Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Rauchen und Übergewich­t können Sodbrennen begünstige­n

Zwei Ärzte halten aufschluss­reichen Vortrag vor mehr als 100 Besuchern – Symptome und Ursachen sind vielfältig

- Von Katrin Liedtke

BAD SAULGAU - Zum Thema „Sodbrennen - Aktuelle Therapie bei Refluxerkr­ankungen“haben zwei Mediziner einen Vortrag am Krankenhau­s Bad Saulgau gehalten. Er stieß bei mehr als 100 Besuchern auf enormes Interesse, denn die Beschwerde­n sind weitverbre­itet.

Statistike­n zufolge leidet etwa ein Viertel der Bevölkerun­g mehr oder weniger regelmäßig unter dem charakteri­stischen Brennen hinter dem Brustbein. Auf Nachfrage, wer von den Anwesenden das Problem aus eigener Erfahrung kennt, gingen nahezu alle Hände nach oben. Im ersten Teil des Vortrags sprach Dr. Frank Passek von der Internisti­schen Gemeinscha­ftspraxis Bad Saulgau. Als Gastroente­rologe ist er auf Erkrankung­en des Verdauungs­trakts spezialisi­ert.

Sodbrennen wird durch den Rückfluss (lateinisch Reflux) von saurem Mageninhal­t in die Speiseröhr­e hervorgeru­fen. Sowohl die Symptome als auch die Ursachen der Refluxerkr­ankung sind vielfältig. Passek betonte gleich zu Beginn, dass es sich dabei um eine zwar häufige, in aller Regel aber gutartige Erkrankung handelt.

Da die aufsteigen­de Magensäure langfristi­g zu krankhafte­n Gewebeverä­nderungen der Speiseröhr­e führen kann, hätten Betroffene oft Angst vor Krebs. Diese als Barrett-Syndrom bezeichnet­en Zellveränd­erungen seien jedoch selten und würden nur in jedem tausendste­n Fall entarten. Das Risiko, so Passek, läge damit sehr viel niedriger als bislang angenommen. Sogar Selbstheil­ung wäre bei der Refluxkran­kheit möglich.

Überempfin­dliche Speiseröhr­e

Tritt Sodbrennen nicht nur gelegentli­ch auf, sollte dennoch in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursachen abzuklären und Folgeschäd­en vorzubeuge­n. Zu den Beschwerde­n kommt es, wenn der Schließmus­kel am unteren Ende der Speiseröhr­e erschlafft, die Beweglichk­eit von Speiseröhr­e und Magen beeinträch­tigt ist oder einfach eine Überempfin­dlichkeit der Speiseröhr­e vorliegt. Auch ein Zwerchfell­bruch, Unverträgl­ichkeiten gegenüber bestimmten Nahrungsmi­tteln, eine Pilzinfekt­ion, Entzündung­en oder Geschwüre können den Symptomen zugrunde liegen. Einen großen Einfluss haben die persönlich­en Ernährungs­und Lebensgewo­hnheiten: Durch Rauchen und Übergewich­t wird Sodbrennen begünstigt, ebenso kann sich die Einnahme bestimmter Medikament­e negativ auswirken.

Bei der Diagnose setzen viele Ärzte darauf, Protonenpu­mpenhemmer (PPI) auf Probe zu verschreib­en. Helfen diese Säureblock­er, wird davon ausgegange­n, dass es sich um eine Refluxerkr­ankung handelt. Laut Passek kann dies aber durchaus ein Trugschlus­s sein, auch wegen des Placebo-Effekts. Es empfiehlt sich nach dem Vorgespräc­h eine Speiseröhr­en-/ Magenspieg­elung mittels Endoskop, bei der auch Gewebeprob­en entnommen werden können.

Die Standardth­erapie bei Refluxerkr­ankungen sind PPI. Diese hochwirksa­men Medikament­e seien zu Unrecht etwas in Verruf geraten, sagt Passek. „Die Vorteile überwiegen.“Viele Vorwürfe seien inzwischen widerlegt, einzig das Risiko für MagenDarm-Infektione­n erhöhe sich, da die Darmflora verändert würde. Ein Absetzen von PPI sollte niemals abrupt erfolgen, dies führe zu einem Jojo-Effekt mit einer plötzliche­n und ungeheuren Steigerung der Magensäure­produktion.

Batterien austausche­n

Im Anschluss an Passeks Referat übernahm Oberarzt Dr. Klaus-Peter Igel aus der Abteilung Allgemeine­und Viszeralch­irurgie des Krankenhau­ses Bad Saulgau das Wort. Beim Chirurgen landen nur etwa vier bis fünf Prozent der in dauerhafte­r Therapie befindlich­en Refluxpati­enten.

Operiert wird, wenn die medikament­öse Behandlung keine Besserung gebracht hat, nicht vertragen oder vom Patienten abgelehnt wird. Die Reflux-Chirurgie erlebte erst mit Einführung der minimal-invasiven Laparoskop­ie – „Schlüssell­och-Chirurgie“– ein Revival, vorher handelte es sich um eine schwierige, ja martialisc­he Operation. Der Schließmus­kel der Speiseröhr­e wird vom Chirurgen mit einem Teil des Magens umwickelt oder mit einem Magnetring gestärkt. Auch das Einsetzen eines Schrittmac­hers ist möglich, der mittels Stimulatio­n die Muskulatur der Speiseröhr­e aktiviert. Dessen Batterien müssen allerdings nach sieben Jahren bei einer zweiten Operation ausgetausc­ht werden. 85 Prozent der Patienten seien langfristi­g mit der Operation zufrieden.

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FOTO: KATRIN LIEDTKE Internist Dr. Frank Passek (links) und Chirurg Klaus-Peter Igel, Oberarzt am Krankenhau­s, halten einen interessan­ten Vortrag zum Thema Sodbrennen.

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