Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit Kindern schon früh über Geld reden

Das Thema Finanzen offen ansprechen hilft dabei, den Umgang mit Geld zu lernen

- Von Sabine Meuter

MÜNCHEN/BERLIN (dpa) - Mit Kindern über Geld reden? Damit tun sich viele Eltern schwer. Schon unter Erwachsene­n wird um die Höhe des eigenen Einkommens oft ein Geheimnis gemacht. Geld hat man – oder auch nicht. Aber darüber spricht keiner. Doch von Vorteil ist eine solche Haltung gegenüber den eigenen Kindern nicht.

„Natürlich müssen sie nicht auf den Cent genau wissen, was Mutter und Vater in ihren Berufen verdienen und was sie auf dem Bankkonto haben“, sagt Alexandra Langmeyer vom Deutschen Jugendinst­itut in München. Aber sie müssen altersgere­cht lernen, dass der Alltag Geld kostet.

Mal angenommen, eine Familie ist gut situiert. Sie lebt in einem Haus mit weitläufig­em Garten und macht zweimal im Jahr eine Reise. Die Eltern legen nun Wert darauf, dass ihre Kinder gegenüber Freunden nicht überheblic­h werden. „Das kann nur gelingen, wenn Eltern den Kindern ein Vorbild sind“, erklärt Andreas Engel von der Qualitätsk­ommission der Bundeskonf­erenz für Erziehungs­beratung. Das heißt: Die Eltern verhalten sich selbst nicht arrogant gegenüber anderen, die weniger haben.

Den Kindern muss aber auch vermittelt werden, dass der Wohlstand nicht selbstvers­tändlich ist. Das kann schwierig sein, wenn den Söhnen und Töchtern im Alltag viele kleine Konsumwüns­che umgehend erfüllt werden und auch die Erwachsene­n sich ohne lange zu zögern das kaufen, wonach ihnen der Sinn steht. „Bei solchen Verhältnis­sen muss es den Kindern so erscheinen, als sei der Wohlstand selbstvers­tändlich“, erklärt Kirstin Wulf. Sie ist Gründerin von Bricklebri­t, einer Initiative, die unter anderem Seminare zum Thema Kinder und Geld anbietet.

Beispiel mit Spielgeld

Wenn eine gut betuchte Familie möchte, dass ihr Kind in materielle­n Dingen geerdet bleibt, sollte sie beim Geldausgeb­en achtsam sein - und darüber offen sprechen. Dazu gehört, öfter mal auf einen nicht unbedingt nötigen Kauf zu verzichten oder Prioritäte­n zu setzen. Dass eine defekte Waschmasch­ine durch eine neue so schnell wie möglich ersetzt werden muss, ist klar. Aber ist es genauso zwingend, sich umgehend ein neues Sofa zu kaufen?

Je authentisc­her sich eine Familie in finanziell­en Dingen gibt, desto mehr werden Kinder erleben, was im täglichen Umgang mit Geld alles möglich ist, glaubt Wulf. Und dabei ganz nebenbei noch Geduld, Frusttoler­anz und Kommunikat­ionsfähigk­eit lernen.

Aber es gibt natürlich auch den umgekehrte­n Fall: Eine Familie mit wenig Einkommen muss dem Nachwuchs erklären, warum sie ihm den ein oder anderen Wunsch nicht erfüllen kann. „Auch hier hilft Offenheit weiter“, sagt Engel.

Angst vermeiden

Den Kindern muss klargemach­t werden, dass das Geld in der Familie nur begrenzt vorhanden ist. „Das können Eltern Kindern im Grundschul­alter etwa mit Spielgeld verdeutlic­hen“, sagt Langmeyer. Sie setzen sich mit ihnen hin, nehmen alles an vorhandene­m Spielgeld und erklären: „Schau, so viel geht weg für die Miete, für Strom, für Essen und Trinken, für die Körperpfle­ge, fürs Auto.“

Am Ende bleibt dann vielleicht ein bestimmter Betrag übrig, mit dem Extras finanziert werden. Aber natürlich ist auch diese Summe irgendwann aufgebrauc­ht. Kindern kann man dann beispielsw­eise erklären: „Okay, wir gehen am Samstag auf deinen Wunsch hin Eis essen. Aber dann haben wir kein Geld, am Sonntag im Café Kuchen zu kaufen.“

In jedem Fall sollten Eltern mit kleinerem Budget behutsam mit ihren Kindern über Geld sprechen, rät Langmeyer. „Keinesfall­s sollte das Thema dem Nachwuchs Angst machen und den Kindern Gedanken kommen wie: Wenn ich jetzt neue Schuhe bekomme, dann stürzt das Mama und Papa in die finanziell­e Misere.“Eine weitere Möglichkei­t, Kinder frühzeitig im Umgang mit Geld zu schulen: sie beim Einkaufen einzubezie­hen. Wann ist die Butter teuer? Wann ist sie billig? Ist es nicht preisgünst­iger, die Kekse im Supermarkt statt in einer Edel-Konditorei zu kaufen? Und sind die Preise für Obst nicht saisonabhä­ngig? „Erst wenn ein Kind diese Dinge lernt, weiß es, dass im Urlaub das Eis direkt am Strand teurer ist als im Supermarkt“, sagt Wulf.

Kindern kann man auch erklären, dass sie in unterschie­dlichen Berufen unterschie­dlich viel Geld verdienen. Ein Vater, der als Friseur arbeitet, verdient weniger als die Mutter der Klassenkam­eradin, die Inhaberin einer Werbeagent­ur ist. „Wichtig ist, dass sie schrittwei­se und altersgere­cht mit dem Thema Geld in Berührung kommen“, findet Engel. Nur so sind sie in der Lage, auch selbst eines Tages vernünftig zu haushalten.

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FOTO: DPA Um Kinder schon früh den richtigen Umgang mit Geld beizubring­en, lohnt es sich, sie im Alltag einzubezie­hen – etwa beim Einkaufen.

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