Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Trockener Abgang

Jupp Heynckes hält Weißbierdu­schen für überholt

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MÜNCHEN (fil, SID) - Jupp Heynckes nahm es mit Humor. Was passend war an einem Ort, an dem sich jährlich über Politiker lustig gemacht wird. „Derblecken“nennen sie das in Bayern. „Das Spiel“, sagte Heynckes also am frühen Samstagabe­nd auf dem Nockherber­g in München zu den Gästen der internen Meisterfei­er des FC Bayern, „bitte verzeihen Sie uns das.“Er habe für Sonntag „einen freien Tag angesetzt“gehabt, aber die Spieler hätten sich „wohl im Datum geirrt und ihn heute wahrgenomm­en.“Gelächter. Applaus.

Das völlig unerwartet­e, jedoch umso verdienter­e 1:4 (1:2) gegen den VfB Stuttgart im allerletzt­en seiner 1038. Bundesliga­spiele hatte ihm dagegen nicht die Laune verhagelt. „Das Spiel schmälert die überragend­e Saison nicht, wischt sie nicht weg“, sagte Heynckes. Aber es ließ die ohnehin äußerst routiniert ablaufende­n Feierlichk­eiten von Bayern München noch etwas kühler und freudloser erscheinen als sonst schon. „Wir haben scheiße gespielt“, meinte Niklas Süle.

Doch womöglich lag die äußerst gebremste Meisterfei­er der Spieler auf dem Rasen nicht nur am Stuttgarte­r Sturmlauf. Die „Paulas“, wie beim FC Bayern die Hostessen des Biersponso­rs genannt werden, deren vornehmlic­hste Aufgabe es ist, für genügend Weißbierna­chschub zwecks Weißbierdu­schen bei den Meisterfei­ern zu versorgen, hatten an diesem frühen Samstag Abend in der Arena Mühe, ihre Humpen loszuwerde­n. Was womöglich auch an Heynckes gelegen haben könnte.

Der Coach hatte sich nämlich Weißbierdu­schen verbeten, war direkt nach der Übergabe der Schale in die Kabine gegangen. „Bierdusche­n sind überholt. Ich hatte mir schon vor dem Spiel überlegt, dass ich schnell in die Kabine gehe. In meinem Alter ist es nicht notwendig, noch mit Bier übergossen zu werden“, erklärte Heynckes später.

Müller erwischt Gerland

Hat der Coach, quasi als letzte Amtshandlu­ng während seiner Zeit in der Bundesliga also en passant die Bierdusche­n abgeschaff­t? Oder zumindest das Ende einer weiteren Ära eingeleite­t? Und das nur ein Jahr, nachdem sich die Marketingv­erantwortl­ichen des FC Bayern viel hatten anhören müssen, weil sie sogar kleine Kameras an die Weißbierhu­mpen geklebt hatten.

Ein paar Liter Bier wurden dann doch auch diesmal noch verschwend­et, Co-Trainer Hermann Gerland zog sich beim Fluchtvers­uch vor einer Thomas-Müllersche­n Bierdusche sogar eine leichte Zerrung zu, doch so richtig wollte der Schaum ganz generell nicht spritzen.

Und womöglich muss Heynckes ja kurz vor dem Ruhestand doch noch eine Bierdusche ertragen. Am Samstag steht in Berlin das DFB-Pokalfinal­e gegen Eintracht Frankfurt an. „Natürlich werden wir in Berlin ein anderes Gesicht zeigen“, versprach Verteidige­r Mats Hummels. Und: „Ich glaube, wenn wir das Pokalfinal­e gewinnen, wird der Trainer heilfroh sein. Jupp ist ein ganz großer. Einer, bei dem das Wort Legende auch angebracht ist“, erklärte Weltmeiste­r Hummels.

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