Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Zweifelnder Katholik
In unzähligen Porträts wird Winfried Kretschmann dieser Tage wieder als „gläubiger Katholik“bezeichnet werden. Er selbst hadert mit diesem Attribut – auch wenn in seinem Dienstzimmer in der Villa Reitzenstein ein Kreuz hängt. Er sei ein „zweifelnder Katholik“, erklärte er einmal mit Nachdruck. Seine Biografie bezeugt ein schwieriges Verhältnis zur Kirche. Die Zeit im katholischen Internat in Riedlingen hat ihn, der ursprünglich Pfarrer werden wollte, stark geprägt. Er erfuhr dort Ungerechtigkeiten, Gehorsam wurde den Schülern auch mit Gewalt eingebleut. Die schlimmen Erfahrungen führten dazu, dass Kretschmann später aus der Kirche austrat. Doch er hat den Weg zurück in die Glaubensgemeinschaft gefunden. Papst Franziskus sieht er als „Glücksfall für die katholische Kirche“, wie er nach einer Audienz im Vatikan 2016 sagte, die ihn sichtlich berührt und bewegt hatte. „Der Papst legt sehr großen Wert darauf, Ökologie und Soziales zu verknüpfen.“Eine Einordnung, wie sie sich Kretschmann auch für seine Arbeit wünscht. Falls er die nach der Landtagswahl 2021 nicht weiterführen will oder kann, gibt es einen Posten, der ihn reizt. „Botschafter am Heiligen Stuhl zu sein, ist der Wunsch eines jeden Politikers am Ende seiner Karriere.“(kab)