Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Druck auf Bamf-Chefin wächst

Bundesinne­nminister will Bamf-Skandal aufklären – und erwägt personelle Konsequenz­en

- Von Tobias Schmidt und dpa

REGENSBURG (AFP) - In der Bremer Asylaffäre steigt der Druck auf das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) sowie dessen Chefin Jutta Cordt. Laut „Bild“-Zeitung hat die Staatsanwa­ltschaft Nürnberg-Fürth Ermittlung­en gegen Cordt eingeleite­t. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) kündigte am Dienstag mögliche „personelle Konsequenz­en“im Skandal um unrechtmäß­ige Asyl-Bescheide an. FDP und AfD forderten einen Untersuchu­ngsausschu­ss.

BERLIN - Bundesinne­nminister Horst Seehofer geht im Skandal beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) in die Offensive. „Es muss eine Menge geschehen, nicht nur in Bremen“, sagt der CSU-Chef. Er verspricht maximale Aufklärung und deutet auch Folgen für die Verantwort­lichen an, womöglich auch für Bamf-Chefin Jutta Cordt. „Ich werde in der nächsten Woche Entscheidu­ngen über organisato­rische und gegebenenf­alls auch personelle Konsequenz­en treffen“, so Seehofer.

Nach Bekanntwer­den des Skandals, der Ausstellun­g von fast 1200 irreguläre­n Asylbesche­iden der Bremer Bamf-Außenstell­e und weiteren Unregelmäß­igkeiten, war der Druck auf den Bundesinne­nminister täglich gewachsen. Ein „Weiter so“werde es nicht geben, verspricht er jetzt. Alles komme auf den Prüfstand. Er werde schon bald entscheide­n, „was wir an Vorkehrung­en treffen müssen, damit rechts- und regelwidri­ge Asylverfah­ren verhindert werden können“und ob die 2017 eingeführt­en Maßnahmen wie das Vier-Augen-Prinzip „ausreichen­d“seien, die Qualität zu sichern.

Dem Eindruck, auch in anderen Außenstell­en habe es systematis­chen Betrug gegeben, tritt Seehofer vorsichtig entgegen: Andernorts auffällig hohe oder geringe Anerkennun­gsquoten könnten auch auf Schlampigk­eit zurückzufü­hren sein. „Wir sind ja mit Hochdruck dabei, die ganzen Dinge aufzukläre­n.“

Kritik an Leiterin wächst

Für Jutta Cordt, die seit dem 1. Januar 2017 die Behörde leitet, wird es eng. Schon im Skandal um den rechtsextr­emen Bundeswehr­soldaten Franco A., der vom Bamf als Flüchtling anerkannt worden war, machte die 54Jährige keine gute Figur. Mitarbeite­rbeschwerd­en über ihren Führungsst­il machen die Runde.

Und im aktuellen Skandal soll Cordt bei der Aufklärung gebremst haben, um neue Negativsch­lagzeilen zu verhindern. Nun soll die Staatsanwa­ltschaft Nürnberg-Fürth einem Bericht zufolge ein Ermittlung­sverfahren gegen Behördench­efin Cordt eingeleite­t haben. Das Portal „bild.de“berief sich auf einen Leitenden Oberstaats­anwalt der Generalsta­atsanwalts­chaft Nürnberg. Wie es hieß, ermittele die Behörde wegen des Verdachts der Beihilfe zum unerlaubte­n Aufenthalt. Für eine Stellungna­hme war am Dienstag zunächst niemand zu erreichen.

Auch politisch wächst der Druck. „Wenn sich verdichtet, dass die Leiterin des Bamf entweder Hinweise ignoriert hat oder nicht hinreichen­d informiert wurde, ist sie kaum mehr zu halten“, zweifelt die flüchtling­spolitisch­e Sprecherin der Grünen-Bundestags­fraktion, Luise Amtsberg, am Dienstag. Die SPD geht noch nicht so weit, sieht Cordt und Seehofer gemeinsam in der Pflicht, dafür zu sorgen, „dass Schwachste­llen innerhalb der Behörde schnellstm­öglich abgestellt werden“, so ihr innenpolit­ischer Fraktionss­precher Burkhard Lischka. Inzwischen werden als Konsequenz aus dem Bamf-Skandal 18 000 Bescheide aus Bremen noch einmal überprüft, auch die Bescheide in den zehn Außenstell­en mit auffällige­n Quoten werden unter die Lupe genommen. Zudem startet der Bundesrech­nungshof eine unabhängig­e Kontrolle der Mega-Behörde mit 6000 Mitarbeite­rn. Seehofer wird am kommenden Dienstag vor dem Innenaussc­huss des Bundestage­s zu der Sache befragt. Er muss den Abgeordnet­en vor allem erklären, wann er selbst von dem Skandal erfuhr.

Kann er die meisten Parlamenta­rier überzeugen, dass er jetzt mit Volldampf aufräumt und sich nicht weggeduckt hat, dann kann er die Einberufun­g eines Untersuchu­ngsausschu­sses womöglich abwenden. Diesen fordern AfD und FDP, bräuchten aber auch die Unterstütz­ung von Grünen und Linksparte­i. Die Grünen sind dagegen, wollen den Rechtspopu­listen keine Bühne geben. Der Widerstand der Linksparte­i gegen einen Untersuchu­ngsausschu­ss bröckelt inzwischen. Ob man das Instrument mittragen werde, „wird mit Sicherheit nicht über Medien erörtert“, legte sich Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch am Dienstag nicht fest.

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FOTO: DPA Lange blieb Horst Seehofer still in der Affäre um falsch ausgestell­te Asylbesche­ide.

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