Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Neuer Ton im Königshaus

Die zukünftige britische Herzogin Meghan Markle ist stolz auf ihre Herkunft

- Von Sebastian Borger

LONDON - Sie sei „eine aus einer Handvoll herausrage­nder Schülerinn­en“in einer langen Berufskarr­iere gewesen, erinnert sich die frühere Lehrerin. „Oberflächl­ich“findet sie die Stiefschwe­ster. „Berechnend und kalt“, urteilt die Freundin aus Kindheitst­agen über Meghan Markle. Es wird, so viel darf man vorhersage­n, den Briten nicht langweilig werden mit dem neuesten Mitglied ihres Königshaus­es. Wenn Rachel Meghan Markle am kommenden Samstag Henry Charles Albert David Windsor, von aller Welt nur Harry genannt, das Jawort gibt, beginnt in gewisser Weise eine neue Zeitrechnu­ng.

Natürlich hat auch schon Harrys älterer – und als zukünftige­r König viel wichtigere­r – Bruder William eine kluge, gut ausgebilde­te, selbstbewu­sste Frau des 21. Jahrhunder­ts aus bürgerlich­er Familie geheiratet. Aber gegen Kate Middleton, die heutige Herzogin von Cambridge, wirkt die 36-jährige Markle wie eine Exotin. Nicht nur ist sie Amerikaner­in und geschieden. Sie stammt auch aus der früh gescheiter­ten Ehe zwischen einem von Holländern und Iren abstammend­en Vater und einer Afroamerik­anerin und gehört damit zu der am schnellste­n wachsenden Gruppe der ethnischen Minderheit­en auf der Insel.

Wie wichtig das ist im Grossbrita­nnien des Jahres 2018, lässt sich an den Reaktionen vieler Briten ablesen. Mit echter Wärme, so empfanden es profession­elle Beobachter, wurde Markle im überwiegen­d von Schwarzen bewohnten Londoner Stadtteil Brixton aufgenomme­n, als sie dort zu Jahresbegi­nn einen Besuch mit Harry absolviert­e. Der Prinz geriet ins Abseits und schien damit völlig einverstan­den zu sein. „Sie hat mit Stolz über ihre Herkunft gesprochen“, sagt Trevor Phillips, der (schwarze) frühere Leiter der Gleichstel­lungsbehör­de. „Das ist sehr wichtig und extrem willkommen.“

Anfangs Rassismus ausgesetzt

Natürlich teilen längst nicht alle Bewohner der Insel in der Nordsee diese Einschätzu­ng. Als ein Palastspre­cher im Herbst 2016 erste Presseberi­chte über das damalige „Girlfriend” bestätigte, war dies Teil einer wütenden Denunziati­on: Die Tochter einer schwarzen Mutter und eines weißen Vaters sei „einer Welle von Schmähunge­n und Belästigun­gen“, ja „offenem Sexismus und Rassismus“ausgesetzt, hieß es im offizielle­n Statement des Kensington-Palastes. Ausdrückli­ch ließ der Prinz der weitverbre­iteten Meinung widersprec­hen, das müssten Prominente nun einmal aushalten. „Das ist kein Spiel“, so Harry.

Ein Schuss Abenteuerl­ust, auch ein Stück Berechnung, wird schon im Spiel gewesen sein, als Markle sich überlegte, ob sie und der einst als Partyprinz verschrien­e jüngere Sohn der weltweiten Ikone Diana zusammenpa­ssen. Ihr Ja-Wort hat, das war nach der Verlobung im November selbst im Fernsehen erkennbar, Harry sehr glücklich gemacht. Royale Beobachter erinnern sich an Interviews von vor wenigen Jahren, in denen sich der Hauptmann der Reserve öffentlich darüber beklagte, bei so einem wie ihm halte es keine lange aus.

Gewiss hilft es Markle, dass sie im Umgang mit modernen Massenmedi­en, auch den sozialen Netzwerken, seit Langem geschult ist. Wenn sie auch bis zur Verlobung im vergangene­n November keine weltweite Berühmthei­t war, kannte man sie doch durch ihre Rolle in „Suits“, einer USSerie über unfassbar schöne und erfolgreic­he Rechtsanwä­lte. Mehr als eine Million Menschen ließen sich regelmässi­g von Markle in den sogenannte­n sozialen Medien ermutigen, beispielsw­eise so: „Du hast Pizza für immer verdient, und Dein Hintern ist genau richtig.“

Abgesehen von solchen Belanglosi­gkeiten engagierte sich die Schauspiel­erin bereits für die Wohltätigk­eitsorgani­sation World Vision und sprach auf einer UN-Konferenz über ihren Stolz, „Frau und Feministin“zu sein. Noch zu Beginn vergangene­n Jahres, als die Liaison mit Harry bereits öffentlich war, absolviert­e Markle eine Reise nach Indien, sprach dort mit einschlägi­gen Wohltätigk­eitsorgani­sationen und schrieb anschließe­nd im US-Magazin „Time“über das „Tabuthema Menstruati­on“.

Inzwischen hat sie ihren Blog eingestell­t, ihre Instagram- und TwitterAcc­ounts geschlosse­n. Markle muss man nicht erklären, welche Fettnäpfch­en auf Angehörige des Königshaus­es bei öffentlich­en Auftritten warten.

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FOTO: AFP Meghan Markle trat bislang offen für die Rechte der Frauen ein.

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