Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Wald zeigt sich als „verlässlichste Spardose“
Waldtag bot Einblick in das Arbeitsverfahren im Ertinger Gemeindeforst
- Im Turnus von zwei Jahren lädt die Ertinger Verwaltung den Gemeinderat sowie auch Bürger zur Waldbegehung ein. Der Leiter der Forstbetriebsstelle Riedlingen, Georg Löffler, und Revierleiter Armin Schlegel gaben wieder einen Einblick in die Bewirtschaftung des Gemeindewalds und boten Informationen rund um den Wald aus erster Hand. Für die etwa 660 Hektar wurde eine jährliche Einschlagquote von 9000 Festmetern vom Gemeinderat festgelegt, was so pro Jahr fast eine halbe Million Euro in die Gemeindekasse spült. Ein Grund mehr, sich von Seiten der Verwaltung um die „verläßlichste Spardose“zu kümmern.
In der Abteilung „Herrgottsbaum“wurde auf einer Fläche von fünf Hektar eine Gesamträumung besichtigt, aus der 2500 Festmeter Holz gewonnen wurden. Auf verschiedenen Poldern war das geerntete und qualitativ unterschiedlich nutzbare Holz aufgeschichtet, um zu zeigen, was für ein Arbeitsverfahren im Ertinger Gemeindewald bei der Holzgewinnung angewendet wird. So kommen kombinierte Verfahren zum Einsatz, „was für uns am effektivsten ist“, so Armin Schlegel. Die Langholzgewinnung wird manuell durch die drei fest angestellten Waldarbeiter durchgeführt. Motormanuelles Arbeiten wird dann für Kurzholz angewandt, das zu Industrieholz verarbeitet wird. Die Gipfelaufbereitung geschieht wiederum durch den Vollernter. „Das Verfahren dieser Holzgewinnung ist vorteilhaft und effizient“, so Georg Löffler. Dabei ist die Fichte immer noch der „Brotbaum“in unserer Region. „Aber ein Grad mehr Erderwärmung, dann gewinnt der Borkenkäfer die Oberhand“, so der Forstexperte. Dass dieser allgegenwärtig ist, zeigte Amin Schlegel den Exkursionsteilnehmern anhand eines Rindenstücks, das von den Käfern gut bewohnt war.
Gerade daher werde auch dieser Kahlhieb mit verschiedenen Hölzern aufgeforstet. So sieht der Plan vor, dass 10 000 Bäume bis Herbst gepflanzt werden. Sie alle wachsen ohne Schutz auf, wobei sich die Wildschäden in Grenzen halten, so Löffler. Man spüre schon, dass es Rehe gäbe, aber der Wildbestand passe. „Hoffen wir, dass außer der Fichte auch mal was anderes hochkommt“, so der Betriebsstellenleiter.
Wie das im Idealfall aussehen kann, zeigte sich dann in der Abteilung „Bei der Fohre“mit 60-jährigem Bestand. Hier war der typische Altersklassenaufbau mit verschiedenen Hölzern und mit viel Naturverjüngung zu sehen. „Hier kann man Holz machen, ohne dass man was sieht“, strahlte Revierleiter Armin Schlegel. Dabei könne man von einer ausgeglichenen Waldwirtschaft sprechen, was natürlich auch dem Rehwild nicht verborgen bleibt. Hier sollten die Jäger aktiv bleiben, so Georg Löffler, denn vor allem Rehe und Hirsche seien Feinschmecker. Auch hier wie im ganzen Gemeindewald werden im Abstand von 40 Metern Rückegassen angelegt. Mit einer Reisigarmierung, Nährstoffkonzentration auf den Gassen, nach Reisschlagaufarbeitung abschließendes Reisigräumen und Mulchen der Gasse, werde alles getan, um eine möglichst schonende und effektive Waldbewirtschaftung zu erzielen, so Revierleiter Armin Schlegel.
Dass auch das Eschensterben im Ertinger Gemeindewald ein Thema ist, demonstrierte Georg Löffler an einem Baum bei der Scheuwieshütte. Ausgehend von einem Pilz aus dem asiatischen Raum im Jahr 2009, werde in Deutschland das Absterben vom 90 Prozent der Eschen erwartet. Für den Ertinger Wald seien die Auswirkungen überschaubar, da man dort kaum flächige Eschenbestände habe. Die drei Prozent an Eschen, die noch stehen, werden nach Abholzung durch eine Ersatzaufforstung mit Ahorn, Eiche und Erle ersetzt. Nach wie vor leistet sich die Gemeinde Ertingen eine eigene Pflanzschule. Daraus, so der Revierleiter Armin Schlegel, entnehme man zwei Drittel der erforderlichen Pflanzen für den Eigenbedarf.
Eine weitere Information betraf das laufende Kartellverfahren. Am 12. Juni soll ein Urteil gefällt werden, in dem dann auch klar ist, ob das Land weiterhin den Holzverkauf und die Arbeit des Försters im Gemeindeund Privatwald anbieten darf. Vor allem für die Vermarktung von Holz aus Privatwäldern unter 100 Hektar werden sich Änderungen ergeben. Nach dem Urteil wird sich auch der Landkreis Biberach um das weitere Vorgehen in der Waldwirtschaft der Kommunen kümmern. Fakt ist aber jetzt schon, dass es zu einer Gründung eines eigenen Staatsforstbetriebes kommen wird.
Nach so viel Information bedankte sich Bürgermeister Jürgen Köhler bei den Forstleuten und auch bei den Bürgern, die ihr Interesse für den Ertinger Gemeindewald gezeigt haben.