Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Rauchen und Übergewicht können Sodbrennen begünstigen
Zwei Ärzte halten aufschlussreichen Vortrag vor mehr als 100 Besuchern – Symptome und Ursachen sind vielfältig
BAD SAULGAU - Zum Thema „Sodbrennen - Aktuelle Therapie bei Refluxerkrankungen“haben zwei Mediziner einen Vortrag am Krankenhaus Bad Saulgau gehalten. Er stieß bei mehr als 100 Besuchern auf enormes Interesse, denn die Beschwerden sind weitverbreitet.
Statistiken zufolge leidet etwa ein Viertel der Bevölkerung mehr oder weniger regelmäßig unter dem charakteristischen Brennen hinter dem Brustbein. Auf Nachfrage, wer von den Anwesenden das Problem aus eigener Erfahrung kennt, gingen nahezu alle Hände nach oben. Im ersten Teil des Vortrags sprach Dr. Frank Passek von der Internistischen Gemeinschaftspraxis Bad Saulgau. Als Gastroenterologe ist er auf Erkrankungen des Verdauungstrakts spezialisiert.
Sodbrennen wird durch den Rückfluss (lateinisch Reflux) von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre hervorgerufen. Sowohl die Symptome als auch die Ursachen der Refluxerkrankung sind vielfältig. Passek betonte gleich zu Beginn, dass es sich dabei um eine zwar häufige, in aller Regel aber gutartige Erkrankung handelt.
Da die aufsteigende Magensäure langfristig zu krankhaften Gewebeveränderungen der Speiseröhre führen kann, hätten Betroffene oft Angst vor Krebs. Diese als Barrett-Syndrom bezeichneten Zellveränderungen seien jedoch selten und würden nur in jedem tausendsten Fall entarten. Das Risiko, so Passek, läge damit sehr viel niedriger als bislang angenommen. Sogar Selbstheilung wäre bei der Refluxkrankheit möglich.
Überempfindliche Speiseröhre
Tritt Sodbrennen nicht nur gelegentlich auf, sollte dennoch in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursachen abzuklären und Folgeschäden vorzubeugen. Zu den Beschwerden kommt es, wenn der Schließmuskel am unteren Ende der Speiseröhre erschlafft, die Beweglichkeit von Speiseröhre und Magen beeinträchtigt ist oder einfach eine Überempfindlichkeit der Speiseröhre vorliegt. Auch ein Zwerchfellbruch, Unverträglichkeiten gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln, eine Pilzinfektion, Entzündungen oder Geschwüre können den Symptomen zugrunde liegen. Einen großen Einfluss haben die persönlichen Ernährungsund Lebensgewohnheiten: Durch Rauchen und Übergewicht wird Sodbrennen begünstigt, ebenso kann sich die Einnahme bestimmter Medikamente negativ auswirken.
Bei der Diagnose setzen viele Ärzte darauf, Protonenpumpenhemmer (PPI) auf Probe zu verschreiben. Helfen diese Säureblocker, wird davon ausgegangen, dass es sich um eine Refluxerkrankung handelt. Laut Passek kann dies aber durchaus ein Trugschluss sein, auch wegen des Placebo-Effekts. Es empfiehlt sich nach dem Vorgespräch eine Speiseröhren-/ Magenspiegelung mittels Endoskop, bei der auch Gewebeproben entnommen werden können.
Die Standardtherapie bei Refluxerkrankungen sind PPI. Diese hochwirksamen Medikamente seien zu Unrecht etwas in Verruf geraten, sagt Passek. „Die Vorteile überwiegen.“Viele Vorwürfe seien inzwischen widerlegt, einzig das Risiko für MagenDarm-Infektionen erhöhe sich, da die Darmflora verändert würde. Ein Absetzen von PPI sollte niemals abrupt erfolgen, dies führe zu einem Jojo-Effekt mit einer plötzlichen und ungeheuren Steigerung der Magensäureproduktion.
Batterien austauschen
Im Anschluss an Passeks Referat übernahm Oberarzt Dr. Klaus-Peter Igel aus der Abteilung Allgemeineund Viszeralchirurgie des Krankenhauses Bad Saulgau das Wort. Beim Chirurgen landen nur etwa vier bis fünf Prozent der in dauerhafter Therapie befindlichen Refluxpatienten.
Operiert wird, wenn die medikamentöse Behandlung keine Besserung gebracht hat, nicht vertragen oder vom Patienten abgelehnt wird. Die Reflux-Chirurgie erlebte erst mit Einführung der minimal-invasiven Laparoskopie – „Schlüsselloch-Chirurgie“– ein Revival, vorher handelte es sich um eine schwierige, ja martialische Operation. Der Schließmuskel der Speiseröhre wird vom Chirurgen mit einem Teil des Magens umwickelt oder mit einem Magnetring gestärkt. Auch das Einsetzen eines Schrittmachers ist möglich, der mittels Stimulation die Muskulatur der Speiseröhre aktiviert. Dessen Batterien müssen allerdings nach sieben Jahren bei einer zweiten Operation ausgetauscht werden. 85 Prozent der Patienten seien langfristig mit der Operation zufrieden.