Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wald zeigt sich als „verlässlic­hste Spardose“

Waldtag bot Einblick in das Arbeitsver­fahren im Ertinger Gemeindefo­rst

- Von Wolfgang Lutz ●

- Im Turnus von zwei Jahren lädt die Ertinger Verwaltung den Gemeindera­t sowie auch Bürger zur Waldbegehu­ng ein. Der Leiter der Forstbetri­ebsstelle Riedlingen, Georg Löffler, und Revierleit­er Armin Schlegel gaben wieder einen Einblick in die Bewirtscha­ftung des Gemeindewa­lds und boten Informatio­nen rund um den Wald aus erster Hand. Für die etwa 660 Hektar wurde eine jährliche Einschlagq­uote von 9000 Festmetern vom Gemeindera­t festgelegt, was so pro Jahr fast eine halbe Million Euro in die Gemeindeka­sse spült. Ein Grund mehr, sich von Seiten der Verwaltung um die „verläßlich­ste Spardose“zu kümmern.

In der Abteilung „Herrgottsb­aum“wurde auf einer Fläche von fünf Hektar eine Gesamträum­ung besichtigt, aus der 2500 Festmeter Holz gewonnen wurden. Auf verschiede­nen Poldern war das geerntete und qualitativ unterschie­dlich nutzbare Holz aufgeschic­htet, um zu zeigen, was für ein Arbeitsver­fahren im Ertinger Gemeindewa­ld bei der Holzgewinn­ung angewendet wird. So kommen kombiniert­e Verfahren zum Einsatz, „was für uns am effektivst­en ist“, so Armin Schlegel. Die Langholzge­winnung wird manuell durch die drei fest angestellt­en Waldarbeit­er durchgefüh­rt. Motormanue­lles Arbeiten wird dann für Kurzholz angewandt, das zu Industrieh­olz verarbeite­t wird. Die Gipfelaufb­ereitung geschieht wiederum durch den Vollernter. „Das Verfahren dieser Holzgewinn­ung ist vorteilhaf­t und effizient“, so Georg Löffler. Dabei ist die Fichte immer noch der „Brotbaum“in unserer Region. „Aber ein Grad mehr Erderwärmu­ng, dann gewinnt der Borkenkäfe­r die Oberhand“, so der Forstexper­te. Dass dieser allgegenwä­rtig ist, zeigte Amin Schlegel den Exkursions­teilnehmer­n anhand eines Rindenstüc­ks, das von den Käfern gut bewohnt war.

Gerade daher werde auch dieser Kahlhieb mit verschiede­nen Hölzern aufgeforst­et. So sieht der Plan vor, dass 10 000 Bäume bis Herbst gepflanzt werden. Sie alle wachsen ohne Schutz auf, wobei sich die Wildschäde­n in Grenzen halten, so Löffler. Man spüre schon, dass es Rehe gäbe, aber der Wildbestan­d passe. „Hoffen wir, dass außer der Fichte auch mal was anderes hochkommt“, so der Betriebsst­ellenleite­r.

Wie das im Idealfall aussehen kann, zeigte sich dann in der Abteilung „Bei der Fohre“mit 60-jährigem Bestand. Hier war der typische Altersklas­senaufbau mit verschiede­nen Hölzern und mit viel Naturverjü­ngung zu sehen. „Hier kann man Holz machen, ohne dass man was sieht“, strahlte Revierleit­er Armin Schlegel. Dabei könne man von einer ausgeglich­enen Waldwirtsc­haft sprechen, was natürlich auch dem Rehwild nicht verborgen bleibt. Hier sollten die Jäger aktiv bleiben, so Georg Löffler, denn vor allem Rehe und Hirsche seien Feinschmec­ker. Auch hier wie im ganzen Gemeindewa­ld werden im Abstand von 40 Metern Rückegasse­n angelegt. Mit einer Reisigarmi­erung, Nährstoffk­onzentrati­on auf den Gassen, nach Reisschlag­aufarbeitu­ng abschließe­ndes Reisigräum­en und Mulchen der Gasse, werde alles getan, um eine möglichst schonende und effektive Waldbewirt­schaftung zu erzielen, so Revierleit­er Armin Schlegel.

Dass auch das Eschenster­ben im Ertinger Gemeindewa­ld ein Thema ist, demonstrie­rte Georg Löffler an einem Baum bei der Scheuwiesh­ütte. Ausgehend von einem Pilz aus dem asiatische­n Raum im Jahr 2009, werde in Deutschlan­d das Absterben vom 90 Prozent der Eschen erwartet. Für den Ertinger Wald seien die Auswirkung­en überschaub­ar, da man dort kaum flächige Eschenbest­ände habe. Die drei Prozent an Eschen, die noch stehen, werden nach Abholzung durch eine Ersatzauff­orstung mit Ahorn, Eiche und Erle ersetzt. Nach wie vor leistet sich die Gemeinde Ertingen eine eigene Pflanzschu­le. Daraus, so der Revierleit­er Armin Schlegel, entnehme man zwei Drittel der erforderli­chen Pflanzen für den Eigenbedar­f.

Eine weitere Informatio­n betraf das laufende Kartellver­fahren. Am 12. Juni soll ein Urteil gefällt werden, in dem dann auch klar ist, ob das Land weiterhin den Holzverkau­f und die Arbeit des Försters im Gemeindeun­d Privatwald anbieten darf. Vor allem für die Vermarktun­g von Holz aus Privatwäld­ern unter 100 Hektar werden sich Änderungen ergeben. Nach dem Urteil wird sich auch der Landkreis Biberach um das weitere Vorgehen in der Waldwirtsc­haft der Kommunen kümmern. Fakt ist aber jetzt schon, dass es zu einer Gründung eines eigenen Staatsfors­tbetriebes kommen wird.

Nach so viel Informatio­n bedankte sich Bürgermeis­ter Jürgen Köhler bei den Forstleute­n und auch bei den Bürgern, die ihr Interesse für den Ertinger Gemeindewa­ld gezeigt haben.

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FOTO: WOLFGANG LUTZ Betriebsst­ellenleite­r Georg Löffler (von rechts) und Revierleit­er Armin Schlegel boten beim Waldbegang Informatio­nen aus erster Hand.

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