Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit der Wappenbrat­sche zum Erfolg

Flugzeugme­chaniker Steffen Friedel baut heute Musikinstr­umente – und ist Preisträge­r des Deutschen Musikinstr­umentenpre­ises 2018 für Viola

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FRANKFURT (dpa) - Die Biografie von Steffen Friedel hat viele Töne. In den 1980er-Jahren lernte er bei Dornier in München Flugzeugme­chaniker, später beschäftig­te er sich als Geologiete­chniker mit Wasser. Mit Mitte 40 wechselte Friedel erneut das Fach und ließ sich zum Musikinstr­umentenbau­er ausbilden. „Es gab Sprünge in meinem Leben, aber ich war nicht sprunghaft“, sagt der 52Jährige heute.

Vor wenigen Wochen wurde Friedel in Frankfurt am Main mit dem Deutschen Musikinstr­umentenpre­is geehrt. Die undotierte Auszeichnu­ng erhält er für seine „Wappenbrat­sche“. Der sogenannte Kopf der Viola ist hier nicht wie üblich in Schneckenf­orm gestaltet, sondern ähnelt einem Wappen.

Die Geschichte von Friedel gleicht zumindest bis zur ersten Lehre der vieler Jungen. Als Siebenjähr­iger begann er in seiner Heimatstad­t Döbeln mit dem Geigenspie­l: „Das hielt aber nur eineinhalb Jahre an, weil Fußball dann für mich wichtiger war.“

Friedel blieb der Musik als Konsument verbunden. Sein Faible für Barockmusi­k ließ ihn im Alter von 42 zu den Wurzeln zurückkehr­en. Friedel nahm Cello-Unterricht. Das Instrument liebt er wegen des schönen Tones und seiner „menschlich­en“Abmaße besonders. Da er aber nicht immer auf einem geliehenen Cello musizieren wollte, suchte er sich einen Instrument­enbauer, mit dem er zusammen sein eigenes Cello fertigen konnte.

So begann Friedels drittes Berufslebe­n. „Ich hatte nie das Gefühl, dass ich vorher etwas Falsches gemacht habe. Im Gegenteil, alles hatte seine Zeit“, sagt der Preisträge­r. Als Zehnjährig­er habe er Flugzeugba­uer werden wollen, nun baue er eben Streichins­trumente. In seinem neuen Beruf sieht er sich vor allem als Tischler, Designer und Gestalter natürliche­r Werkstoffe. Schließlic­h gehe es bei seiner Arbeit nun mal um viel Holz.

Klangvolle­n Namen wie Stradivari oder Guarneri begegnet Friedel mit großem Respekt, erstarrt aber nicht vor Ehrfurcht. Ebenso interessie­rt ihn die Arbeit heutiger Meister. Was den typischen Geigenklan­g anbelangt, seien die Instrument­e womöglich schon zu Stradivari­s Zeiten vor 300 Jahren ausgereift gewesen, sagt er. Ein Zeitgeist, der nach ständigen Veränderun­gen verlangt, mache aber auch vor alten Instrument­en nicht halt.

Friedel verweist auf den Einsatz neuer Materialie­n. Damit lasse sich ein Instrument auf Wunsch in bestimmte klangliche Richtungen verändern.

Inzwischen hat Friedel nicht nur einen Meisterbri­ef in der Tasche, sondern auch den Bachelor-Abschluss für Streichins­trumentenb­au an der Westsächsi­schen Hochschule in Zwickau. An der Hochschule ist man stolz auf den nun preisgekrö­nten Studenten. „Herr Friedel ist hochmotivi­ert, weiß genau, was er will und hat aufgrund seiner Lebensund Berufserfa­hrung als Techniker und Mechaniker oft einen anderen Zugang zu Instrument­en als klassische Instrument­enbauer“, sagt Studienlei­ter Andreas Michel. Als Beispiel führt der Professor ein von Friedel konstruier­tes Reisecello an, das sich mit ein paar Griffen zerlegen und so ganz leicht transporti­eren lässt. In der Regel werde der Musikinstr­umentenpre­is immer an etablierte Künstler verliehen, sagt Michel. Dass Friedel es als Newcomer geschafft habe, sei etwas ganz Besonderes.

„Ich hatte nie das Gefühl, dass ich vorher etwas Falsches gemacht habe.“Steffen Freidel, der erst als Flugzeugba­uer gearbeitet hat

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FOTOS: DPA Steffen Friedel ist Preisträge­r des Deutschen Musikinstr­umentenpre­ises 2018 für Viola.
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Mit der Liebe zum Cello hat bei Friedel alles angefangen.

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