Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Neuer Ton im Königshaus
Die zukünftige britische Herzogin Meghan Markle ist stolz auf ihre Herkunft
LONDON - Sie sei „eine aus einer Handvoll herausragender Schülerinnen“in einer langen Berufskarriere gewesen, erinnert sich die frühere Lehrerin. „Oberflächlich“findet sie die Stiefschwester. „Berechnend und kalt“, urteilt die Freundin aus Kindheitstagen über Meghan Markle. Es wird, so viel darf man vorhersagen, den Briten nicht langweilig werden mit dem neuesten Mitglied ihres Königshauses. Wenn Rachel Meghan Markle am kommenden Samstag Henry Charles Albert David Windsor, von aller Welt nur Harry genannt, das Jawort gibt, beginnt in gewisser Weise eine neue Zeitrechnung.
Natürlich hat auch schon Harrys älterer – und als zukünftiger König viel wichtigerer – Bruder William eine kluge, gut ausgebildete, selbstbewusste Frau des 21. Jahrhunderts aus bürgerlicher Familie geheiratet. Aber gegen Kate Middleton, die heutige Herzogin von Cambridge, wirkt die 36-jährige Markle wie eine Exotin. Nicht nur ist sie Amerikanerin und geschieden. Sie stammt auch aus der früh gescheiterten Ehe zwischen einem von Holländern und Iren abstammenden Vater und einer Afroamerikanerin und gehört damit zu der am schnellsten wachsenden Gruppe der ethnischen Minderheiten auf der Insel.
Wie wichtig das ist im Grossbritannien des Jahres 2018, lässt sich an den Reaktionen vieler Briten ablesen. Mit echter Wärme, so empfanden es professionelle Beobachter, wurde Markle im überwiegend von Schwarzen bewohnten Londoner Stadtteil Brixton aufgenommen, als sie dort zu Jahresbeginn einen Besuch mit Harry absolvierte. Der Prinz geriet ins Abseits und schien damit völlig einverstanden zu sein. „Sie hat mit Stolz über ihre Herkunft gesprochen“, sagt Trevor Phillips, der (schwarze) frühere Leiter der Gleichstellungsbehörde. „Das ist sehr wichtig und extrem willkommen.“
Anfangs Rassismus ausgesetzt
Natürlich teilen längst nicht alle Bewohner der Insel in der Nordsee diese Einschätzung. Als ein Palastsprecher im Herbst 2016 erste Presseberichte über das damalige „Girlfriend” bestätigte, war dies Teil einer wütenden Denunziation: Die Tochter einer schwarzen Mutter und eines weißen Vaters sei „einer Welle von Schmähungen und Belästigungen“, ja „offenem Sexismus und Rassismus“ausgesetzt, hieß es im offiziellen Statement des Kensington-Palastes. Ausdrücklich ließ der Prinz der weitverbreiteten Meinung widersprechen, das müssten Prominente nun einmal aushalten. „Das ist kein Spiel“, so Harry.
Ein Schuss Abenteuerlust, auch ein Stück Berechnung, wird schon im Spiel gewesen sein, als Markle sich überlegte, ob sie und der einst als Partyprinz verschriene jüngere Sohn der weltweiten Ikone Diana zusammenpassen. Ihr Ja-Wort hat, das war nach der Verlobung im November selbst im Fernsehen erkennbar, Harry sehr glücklich gemacht. Royale Beobachter erinnern sich an Interviews von vor wenigen Jahren, in denen sich der Hauptmann der Reserve öffentlich darüber beklagte, bei so einem wie ihm halte es keine lange aus.
Gewiss hilft es Markle, dass sie im Umgang mit modernen Massenmedien, auch den sozialen Netzwerken, seit Langem geschult ist. Wenn sie auch bis zur Verlobung im vergangenen November keine weltweite Berühmtheit war, kannte man sie doch durch ihre Rolle in „Suits“, einer USSerie über unfassbar schöne und erfolgreiche Rechtsanwälte. Mehr als eine Million Menschen ließen sich regelmässig von Markle in den sogenannten sozialen Medien ermutigen, beispielsweise so: „Du hast Pizza für immer verdient, und Dein Hintern ist genau richtig.“
Abgesehen von solchen Belanglosigkeiten engagierte sich die Schauspielerin bereits für die Wohltätigkeitsorganisation World Vision und sprach auf einer UN-Konferenz über ihren Stolz, „Frau und Feministin“zu sein. Noch zu Beginn vergangenen Jahres, als die Liaison mit Harry bereits öffentlich war, absolvierte Markle eine Reise nach Indien, sprach dort mit einschlägigen Wohltätigkeitsorganisationen und schrieb anschließend im US-Magazin „Time“über das „Tabuthema Menstruation“.
Inzwischen hat sie ihren Blog eingestellt, ihre Instagram- und TwitterAccounts geschlossen. Markle muss man nicht erklären, welche Fettnäpfchen auf Angehörige des Königshauses bei öffentlichen Auftritten warten.