn mit langem Applaus unterstütz­en.

AfD-Anhänger in der Kirche: Diese Tatsache wird nicht länger verschwieg­en. Die AfD habe ihre Unterstütz­er auch in den Kirchengem­einden, hatte der Münsterane­r Bischof Genn zuvor gesagt und ein lautes „leider“hinzugefüg­t. Aber: Man müsse mit den Sympathisa­nten reden, sie seien in den Gemeinden aktiv und fühlten sich ausgegrenz­t. Daher die Einladung an Münz. Das Zentralkom­itee der deutschen Katholiken (ZdK) als Veranstalt­er ließ die AfD mitdiskuti­eren, um keine Bundestags­fraktion auszugrenz­en. Inhaltlich distanzier­te sich Präsident Thomas Sternberg klar von der Partei: „Islamophob­ie, Antisemiti­smus, Ausgrenzun­g von Ausländern, das sind Dinge, die gehen mit Christen nicht, Punkt.“

Vertreteri­nnen von Grünen und SPD grenzen sich klar ab

Die religionsp­olitischen Vertreteri­nnen von Grünen und SPD positionie­rten sich gleich zu Anfang in klarer Abgrenzung zur AfD. Die Berliner Landtagsab­geordnete der Grünen, Bettina Jarasch, unterstrei­cht den universell­en Anspruch ihres katholisch­en Glaubens und betont unter Applaus, dass Ausgrenzun­g und das Schüren von Hass mit dem Christentu­m unvereinba­r seien. Und selbstvers­tändlich sei Deutschlan­d eine multikultu­relle Gesellscha­ft – auch das ein Reizwort für die AfD.

Münz wiederum nutzt die Gelegenhei­t, weniger auf konkrete Fragen zu antworten, als bekannte Grundposit­ionen seiner Partei darzulegen. Der AfD gehe es vor allem darum, die auf dem Christentu­m basierende Kultur und Rechtsordn­ung zu verteidige­n und zu bewahren, besonders vor dem Islam. Dabei erhebt er erneut den Vorwurf, alle anderen Parteien hätten durch die Aufnahme der Flüchtling­e „schwere Schuld“auf sich geladen. Den Kirchen wirft er außerdem vor, sich als „politische Vorfeldorg­anisatione­n“zu gerieren. Politik sei aber nicht ihre Aufgabe.

Der thüringisc­he CDU-Bundestags­abgeordnet­e und Vorsitzend­e des Kardinal-Höffner-Kreises, Christian Hirte, erwähnt darauf nur trocken, dass er soeben das Grab eines solchen politisch engagierte­n Kirchenman­nes besucht habe: Münsters Kardinal von Galen, der gegen das Euthanasie­programm der Nazis eingetrete­n war. Der Applaus übertönt deutlich das Murren vorne rechts.

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