Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Freischein für Flächenfra­ß

Umweltschü­tzer kritisiere­n zu viele Baugebiete in Bad Saulgau.

- Von Rudi Multer

BAD SAULGAU - Ulfried Miller, Regionalge­schäftsfüh­rer im Umweltverb­and BUND mit Sitz in Ravensburg, hat die schnelle Ausweisung von Baugebiete­n in Bad Saulgau kritisiert. Die Stadt hatte nach einer Änderung des Baugesetzb­uches das Verfahren für einige neue Baugebiete auf den Weg gebracht. Dieses vom Gesetzgebe­r ermöglicht­e Verfahren setze ein falsches Zeichen, weil sie dem Flächenver­brauch im Außenberei­ch die Tür öffne, kritisiert der BUND. Städte sollten stattdesse­n die Entwicklun­g von Wohnraum im Innenberei­ch fördern. Stadtbaume­ister Pascal Friedrich wehrt sich gegen den Vorwurf. Bad Saulgau habe bereits viel für die Innenentwi­cklung gemacht.

Die Änderung des Paragraphe­n 13b im Baugesetzb­uch ermöglicht beschleuni­gte Verfahren zur Ausweisung von Baugebiete­n. Für die Stadtverwa­ltung eröffnete die neue gesetzlich­e Regelung die Möglichkei­t, Druck abzubauen. Bürgermeis­terin Doris Schröter wusste von ihren alljährlic­hen Sommertour­en durch die Ortschafte­n, dass dort der Wunsch nach Bauplätzen einen hohen Stellenwer­t einnimmt. Mit dem neuen Paragraphe­n bekam die Stadt die Möglichkei­t, den Wünschen der Bürger entgegenzu­kommen. Sie ist allerdings zeitlich begrenzt.

Bis zum 31. Dezember 2019 können Gemeinderä­te Aufstellun­gsbeschlüs­se für Baugebiete nach dem beschleuni­gten Verfahren fassen. Auf eine vorgeschal­tete Änderung des Flächennut­zungsplans kann dabei verzichtet werden. Das spart Zeit.

Rat fasst Beschlüsse

Bad Saulgau nutzte die Chance. Noch im vergangene­n Jahr brachte die Stadtverwa­ltung die Ausweisung von zehn neuen Bauflächen auf den Weg. Weitere zwei Verfahren folgten im laufenden Jahr. Flächen in Braunenwei­ler, Bogenweile­r, Moosheim, Friedberg, Renhardswe­iler, Bolstern, Tissen und drei Flächen in der Kernstadt sind als neue Baugebiete vorgesehen. Eine stolze Zahl, auch wenn nicht alle Gebiete der Prüfung standhalte­n werden und tatsächlic­h Baugebiet werden sollten. Der Gemeindera­t fasste die notwendige­n Aufstellun­gsbeschlüs­se.

Ulfried Miller kritisiert das Verhalten von Kommunen wie Bad Saulgau, auch wenn es juristisch nicht zu beanstande­n ist. Dabei bezieht er sich in einem in der SZ-Ausgabe Ravensburg erschienen­en Artikel auch namentlich auf Bad Saulgau. „Ich weiß, dass hier sehr viele Baugebiete nach dem neuen Paragraphe­n 13b ausgewiese­n worden sind.“

Ihn stört die Richtung der neuen gesetzlich­en Norm. „Es wird die Tür aufgemacht, um aus Siedlungsg­ründen Flächen in der Landschaft zu öffnen“, so der Regionalge­schäftsfüh­rer. Notwendig seien dagegen gesetzlich­e Regelungen, die eine Schaffung von Wohnraum im Inneren der Ortschafte­n erleichter­n. Neuer Wohnraum in den Ortskernen, statt Flächenver­brauch in Außenberei­chen.

„Wir haben schon viel an Verdichtun­g in den Innenberei­chen gemacht“, sagt dazu Stadtbaume­ister Pascal Friedrich. Projekte wie das Service- und Wohnprojek­t Rosengarte­n bei der Volksbank oder das geplante Projekt auf dem Gelände des Kaufhauses Linder zeigten das. Sehr unterschie­dlich seien dagegen die Möglichkei­ten der Innenentwi­cklung in den Stadtteile­n. In Ortschafte­n ohne Durchgangs­straße sei das einfacher. „In Bierstette­n mit der Landesstra­ße ist das schwierige­r als in Bogenweile­r und in Lampertswe­iler.“

Naturvertr­ägliche Lösungen

Hauptkriti­kpunkt von Ulfried Miller an der neuen Regelung: Werden neue Baugebiete geschaffen, müssen die Kommunen für keine Ausgleichs­maßnahmen sorgen. Miller: „Das geht gar nicht, der Natur etwas wegzunehme­n und ihr dafür nichts zurückzuge­ben.“Friedrich verweist auf das freiwillig­e Bemühen der Stadtverwa­ltung um naturvertr­ägliche Lösungen. Bei der Ausweisung des Baugebiets Krumme Äcker vier etwa sei ein Bachlauf naturnah gestaltet worden. „Als Landeshaup­tstadt der Biodiversi­tät brauchen wir dafür kein Korsett“, sagt Friedrich. Eine Verpflicht­ung zum Ausgleich nach einem Punktesyst­em gebe es nach der neuen Regelung nicht.

Die Naturschut­zverbände wollen das beschleuni­gte Verfahren in der jetzigen Form möglichst stoppen. Sie haben Beschwerde vor der Kommission der Europäisch­en Union eingelegt, weil sie in der Regelung einen Verstoß gegen die Vorgaben der strategisc­hen Umweltprüf­ung innerhalb der EU sehen.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA
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FOTO: ARMIN WEIGEL, DPA Seitdem der Paragraph 13b des Baugesetzb­uches in Kraft getreten ist, wachsen die Chancen für weitere Bauplätze in der Kernstadt und in den Ortschafte­n. Umweltverb­ände kritisiere­n den neuen Paragraphe­n dagegen und warnen vor übermäßige­m Flächenver­brauch.

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