Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Eskalation der Gewalt im Heiligen Land
Dutzende Tote bei Palästinenser-Protesten gegen Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem
JERUSALEM (dpa) - Die umstrittene Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem hat am Montag massive Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der israelischen Armee mit Dutzenden Toten ausgelöst. Im Gazastreifen wurden bei Protesten am Grenzzaun mindestens 55 Palästinenser von Soldaten erschossen, mehr als 2400 Menschen wurden verletzt, wie die Gesundheitsbehörde in Gaza mitteilte. Es war der Tag mit den meisten Todesopfern seit dem Gaza-Krieg 2014. Die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt löste bei den Palästinensern Zorn aus, in Israel sorgte der Schritt für Genugtuung.
US-Präsident Donald Trump äußerte in einer Videobotschaft die Hoffnung, dass es nun Frieden geben werde. „In Freundschaft reichen wir Israel, den Palästinensern und allen Nachbarn die Hand“, sagte Trump. An der Zeremonie nahmen 800 Gäste teil, darunter US-Finanzminister Steven Mnuchin, Präsidententochter Ivanka Trump sowie ihr Mann und Trump-Berater Jared Kushner.
Mögliche Rechte der Palästinenser, die den Ostteil der Stadt als Hauptstadt eines künftigen Staates beanspruchen, erwähnte Trump jedoch nicht. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bezeichnete die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem als „glorreichen Tag“. Und weiter: „Danke, Präsident Trump, dass Sie den Mut hatten, ihre Versprechungen einzuhalten!“Es sei auch „ein großer Tag für den Frieden“, sagte Netanjahu.
Gleichzeitig protestierten im Gazastreifen Zehntausende. Israelische Soldaten erschossen Palästinenser, die sich dem Grenzzaun zu sehr näherten oder ihn beschädigen wollten. Die israelische Armee warf den Palästinensern „beispiellose Gewalt“vor. Sie hätten Soldaten mit Brandbomben und explosiven Gegenständen beworfen. Auf Fotos waren junge Palästinenser mit Steinschleudern und brennende Autoreifen zu sehen. Die israelische Luftwaffe habe zudem Posten der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas angegriffen. Die Palästinensische Autonomiebehörde forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates.
Die internationalen Reaktionen fielen unterschiedlich aus. Russland sieht angesichts der Verlegung der US-Botschaft den Frieden in Gefahr. Die Türkei sprach von einem „Massaker an den Palästinensern“. Deutschland und Frankreich mahnten zur Mäßigung. UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte eine politische Lösung. „Es gibt keinen Plan B zur Zwei-Staaten-Lösung“, sagte der UN-Chefdiplomat in Wien.
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