Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Angeklagte legen Teilgeständnisse ab
Prozessauftakt gegen mutmaßliche Drogendealer – Urteil fällt voraussichtlich im Juni
PFULLENDORF/HECHINGEN - Vor dem Landgericht Hechingen hat gestern der Prozess gegen zwei mutmaßliche Drogendealer aus Pfullendorf begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, zwischen August 2016 und November 2017 in nicht geringer Menge vor allem mit Marihuana gehandelt zu haben. Ein dritter Mann ist wegen Beihilfe zu den Drogengeschäften angeklagt.
Auf die beiden Hauptangeklagten, 38 und 25 Jahre alt, wird die Polizei im März 2017 durch ein anonymes Hinweisschreiben aufmerksam. Der Verfasser bezeichnet sich selbst als einen Familienvater, der bis vor Kurzem selbst Drogen konsumiert hat. Nun aber sorge er sich um die Pfullendorfer Jugendlichen, schreibt er – und nennt konkrete Namen von vermeintlichen Drogenhändlern. Dabei unterscheidet er zwischen kleineren und größeren Dealern. Der 38-jährige Angeklagte handele im großen Stil, heißt es. Alle Hinweise auf die genannten Personen hätten sich als stichhaltig erwiesen, sagte der zuständige Ermittler des Rauschgiftdezernats der Kriminalpolizei Friedrichshafen gestern vor dem Landgericht.
Nach der ersten Auswertung des anonymen Schreibens leiten Polizei und Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein, hören unter anderem die Telefone der beiden Angeklagten ab. Darüber hinaus nehmen sie Kontakt zu einer „Vertrauensperson“auf, die den 38-Jährigen kennt. Ein verdeckter Ermittler fingiert zwei Drogengeschäfte, die Mitte Oktober (500 Gramm Marihuana) und Anfang November (300 Gramm) abgewickelt werden. Währenddessen gehen bei der Polizei Hinweise auf weitere Delikte der beiden Händler ein.
Bei Scheingeschäft verhaftet
Für den 29. November planen die Ermittler den großen Coup: Auf dem Parkplatz eines Pfullendorfer Baumarkts sollen am Nachmittag 27 Kilogramm Marihuana im Gesamtwert von 62 000 Euro übergeben werden. Der 38-Jährige schlägt vor, die Menge auf 30 Kilogramm für 69 000 Euro aufzurunden. Die beiden anderen Angeklagten sollen ihm helfen, den Deal über die Bühne zu bringen. Doch dann schlägt die Polizei zu und verhaftet die drei Männer. In der Wohnung des 38-Jährigen stellen sie 380 Gramm Marihuana sicher.
Weil seinem Rechtsanwalt wegen einer technischen Panne bis gestern Teile der Prozessakten fehlten, äußerte sich der 38-jährige Angeklagte zunächst nur zu seiner Person. Im weiteren Verlauf der Verhandlung will er aber auch noch zu den eigentlichen Vorwürfen Stellung nehmen: dem Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen. Der vierfache Familienvater berichtete von jahrelanger Alkoholund Drogensucht. Als junger Erwachsener habe er damit begonnen, Haschisch und Kokain zu konsumieren. „Am Schluss war es eine Katastrophe“, sagte er. In der Untersuchungshaft habe er einen kalten Entzug durchgemacht, inzwischen gehe es ihm besser.
Der 25-jährige Angeklagte, der seit seiner Jugend regelmäßig Drogen konsumierte, räumte bereits zum Prozessauftakt einen Großteil der Vorwürfe ein. Der Vater von zwei Kindern soll in sechs Fällen mit Drogen in nicht geringer Menge gehandelt haben, um sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen. Verkauft wurde ihm das Rauschgift vor allem vom 38-jährigen Mitangeklagten, einem Bekannten. „Die Menge von insgesamt acht Kilogramm kommt meinem Mandanten allerdings übertrieben vor“, sagte sein Rechtsanwalt Nicolas Doubleday.
Kurier will nichts geahnt haben
Der dritte Angeklagte gab zu, die Drogen am 28. November transportiert zu haben. Worum es sich handelte, will er aber erst bei seiner Festnahme erfahren haben. „Ich dachte, dass sich in den silbernen Verpackungen Kaffee befindet“, sagte der 49-Jährige. Geld habe er für die Fahrten jedenfalls nicht bekommen.
Der Prozess wird am Donnerstag, 17. Mai, um 14.30 Uhr fortgesetzt. Dann will sich der 38-jährige Angeklagte zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern. Außerdem werden weitere Zeugen gehört. Mit einem Urteil wird im Juni gerechnet.