Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Breitenwirkung und Spitzenklasse
Ulmer Spatzen gewinnen beim 10. Deutschen Chorwettbewerb in Freiburg einen ersten Preis
FREIBURG - Preisverleihungen sind für das Publikum fast immer langweilig. Beim vierten Preisträgerkonzert und gleichzeitig Finale des Deutschen Chorwettbewerbs (5. bis 13. Mai 2018) im voll besetzten Freiburger Konzerthaus gerät aber selbst diese Pflichtübung zu einem echten Kracher. Da wird mal von der Empore das mehrstimmige „Ein Prosit der Gemütlichkeit“angestimmt oder ein Trommelwirbel gestartet, der Dietrich Paul Thomas, dem Dirigenten des Jazzchors der Universität Köln gilt. Die Ulmer Spatzen zeigen nicht nur ihre glasklaren Stimmen bei Max Regers „Er ist’s“, sondern entfalten auch als Cheerleader bei der Siegerehrung auf dem Seitenrang große Präsenz. Selbst die ohne Preis gebliebenen Chöre werden frenetisch bejubelt.
53 der insgesamt 116 teilnehmenden Chöre wurden mit Preisen ausgezeichnet. Insgesamt 19 Formationen erreichten 23 von möglichen 25 Punkten, was mit dem Prädikat „mit hervorragendem Erfolg teilgenommen“ausgezeichnet wurde. Auch die Bilanz der baden-württembergischen Chöre kann sich sehen lassen. Erste Preise erhielten neben dem Ulmer-Spatzen-Chor auch der Kammerchor der Musikhochschule Mannheim. Mit einem zweiten Preis wurde neben der Stuttgarter Kantorei und dem Freiburger Popchor Twäng! auch der Karlsruher Kammerchor des Helmholtz-Gymnasiums ausgezeichnet, der zusätzlich noch den von der Stadt Freiburg gestifteten Preis für zeitgenössische Musik erhielt.
Ausstrahlung in die Stadt hinein
Was den deutschen Chorwettbewerb, der dieses Jahr unter dem Motto „GemEinsame Spitze“stand, aber besonders ausmacht, ist die Ausstrahlung in die Stadt hinein. Die öffentlichen, kostenlosen Wertungssingen waren die ganze Woche über sehr gut besucht. Auch die vielen Rahmenkonzerte und ein Auftritt des jungen, großartigen Chores PopUp aus Detmold in der Justizvollzugsanstalt Freiburg hinterließen Spuren. Selbst der Sportclub Freiburg wurde am letzten Spieltag im Abstiegskampf erfolgreich unterstützt, indem am Samstagmorgen im Konzerthaus das Badner-Lied von 1500 Sängerinnen und Sängern unter der Leitung von Bertrand Gröger angestimmt wurde und der Mitschnitt davon wenige Stunden später auf der Stadionleinwand vor dem 2:0-Sieg gegen Augsburg zu sehen war.
Gelungenes Abschlusskonzert
„Kultur ist für uns keine freiwillige Leistung, sondern eine politische Pflichtaufgabe“, sagte Freiburgs erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach beim finalen Preisträgerkonzert. Mit 120 000 Euro hatte die Stadt, die für die Durchführung des Wettbewerbs viel Lob erhielt, die 1,1 Millionen Euro teure, nur alle vier Jahre stattfindende Fördermaßnahme des Deutschen Musikrats unterstützt.
Das hohe Niveau ist auch beim Abschlusskonzert zu spüren, wenn der Via-Nova-Chor München unter der Leitung von Kerstin Behnke Robert Schumanns „Ungewitter“mit perfekter Textverständlichkeit, homogenem Ensembleklang und betörendem Sopran zum Leben erweckt! Der Kammerchor der Hamburger Musikhochschule (Leitung: Cornelius Trantow) hat sogar bei seiner farbigen Version von Astor Piazzollas „Adios Nonino“Tangoschritte eingebaut, um dieser Musik noch ein bisschen näher zu kommen. Stehende Ovationen für einen gelungenen Auftritt und einen vitalen, begeisternden 10. Deutschen Chorwettbewerb in Freiburg.